MALANG (dpa) — Nach einem Fußball-Spiel in Indone­si­en kommt es zu Ausschrei­tun­gen und einer Massen­pa­nik. Mindes­tens 174 Menschen sterben. Die Regie­rung und Menschen­recht­ler fordern eine Untersuchung.

Bei einer der schwers­ten Katastro­phen der Fußball-Geschich­te ist die Zahl der Toten nach einer Massen­pa­nik nach einem Spiel in der indone­si­schen Provinz Ost-Java auf 174 gestie­gen. Das teilte Emir Dardak, Vizegou­ver­neur der Region, bei Kompas TV mit. Mehr als 100 Verletz­te seien in Kranken­häu­ser gebracht worden, bei elf sei der Zustand kritisch, sagte er weiter.

Die Polizei habe Tränen­gas einge­setzt, um randa­lie­ren­de Fans zu zerstreu­en, sagte der Polizei­chef der Provinz, Nico Afinta, zuvor bei einer Presse­kon­fe­renz. 34 Menschen seien auf dem Spiel­feld des Kanju­ru­han-Stadi­ons ums Leben gekom­men, alle weite­ren in Kranken­häu­sern, sagte Afinta laut dem Radio­sen­der Elshin­ta und dem Sender tvOne weiter. Zur Ursache für die Ausschrei­tun­gen machte er zunächst keine Angaben.

Platz­sturm in Malang

Zu den Ausschrei­tun­gen war es nach dem Erstli­ga-Spiel zwischen Arema FC und Perse­ba­ya FC gekom­men. Im Anschluss an die 2:3‑Niederlage von Arema hatten in Malang Tausen­de Zuschau­er den Platz gestürmt. Auf Fotos, die auf der Seite von tvOne veröf­fent­licht wurden, ist unter anderem ein völlig zerstör­tes Auto im Stadi­on zu sehen. Weite­re Bilder zeigen den Platz­sturm sowie Rauch­schwa­den auf dem Platz und den Tribünen.

Es seien rund 42.000 Menschen im Stadi­on gewesen, sagte Ferli Hidayat, der örtli­che Polizei­chef von Malang. Alle seien Arema-Fans gewesen, weil der Veran­stal­ter den Fans von Perse­ba­ya den Zutritt zum Stadi­on verbo­ten hatte, um Schlä­ge­rei­en zu vermeiden.

Der indone­si­sche Präsi­dent Joko Widodo forder­te in einer Anspra­che eine «gründ­li­che» Unter­su­chung. Zudem ordne­te er nach eigenen Angaben an, dass der Spiel­be­trieb in der ersten Liga bis zu einer Auswer­tung der Unter­su­chun­gen und Verbes­se­run­gen durch den indone­si­schen Verband PSSI gestoppt werde. Widodo sprach den Opfern sein Beileid aus. «Ich bedaue­re diese Tragö­die zutiefst und hoffe, dass dies die letzte Fußball­tra­gö­die in diesem Land ist.»

Die Menschen­rechts­or­ga­ni­sa­ti­on Amnes­ty Inter­na­tio­nal setzt sich für eine Unter­su­chung des Tränen­gas­ein­sat­zes durch die Polizei ein. Es müsse sicher­ge­stellt werden, «dass eine derar­ti­ge herzzer­rei­ßen­de Tragö­die nie wieder passiert», sagte Usman Hamid von Amnes­ty Inter­na­tio­nal in einer Mittei­lung. Tränen­gas solle niemals auf begrenz­tem Raum einge­setzt werden.

Unter den Toten seien auch zwei Mitglie­der der Polizei gewesen, sagte Provinz­po­li­zei­chef Afinta. Die meisten Menschen seien an Sauer­stoff­man­gel gestor­ben. Bei den Ausschrei­tun­gen wurden überdies 13 Fahrzeu­ge beschä­digt, darun­ter zehn der Polizei.
Die Fußball-Clubs Arema und Perse­ba­ya sprachen den Opfern und ihren Famili­en ihr Beileid aus. «Arema FC spricht tiefes Beileid für die Katastro­phe in Kanju­ru­han aus. Das Manage­ment von Arema FC ist auch für den Umgang mit den Opfern verant­wort­lich, sowohl für die Toten als auch für die Verletz­ten», sagte Vereins­chef Abdul Haris. Der Club werde ein Krisen­zen­trum und eine Opfer­in­for­ma­ti­ons­stel­le einrichten.

«Bei den Famili­en der Opfer entschul­digt sich das Manage­ment von Arema FC zutiefst und ist bereit, eine Entschä­di­gung zu leisten. Das Manage­ment ist bereit, Vorschlä­ge für den Umgang mit der Katastro­phe anzuneh­men, damit viele geret­tet werden», erklär­te Haris.

Spiel­be­trieb für eine Woche ausgesetzt

Der indone­si­sche Verband setzte den Spiel­be­trieb in der ersten Liga zunächst für eine Woche aus. Arema wurde die Austra­gung von Heimspie­len für den Rest der Saison unter­sagt. Zudem habe der Verband ein Unter­su­chungs­team einge­setzt, das noch am Sonntag seine Arbeit aufneh­men sollte. «PSSI bedau­ert die Aktio­nen der Arema-Anhän­ger im Kanju­ru­han-Stadi­on. Es tut uns leid und wir entschul­di­gen uns bei den Famili­en der Opfer und bei allen Betei­lig­ten für den Vorfall», sagte der Verbands­vor­sit­zen­de Mocha­mad Iriawan. Man werde die Polizei bei der Aufklä­rung unterstützen.

Indone­si­en gilt als ein fußball­be­geis­ter­tes Land. Obwohl es an inter­na­tio­na­len Erfol­gen mangelt, kommt es rund um Fußball­spie­le immer wieder zu Ausschrei­tun­gen und Gewalt. 2018 wurde ein Fan von einem Mob aus Anhän­gern eines rivali­sie­ren­den Vereins getötet.

Indone­si­en ist vom 20. Mai bis 11. Juni 2023 Gastge­ber der FIFA U‑20-Weltmeis­ter­schaft mit 24 teilneh­men­den Mannschaf­ten. Als Gastge­ber ist das Land automa­tisch für den Cup qualifiziert.

Die Massen­pa­nik ist eine der schwers­ten Katastro­phen der Fußball-Geschich­te. 1964 starben bei einem Spiel zwischen Peru und Argen­ti­ni­en in Lima mehr als 300 Menschen. Bei der Katastro­phe von Hills­bo­rough 1989 wurden 96 Fans des FC Liver­pool getötet und mehr als 700 verletzt.