2019 weckte Emanu­el Buchmann berech­tig­te Hoffnun­gen auf den ersten deutschen Tour-de-France-Sieg seit Jan Ullrich. Im Corona-Jahr plagten das Leicht­ge­wicht dann ein Sturz und daraus folgen­de sport­li­che Nieder­la­gen. Nun muss er einen unbeque­men Umweg nehmen.

Am auch im Januar herrlich sonni­gen Garda­see kann sich Emanu­el Buchmann schon mal für sein Jahres­high­light 2021 warmstrampeln.

Statt den nächs­ten Angriff auf das begehr­te Gelbe Trikot bei der Tour de France starten zu können, ist Buchmann bei seinem Rennstall Bora-hansg­ro­he in diesem Jahr als Kapitän für den Giro d’Ita­lia einge­plant. Bei seiner Premie­re bei der dreiwö­chi­gen Itali­en-Rundfahrt will Buchmann nicht nur mitfah­ren, sondern nach einem schwie­ri­gen Corona-Jahr 2020 auch wieder um große Erfol­ge kämpfen. «Prinzi­pi­ell ist erstmal ein Podest­platz das Ziel. Das wird beim Giro natür­lich auch nicht viel leich­ter», kündig­te Buchmann an.

Die erstaun­li­che Radsport-Rocha­de der Bora-Verant­wort­li­chen um Teamchef Ralph Denk und den Sport­li­chen Leiter Enrico Poitsch­ke kommt durch­aus überra­schend. Buchmann hat mit seinem vierten Gesamt­rang 2019 nicht nur Träume vom ersten deutschen Tour-Triumph seit Jan Ullrich geweckt, sondern auch eindrucks­voll bewie­sen, wie gut ihm die Frank­reich-Rundfahrt mit ihrer Charak­te­ris­tik im Hochsom­mer liegt.

«Emanu­el ist Vierter bei der Tour de France gewor­den. Das hat Wilco Kelder­man noch nicht geschafft. Deshalb bekommt er die allei­ni­ge Kapitäns­rol­le beim Giro», begrün­de­te Denk die Entschei­dung. Der nieder­län­di­sche Neuzu­gang Kelder­man, der bei Giro (Gesamträn­ge drei und sieben) und Vuelta (Vierter, Siebter, Zehnter) schon stark gefah­ren ist, soll statt­des­sen das Aufge­bot von Bora-hansg­ro­he in Frank­reich anführen.

«Wilco hat bewie­sen, dass er Zeitfah­ren kann. Zeitfah­ren ist immer ein Schlüs­sel­fak­tor», sagte Denk. Bei der Tour 2021 steht gleich zweimal der Kampf gegen die Uhr auf dem Programm, was nicht zu Buchmanns großen Stärken gehört. Der Giro-Etappen­plan hinge­gen ist bislang noch nicht veröffentlicht.

Auf seiner Route zum großen Karrie­re­ziel «Gesamt­po­di­um bei der Tour» muss der 28 Jahre alte Buchmann nun also einen Umweg nehmen. «Der Plan ist, dass ich mich auf den Giro konzen­trie­re. Bei der Tour-Strecke haben wir entschie­den, dass die Tour nicht wirklich für mich gemacht ist», begrün­de­te Buchmann, er sprach gewohnt nüchtern. Sein Tour-Ziel bleibe bestehen, er kann es nur frühes­tens 2022 wieder aktiv verfolgen.

Die Frage, wer bei der Tour in die Kapitäns­rol­le schlüpft, ist teamin­tern tradi­tio­nell mit sehr viel Presti­ge verbun­den. Wegen des hohen Werbe­werts und der gigan­ti­schen TV-Präsenz gilt die Rundfahrt mit Ziel in Paris als wichtigs­tes Rennen der Welt. Dass Leicht­ge­wicht Buchmann 2021 diese Chance nicht bekommt, obwohl er in Alpen und Pyrenä­en schon mit den Besten der Welt mithal­ten konnte, ist defini­tiv ein Rückschlag. «Wir sind auf Emanu­el zugegan­gen. Er sieht es ähnlich wie wir, dass es dieses Jahr nicht sinnvoll ist, bei der Tour zu starten», sagte der Sport­li­che Leiter Poitschke.

In Titel­ver­tei­di­ger Tadej Pogacar, dem 2019er-Sieger Egan Bernal und Ex-Skisprin­ger Primoz Roglic gäbe es zwar jede Menge Wider­sa­cher, die auch den Gesamt­sieg in Frank­reich anpei­len. Buchmann bewies aber auch 2020 beim Crité­ri­um du Dauphi­né extre­me Tempo­här­te im Hochge­bir­ge, bis er nach einem Sturz vorzei­tig ausstei­gen musste.

Die Rücken­schmer­zen plagten ihn bei der folgen­den Tour so sehr, dass er nicht über Rang 38 im Gesamt­klas­se­ment rauskam. Die Zeit sei «nicht so einfach» und «nicht so schön» gewesen, berich­te­te Buchmann nun in einer Medien­run­de aus dem Trainings­camp am Garda­see. Inzwi­schen sei er immer­hin wieder schmerz­frei und könne problem­los für das neue Radsport-Jahr trainieren.