RAVENSBURG – Im Januar 2016 wurde das Hospiz Schus­sen­tal in der Casa Elisa, dem frühe­ren Kinder­kran­ken­haus St. Nikolaus, eröff­net. Seitdem haben hier rund 400 schwer­kran­ke und sterben­de Menschen auf der letzten Etappe ihres Lebens­we­ges ein Zuhau­se in Gebor­gen­heit und mit profes­sio­nel­ler Beglei­tung gefunden. 

„So gut ging‘s mir noch nie“, hört Hospiz­lei­ter Thomas Radau immer wieder von Hospiz­gäs­ten. „Dabei machen wir hier nichts Beson­de­res. Wir sind keine Event­ma­na­ger. Wir begeg­nen den Menschen mit ihren aktuel­len Bedürf­nis­sen und nehmen sie an, wie sie sind.“ Letzt­lich ginge es um Sicher­heit und Perspek­ti­ve. Aufge­ho­ben zu sein und zu haben, was man braucht. „Unsere Gäste wissen: hier sind Menschen, die einen Plan haben, und die in ihrem Sinne handeln.“ 

Das bestä­tigt Gertrau­de Walser, deren Mann mehre­re Monate Gast im Hospiz Schus­sen­tal war. Zuvor hatte sie ihn lange Zeit zuhau­se gepflegt. „Es war eine sehr wohltu­en­de Atmosphä­re für ihn und auch für mich. Anfangs ist es mir furcht­bar schwer gefal­len, ihn dort zu lassen. Aber dann habe ich festge­stellt, wie gut er umsorgt wurde. Und wie wertvoll es für mich war, nicht mehr 24 Stunden für die Pflege verant­wort­lich zu sein.“ Mit einem Lächeln erinnert sie sich, dass ihrem Mann mit einer Skatrun­de ein letzter Herzens­wunsch erfüllt wurde. „Ich durfte einen Bekann­ten einla­den, habe meinem Mann die Hände ersetzt und Herr Radau war der dritte Mann.“ Für sie steht fest: „Das Hospiz ist so segens­reich für Angehö­ri­ge, die sich bei der Pflege zuhau­se aufrei­ben. Es ist so befrei­end, wenn man sich ohne diese Last ganz auf den Menschen konzen­trie­ren kann. Man geht ganz anders mitein­an­der um. Meinem Mann wurde ein guter Weg in die andere Welt ermög­licht. Dafür bin ich sehr dankbar.“

Rund 400 Gäste wurden in den vergan­ge­nen fünf Jahren im Hospiz Schus­sen­tal beglei­tet. Dabei reicht die Verweil­dau­er in einem der acht Einzel­zim­mer von einem Tag bis zu etwa acht Monaten, durch­schnitt­lich verbrin­gen die Gäste vier Wochen im Hospiz. Um ihr Wohl kümmern sich 23 Mitar­bei­ten­de in Pflege und Hauswirt­schaft – sowohl sehr gut ausge­bil­de­tes Fachper­so­nal als auch Fachkräf­te, die hier erste Erfah­run­gen in der Pallia­tiv­pfle­ge machen und sich weiter­bil­den. Eine von ihnen ist Nicole Zipfel, bis vor einigen Monaten noch in leiten­der Funkti­on in der ambulan­ten Pflege tätig: „Ich freue mich jeden Tag auf die Arbeit. Wer gerne pflegt, dem geht es im Hospiz gut. Für die Sterben­den da zu sein, das kleine Team, die Zusam­men­ar­beit auf Augen­hö­he mit den Medizi­nern – ich bin froh, dass ich den Schritt gemacht habe. Ich lerne jeden Tag dazu und bekom­me so viel zurück.“ 

Das Hospiz Schus­sen­tal arbei­tet eng mit vielen Partnern und Insti­tu­tio­nen zusam­men. Eine davon ist die Pallia­tiv­sta­ti­on am St. Elisa­be­then-Klini­kum Ravens­burg. „Für uns ist das Hospiz Schus­sen­tal einer der wichtigs­ten Koope­ra­ti­ons­part­ner“, sagt Dr. Peter Schorcht, Oberarzt der Klinik für Innere Medizin und Leiter der Pallia­tiv­sta­ti­on. „Viele unserer Patien­ten erfah­ren dort nach ihrem Kranken­haus­auf­ent­halt eine hervor­ra­gen­de Betreu­ung. Das Hospiz ist aus der pallia­tiv­me­di­zi­ni­schen Versor­gung in Ravens­burg nicht mehr wegzudenken.“

Auch die Kommu­nen im Schus­sen­tal betonen die Bedeu­tung des Hospi­zes für die Region. „Eine leben­di­ge Stadt wie Ravens­burg muss auch das würdi­ge Sterben im Blick haben“, betont Simon Blümcke, Erster Bürger­meis­ter der Stadt Ravens­burg. „Durch das wertvol­le Angebot des Hospiz Schus­sen­tal wurde die ehren­amt­li­che ambulan­te Hospiz­ar­beit sinnvoll und sehr gut ergänzt. Den Mitar­bei­ten­den dort bin ich sehr dankbar, dass sie diese wichti­ge Arbeit seit nunmehr schon fünf Jahren hervor­ra­gend erfüllen.“ 

Auch für Thomas Radau ist der Geburts­tag ein Anlass, Danke zu sagen. Etwa den ehren­amt­lich im Hospiz Schus­sen­tal engagier­ten Menschen, von denen auch in der Corona-Zeit keiner abgesprun­gen ist. „Eine kleine, feine, treue Truppe“, die sich im Laufe der vergan­ge­nen fünf Jahre zusam­men­ge­fun­den hat. „Das Ehren­amt im Hospiz hat sehr viele Gesich­ter und sehr viel Leben­di­ges“, sagt Thomas Radau. „Auch die Hospiz­stif­tung, eine Unter­stif­tung der Bürger­stif­tung Ravens­burg, unter­stützt die ambulan­te und statio­nä­re Hospiz­ar­beit verläss­lich.“ Zu den aktuell geför­der­ten Projek­ten gehören etwa ein Kurs für Mitar­bei­ten­de in Pflege­hei­men zum Thema „Pallia­ti­ve Kompe­tenz“, ein Film über den Alltag im Hospiz Schus­sen­tal oder die Aktion zum Welthospiztag.