Von Montag an sollen Einschrän­kun­gen im öffent­li­chen Leben verhin­dern, dass das Gesund­heits­sys­tem überlas­tet wird. Sollten Inten­siv­bet­ten trotz­dem knapp werden, haben Bund und Länder einen Plan. Derweil steigt die Zahl der gemel­de­ten Neuin­fek­tio­nen weiter.

Eine einmo­na­ti­ge Zwangs­pau­se für Restau­rants und Bars, Kultur- und Freizeit­ein­rich­tun­gen soll den Trend ab kommen­der Woche stoppen. Sollten die Inten­siv­sta­tio­nen dennoch überlas­tet werden, wollen Bund und Länder an Covid-19 erkrank­te Inten­siv­pa­ti­en­ten zwischen den Bundes­län­dern verteilen.

Die Vorsit­zen­de der Gesund­heits­mi­nis­ter­kon­fe­renz, die Berli­ner Gesund­heits­se­na­to­rin Dilek Kalay­ci (SPD), sagte den Zeitun­gen der Funke-Medien­grup­pe, Deutsch­land sei in fünf Regio­nen aufge­teilt, die sich über die Auslas­tung der klini­schen Kapazi­tä­ten infor­mier­ten und im Bedarfs­fall freie klini­sche Kapazi­tä­ten zur Verfü­gung stell­ten. «Sollte sich in einem Bundes­land oder einer Region eine starke Beanspru­chung abzeich­nen oder sogar eine Überlas­tung eintre­ten, wird über zentral einge­rich­te­te Stellen in den Regio­nen der überre­gio­na­le Patien­ten­trans­port in aufnah­me­fä­hi­ge Regio­nen organisiert.»

Ein Sprecher des Bundes­in­nen­mi­nis­te­ri­ums sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Durch klare Struk­tu­ren und Abläu­fe, medizi­nisch-fachli­che Beratung und Bünde­lung von Trans­port­res­sour­cen wird gewähr­leis­tet, dass bei drohen­der bezie­hungs­wei­se einge­tre­te­ner regio­na­ler Überlas­tung von inten­siv­me­di­zi­ni­schen Kapazi­tä­ten ein Ausgleich inner­halb Deutsch­lands auch unter komple­xen Rahmen­be­din­gun­gen bewäl­tigt werden kann.»

Derweil will Unions­frak­ti­ons­chef Ralph Brink­haus nicht ausschlie­ßen, dass der gerade erst beschlos­se­ne Teil-Lockdown länger als bis Ende Novem­ber in Kraft bleibt. «Es ist der Plan, dass wir zum Dezem­ber lockern. Garan­tie­ren kann das niemand», sagte Brink­haus den Funke-Zeitun­gen. «Fakt ist aber: Ohne etwas zu tun, werden wir sicher keinen guten Dezem­ber haben. Wir müssen kämpfen.» Auch der saarlän­di­sche Minis­ter­prä­si­dent Tobias Hans (CDU) hatte eine Verlän­ge­rung zuvor nicht ausgeschlossen.

Das Corona­vi­rus sei «nichts, was man auf dem Reißbrett oder auf lange Zeit planen kann», sagte Kanzler­amts­mi­nis­ter Helge Braun (CDU) der «Bild». «Eine solche Pande­mie ist eine Natur­ka­ta­stro­phe. Sie verän­dert ihr Gesicht ständig. Deshalb ist es sehr, sehr schwer, länger­fris­ti­ge Vorher­sa­gen zu machen.»

Ab Montag wird die Zahl der Menschen, die in priva­ten Räumen und in der Öffent­lich­keit zusam­men­kom­men dürfen, streng begrenzt. Hotels dürfen keine Touris­ten mehr aufneh­men. Schulen, Kitas und der Einzel­han­del bleiben anders als im Frühjahr aber geöff­net. In einigen Bundes­län­dern wurden die Beschlüs­se bereits in Landes­ver­ord­nun­gen gegos­sen. Andere Länder wollen erst im Laufe des Wochen­en­des bestim­men, wie die verschärf­ten Regelun­gen konkret umgesetzt werden.

In einem der Deutschen Presse-Agentur vorlie­gen­den Schrei­ben der Bundes­re­gie­rung an die Länder­chefs hieß es am Freitag: «Würden keine oder weniger einschnei­den­de Maßnah­men getrof­fen, würde sich das Infek­ti­ons­ge­sche­hen rasant weiter verschär­fen.» Unter­schrie­ben ist der Brief von Justiz­mi­nis­te­rin Chris­ti­ne Lambrecht (SPD) und Innen­mi­nis­ter Horst Seeho­fer (CSU). Aus Sicht der Bundes­re­gie­rung ermög­li­chen die Vorga­ben des Bund-Länder-Beschlus­ses vom Mittwoch «in jedem Fall eine Umset­zung durch Verord­nun­gen der Länder in verfas­sungs­recht­lich zuläs­si­ger Weise».

Kultur- und Gastro­bran­che protes­tie­ren heftig gegen die Schlie­ßun­gen. Kanzle­rin Angela Merkel (CDU) räumte in ihrem am Samstag veröf­fent­lich­ten Podcast ein, dass es nun erneut viele träfe, die seit Beginn der Pande­mie Umsatz­ein­bu­ßen verzeich­ne­ten. Sie versi­cher­te, dass den Betrof­fe­nen schnell und unbüro­kra­tisch gehol­fen werden solle — und wieder­hol­te ihre Einschät­zung aus der Regie­rungs­er­klä­rung am Donners­tag: «Der Winter wird hart.»

Juris­ten rechnen mit einer Klage­wel­le. Am Berli­ner Verwal­tungs­ge­richt sind bereits die ersten Eilan­trä­ge einge­gan­gen. In welchem Umfang es wegen der geplan­ten Grund­rechts­ein­grif­fe zu Rechts­schutz­ver­fah­ren kommen werde, sei derzeit noch nicht verläss­lich zu prognos­ti­zie­ren, sagte der Vorsit­zen­de des Bundes Deutscher Verwal­tungs­rich­ter und Verwal­tungs­rich­te­rin­nen, Robert Seegmül­ler, der «Rheini­schen Post» (Samstag).

Die neuen Corona-Schnell­tests sollten aus Sicht von Patien­ten­schüt­zern auch genutzt werden, um Sterben­den und Angehö­ri­gen einen gemein­sa­men Abschied zu ermög­li­chen. «Niemals darf es erneut dazu kommen, dass sie vonein­an­der isoliert und allein gelas­sen werden», sagte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patien­ten­schutz, Eugen Brysch, der dpa. Bund und Länder seien gefor­dert, ausrei­chend Schnell­tests für Menschen in der letzten Lebens­zeit, Angehö­ri­ge und Beglei­ter wie Seelsor­ger oder Hospiz­hel­fer bereitzustellen.

Die FDP will, dass nicht nur medizi­ni­sches Fachper­so­nal die Schnell­tests durch­füh­ren darf. «Die Durch­füh­rung der Schnell­tests kann nicht noch zusätz­lich von den Pflege­fach­kräf­ten übernom­men werden», sagte die Pflege-Exper­tin der FDP-Bundes­tags­frak­ti­on, Nicole Westig, der «Welt». Bei entspre­chen­der Schulung sollten zusätz­li­che, geeig­ne­te Perso­nen die Tests durch­füh­ren können.