BRISBANE (dpa) — Es ist der nächs­te Tiefschlag für den deutschen Fußball: Die Frauen schei­tern bei der WM erstmals in der Vorrun­de. Alexan­dra Popp fehlen die Worte, die Bundes­trai­ne­rin schließt Konse­quen­zen nicht aus.

Fassungs­los und sicht­lich mitge­nom­men rang Alexan­dra Popp um Erklä­run­gen für die größte Blama­ge in der Geschich­te der deutschen Fußballerinnen.

«Ich habe es tatsäch­lich noch nicht begrif­fen. Mir tut es brutal weh», sagte die Kapitä­nin mit leerem Blick. Das 1:1 (1:1) gegen Südko­rea war zu wenig für die schwa­che Auswahl von Marti­na Voss-Tecklen­burg, die ein gutes halbes Jahr nach den DFB-Männern ebenfalls schon in der Vorrun­de einer Weltmeis­ter­schaft ausschied. «Das ist ein histo­risch schlech­tes Ergeb­nis», sagte die Bundes­trai­ne­rin und schloss persön­li­che Konse­quen­zen nicht aus.

Weil Marok­ko im anderen Spiel der Gruppe H 1:0 gegen Kolum­bi­en gewann, flog Deutsch­land als Tabel­len­drit­ter aus dem Turnier. Der fahri­ge Auftritt gegen Südko­rea besie­gel­te das erstma­li­ge frühe Aus mit nur vier Punkten aus drei Partien. Enttäuscht und geknickt müssen Popp und Co. nun die lange Heimrei­se nach Deutsch­land antre­ten, wo eine kriti­sche Aufar­bei­tung bevorsteht. 

«Wir stellen uns der Verant­wor­tung, aber es ist doch völlig klar, dass ich die Dinge erst einmal sacken lassen und analy­sie­ren muss», sagte Voss-Tecklen­burg. Die 55-Jähri­ge war bemüht, das Schei­tern ruhig und sachlich zu bewer­te­ten. Für Fragen nach ihrer Zukunft sei es aber noch zu früh. «Wir haben jetzt zweimal ein Ergeb­nis erzielt, das nicht ausreicht», sagte Voss-Tecklen­burg auch mit Blick auf das Viertel­fi­nal-Aus bei der WM 2019 in Frank­reich gegen Schwe­den. «Dem müssen wir uns jetzt stellen, und das in erster Linie auch meine Person, das ist klar.» Die Bundes­trai­ne­rin hatte erst im April ihren Vertrag bis 2025 verlängert.

Oberdorf: «Es ist surreal»

Auch Joti Chatzi­al­e­xiou, Sport­li­cher Leiter Natio­nal­mann­schaf­ten beim DFB, wollte direkt nach dem Spiel noch nicht über mögli­che perso­nel­le Konse­quen­zen reden. «Ich werde jetzt nach dem Spiel nieman­den in Frage stellen», sagte der DFB-Manager, der nach den Misserfol­gen mit den Männern und der U21 das dritte große Debakel für den deutschen Fußball inner­halb von nur acht Monaten erklä­ren muss. «Ich bin jetzt seit 20 Jahren beim DFB. Ich für mich persön­lich will da auch weiter­kämp­fen», sagte er zu seiner Zukunft.

Im deutschen Team überwo­gen nach dem bitte­ren Ende der WM-Reise, die mit dem 6:0 gegen Marok­ko so gut begon­nen hatte, Enttäu­schung und Entset­zen. Noch auf dem Platz vergos­sen zahlrei­che Spiele­rin­nen Tränen der Enttäu­schung und spende­ten sich gegen­sei­tig Trost. Voss-Tecklen­burg versuch­te, ihr Team nach dem Schluss­pfiff mit einer Anspra­che aufzu­bau­en. «Ich kann es nicht erklä­ren. Es ist surre­al, die Enttäu­schung ist groß, ich kann es nicht in Worte fassen», sagte Mittel­feld­spie­le­rin Lena Oberdorf. Ihre Teamkol­le­gin Jule Brand gab zu: «Wir haben unsere Leistung, das, was wir können, nicht auf den Platz bekommen.»

Fünf Tage nach dem 1:2 gegen Kolum­bi­en war die deutsche Vorstel­lung auch gegen Südko­rea enttäu­schend. Der vierte Turnier­tref­fer von Popp (42.) reich­te vor 38.945 Zuschau­ern in Brisbane nicht. Die Wolfs­bur­ge­rin hatte die südko­rea­ni­sche Führung durch So-Hyun Cho (6.) ausge­gli­chen. Den deutschen Frauen fiel gegen den Außen­sei­ter aus Asien lange wenig ein. «Ich kann noch gar nicht verste­hen, was gerade abgeht», sagte die sicht­lich geschock­te Popp. Voss-Tecklen­burg zog ebenfalls ein ernüch­tern­des Fazit: «Es war eine große Verun­si­che­rung zu spüren. Das ist im Endef­fekt zu wenig gewesen.»

Statt im Achtel­fi­na­le gegen Frank­reich oder Jamai­ka zu spielen, muss das Team nun nach Hause fliegen. Es ist das bisher schlech­tes­te Abschnei­den bei neun WM-Turnie­ren. 2003 und 2007 holten die DFB-Teams den Titel, was auch dieses Mal das Ziel war. 

Früher Rückstand

Doch Voss-Tecklen­burgs Plan mit den Stürme­rin­nen Popp und Lea Schül­ler in der Start­elf ging nicht auf. Südko­rea begann unter Coach Colin Bell, der mit dem 1. FFC Frank­furt 2015 die Champi­ons League gewann, mutig. Schon in der dritten Minute musste Torhü­te­rin Merle Frohms mit einer Glanz­tat den frühen Rückstand verhin­dern. Beflü­gelt von dieser vielver­spre­chen­den Aktion griffen die Südko­rea­ne­rin­nen weiter an. Als Kathrin Hendrich das Abseits aufhob, war Cho durch und schob diesmal zur Führung ein. «Wir waren geschockt und haben zu wenig Spiel­ru­he gehabt», sagte Voss-Tecklen­burg über das 0:1.

Und der Angriff? Die Vize-Europa­meis­te­rin­nen suchten mit Flanken die kopfball­star­ken Popp und Schül­ler, fanden sie aber selten. Auch im Aufbau­spiel gab es einen Ballver­lust nach dem anderen. Das dritte Kopfball­tor von Popp, die sich nach einer Flanke von Svenja Huth hochschraub­te, reich­te nicht zum Weiter­kom­men. Ein weite­rer Kopfball­tref­fer von Popp nach artis­ti­scher Hacken­vor­la­ge Schül­lers wurde wegen Abseits nicht gegeben (57.).

Von Ulrike John und Miriam Schmidt, dpa