BERLIN/KÖLN (dpa) — Mit seinen Texten und seinem Auftre­ten sorgte Linde­mann wieder­holt für hefti­ge Diskus­sio­nen. Nun beendet der Verlag die Zusam­men­ar­beit mit dem Rammstein-Front­mann — und thema­ti­siert auch dessen Umgang mit Frauen.

Der Verlag Kiepen­heu­er & Witsch beendet mit sofor­ti­ger Wirkung seine Zusam­men­ar­beit mit Rammstein-Sänger Till Linde­mann. Der Kölner Verlag, der die Bände «In stillen Nächten» und «100 Gedich­te» mit teils heftig umstrit­te­nen Gedich­ten Linde­manns rausge­bracht hatte, gab seine Entschei­dung heute bekannt.

«Mit Erschüt­te­rung haben wir in den letzten Tagen öffent­lich gewor­de­ne Vorwür­fe gegen Till Linde­mann verfolgt», schrieb Verle­ge­rin Kerstin Gleba. «Unser Mitge­fühl und unser Respekt gilt den betrof­fe­nen Frauen.» Bei den Berich­ten geht es um Kritik am Umgang des 60-Jähri­gen mit Frauen.

«Im Zuge der aktuel­len Bericht­erstat­tung haben wir Kennt­nis erlangt von einem Porno-Video, in dem Till Linde­mann sexuel­le Gewalt gegen Frauen zelebriert und in dem das 2013 im Verlag Kiepen­heu­er & Witsch erschie­ne­ne Buch “In stillen Nächten” eine Rolle spielt», heißt es in der Begrün­dung des Verlags.

Porno­gra­fi­sche Szenen mit jungen Frauen

In einem seit drei Jahren im Netz kursie­ren­den Video zum Linde­mann-Song «Till The End» ist der Sänger in zahlrei­chen porno­gra­fi­schen Szenen mit jungen Frauen zu sehen. In einigen Sequen­zen wird ein Gedicht­band dabei verwen­det und ein Gedicht zitiert.

Vom Verlag war zunächst nicht zu erfah­ren, seit wann dieses Video bei den zustän­di­gen Stellen bekannt ist. Der ebenfalls bei Kiepen­heu­er & Witsch erschie­ne­ne Band «100 Gedich­te» war 2020 in der Diskus­si­on wegen Verge­wal­ti­gungs­fan­ta­sien in dem Gedicht «Wenn du schläfst». Der Verlag hatte Linde­mann damals in Schutz genom­men: «Die morali­sche Empörung über den Text dieses Gedichts basiert auf einer Verwechs­lung des fiktio­na­len Sprechers, dem sogenann­ten “lyrischen Ich” mit dem Autor Till Linde­mann», hieß es in einer Stellungnahme.

Nun rückt der Verlag vom Sänger ab. «Wir werten dies als groben Vertrau­ens­bruch und als rücksichts­lo­sen Akt gegen­über den von uns als Verlag vertre­te­nen Werten», schrieb Verle­ge­rin Gleba. «Wir vertei­di­gen aus voller Überzeu­gung die Freiheit der Kunst. Durch die Frauen demüti­gen­den Handlun­gen Till Linde­manns im besag­ten Porno und die geziel­te Verwen­dung unseres Buches im porno­gra­fi­schen Kontext wird die von uns so eisern vertei­dig­te Trennung zwischen dem “lyrischem Ich” und dem Autor/Künstler aber vom Autor selbst verhöhnt.»

Verlag: «Linde­mann überschrei­tet Grenzen im Umgang mit Frauen»

Aus Sicht des Verlags «überschrei­tet Till Linde­mann für uns unver­rück­ba­re Grenzen im Umgang mit Frauen». Die Zusam­men­ar­beit werde beendet, «da unser Vertrau­ens­ver­hält­nis zum Autor unheil­bar zerrüt­tet ist».

Von Seiten Till Linde­manns oder der Band war keine Stellung­nah­me zu erhal­ten. Die Band hatte sich am 28. Mai auf Twitter zu Wort gemel­det: «Zu den im Netz kursie­ren­den Vorwür­fen zu Vilni­us können wir ausschlies­sen, dass sich was behaup­tet wird, in unserem Umfeld zugetra­gen hat. Uns sind keine behörd­li­chen Ermitt­lun­gen dazu bekannt.»