BERLIN (dpa) — Die Debat­te über Kürzun­gen beim Eltern­geld nutzt SPD-Chef Lars Kling­beil, um eine alte Idee hervor­zu­ho­len. In der Koali­ti­on sorgt das für Diskus­sio­nen — und auch Sozial­ver­bän­de sind gespalten.

Der General­se­kre­tär der SPD, Kevin Kühnert, hat die Koali­ti­on zu einer vorur­teils­frei­en Debat­te über die Abschaf­fung des Ehegat­ten­split­tings aufge­ru­fen. «Das Ehegat­ten­split­ting zumin­dest für künfti­ge Ehen durch eine gerech­te­re Form der Einkom­men­steu­er zu erset­zen, würde den Zielen von Gleich­stel­lung und Steuer­ge­rech­tig­keit gleicher­ma­ßen zugute kommen», sagte Kühnert der Deutschen Presse-Agentur. «Lars Kling­beil hat recht: Darüber sollte die Koali­ti­on vorur­teils­frei diskutieren.»

Bislang habe das Gemein­we­sen auf fast 20 Milli­ar­den Euro pro Jahr verzich­tet, indem «wir uns ein Steuer­pri­vi­leg leisten, das insbe­son­de­re viele Frauen vom Arbeits­markt fernhält», sagte Kühnert. Bei Sozial­ver­bän­den stieß der Vorstoß auf ein geteil­tes Echo.

Kling­beil: «antiquier­tes Steuermodell»

Kling­beil hatte in einem Inter­view statt der Einspa­run­gen beim Eltern­geld die Abschaf­fung des Ehegat­ten­split­tings für neue Ehen vorge­schla­gen. Aus seiner Sicht wäre es gut, diesem «antiquier­ten Steuer­mo­dell, das die klassi­sche Rollen­ver­tei­lung zwischen Mann und Frau begüns­tigt», ein Ende zu setzen.

Beim Ehegat­ten­split­ting wird das gemein­sa­me Einkom­men eines Paares halbiert, die darauf entfal­len­de Einkom­men­steu­er berech­net und die Steuer­schuld anschlie­ßend verdop­pelt. Das nützt vor allem Paaren, bei denen einer viel und der andere wenig verdient.

Eltern­geld erhal­ten bisher Paare, deren gemein­sam zu versteu­ern­des Einkom­men unter 300.000 Euro liegt. Im Zuge der Haushalts­pla­nung für das kommen­de Jahr und den von Bundes­fi­nanz­mi­nis­ter Chris­ti­an Lindner (FDP) forcier­ten Ausga­ben­kür­zun­gen zur Schul­den­be­gren­zung plant die Ampel-Koali­ti­on, diese Grenze auf 150.000 Euro zu senken.

Sozial­ver­band fordert zeitge­mäß­ge Besteuerung

Michae­la Engel­mei­er, Vorstands­vor­sit­zen­de des Sozial­ver­bands Deutsch­land, sagte der Funke Medien­grup­pe, die jetzi­ge Regelung sei «gleich­stel­lungs­po­li­tisch nicht optimal gestal­tet». Die Steuer­vor­tei­le führten dazu, dass meist die Frau ihre Erwerbs­tä­tig­keit deutlich zurück­fah­re. Sie forder­te eine zeitge­mä­ße Ehegattenbesteuerung.

Ulrich Schnei­der, Geschäfts­füh­rer des Paritä­ti­schen Wohlfahrts­ver­bands, äußer­te sich kritisch zu Kling­beils Vorschlag. «Das Ehegat­ten­split­ting, das auch für viele Famili­en mit durch­schnitt­li­chen und niedri­gen Einkom­men relevant ist, abzuschaf­fen, um ausge­rech­net das Eltern­geld für Bestver­die­ner zu finan­zie­ren, scheint wenig durch­dacht und käme einer Umver­tei­lung von unten nach oben gleich», sagte er dem Redak­ti­ons­netz­werk Deutsch­land (RND).

Massi­ve Kritik bei der FDP

Kling­beil vertei­dig­te seine Haltung gestern Abend im ZDF-«Heute Journal». Er beton­te, dass sich sein Vorschlag auf zukünf­tig geschlos­se­ne Ehen bezie­he. «Ich finde, das gehört zu einer moder­nen Familien‑, einer moder­nen Gleich­stel­lungs­po­li­tik dazu, dass man das in Frage stellt. Das haben wir während der Koali­ti­ons­ver­hand­lun­gen schon getan.» Es gehöre zu einer Koali­ti­on dazu, dass man konstruk­tiv über unter­schied­li­che Ideen diskutiere.

Sein Vorschlag war bei der FDP auf massi­ve Kritik gesto­ßen. FDP-Frakti­ons­chef Chris­ti­an Dürr beton­te, dass sich das Ehegat­ten­split­ting aus dem Grund­ge­setz ablei­te, das die Ehe unter beson­de­ren Schutz stelle. «Schon deswe­gen muss es bleiben», sagte er dem RND.