Was bringen mobile Luftfil­ter im Kampf gegen die Corona-Pande­mie? Die Technik funktio­niert, sagen Forscher. Trotz­dem kann man beim Kauf viel falsch machen. Und das Fenster sollte weiter regel­mä­ßig aufge­macht werden.

Die Herstel­ler verspre­chen, dass die Geräte infek­tiö­se Aeroso­le aus der Raumluft fast vollstän­dig heraus­fil­tern. Als Alter­na­ti­ve zu Schul­un­ter­richt am offenem Fenster bei Minus­gra­den klingt das wie eine gute Idee. Aber halten die Geräte auch, was sie versprechen?

Forscher der Goethe-Univer­si­tät Frank­furt haben die Probe aufs Exempel gemacht. Joachim Curti­us, Profes­sor für Experi­men­tel­le Atmosphä­ren­for­schung, stell­te mit seinem Team eine Woche lang vier Luftrei­ni­ger in einer Schul­klas­se mit Lehrern und 27 Schülern auf. Die Luftrei­ni­ger verfüg­ten über einen einfa­chen Vorfil­ter für groben Staub und Flusen sowie über einen HEPA-Filter der Klasse H13 sowie einen Aktivkohlefilter.

Das Fazit: Bestimm­te Luftrei­ni­ger können die Aerosol-Konzen­tra­ti­on in einem Klassen­zim­mer in einer halben Stunde um 90 Prozent senken. «Ein Luftrei­ni­ger reduziert die Menge an Aeroso­len so stark, dass in einem geschlos­se­nen Raum auch die Anste­ckungs­ge­fahr durch eine hoch infek­tiö­se Person, einen Super­sprea­der, sehr deutlich reduziert würde», bilan­zier­te Curti­us nach einer Modell­rech­nung auf Basis der Messdaten.

Zu einem ähnli­chen Ergeb­nis kam die Univer­si­tät der Bundes­wehr München. Das Team um Prof. Chris­ti­an Kähler vom Insti­tut für Strömungs­me­cha­nik und Aerody­na­mik hat Raumluft­rei­ni­ger mit großem Volumen­strom und hochwer­ti­gen Filtern der Klasse H14 getes­tet. Das Gerät verfüg­te demnach über eine Filter­kom­bi­na­ti­on, die gewähr­leis­tet, dass Aerosol­par­ti­kel mit einem Durch­mes­ser von 0,1 bis 0,3 Mikro­me­ter zu 99,995 Prozent aus der Raumluft abgeschie­den werden.

«Die Ergeb­nis­se zeigen, dass die Aerosol-Konzen­tra­ti­on in einem Raum mit einer Größe von 80 Quadrat­me­tern inner­halb kurzer Zeit überall auf ein gerin­ges Maß reduziert werden kann», schrei­ben die Autoren der Analy­se. Sie seien «eine sehr sinnvol­le techni­sche Lösung», um die Infek­ti­ons­ge­fahr durch Aeroso­le «stark zu verringern».

Wer sich mit dem Gedan­ken trägt, ein solches Gerät anzuschaf­fen, muss aller­dings genau hinschau­en. «Es existie­ren verschie­de­ne Filter­klas­sen», erklärt Prof. Martin Kriegel, Aersol­for­scher und Leiter des Hermann-Rietschel-Insti­tuts der TU Berlin. «Klassisch sind in Lüftungs­an­la­gen Feinstaub­fil­ter verbaut, die etwa 50 Prozent der Aeroso­le abschei­den.» Hochwer­ti­ge­re Filter — Kriegel nennt H13, H14 oder ULPA — arbei­ten seiner Ansicht nach so gut, «dass die gefil­ter­te Luft als parti­kel­frei gilt».

Hessens Landes­re­gie­rung hat bereits angekün­digt, die Schul­trä­ger mit zehn Millio­nen Euro bei der Anschaf­fung von Luftrei­ni­gungs­ge­rä­ten zu unter­stüt­zen. «Diese sollen insbe­son­de­re für Klassen­räu­me angeschafft werden, bei denen es nicht möglich ist, ausrei­chend zu lüften, weil beispiels­wei­se Fenster nicht geöff­net werden können», erklär­te Kultus­mi­nis­ter Alexan­der Lorz (CDU).

Das Umwelt­bun­des­amt sieht das Thema kriti­scher. Die Innen­raum­luft­hy­gie­ne-Kommis­si­on des Amts rät zu klassi­schem Lüften: «Eine möglichst hohe Frisch­luft­zu­fuhr ist eine der wirksams­ten Metho­den, poten­zi­ell virus­hal­ti­ge Aeroso­le aus Innen­räu­men zu entfer­nen», heißt es in einer ausführ­li­chen Stellung­nah­me. Mobile Luftrei­ni­ger in Klassen­räu­men oder zu Hause könnten das aktive Lüften «nicht erset­zen, sondern allen­falls in Einzel­fäl­len flankieren».

Auch die Verbrau­cher­zen­tra­len warnen davor, den Verspre­chen von Herstel­lern blind zu vertrau­en. Man könne beim Kauf viel falsch machen. So müsse zum Beispiel die Reini­gungs­leis­tung zur Raumgrö­ße und zur Perso­nen­zahl passen, die Filter müssten regel­mä­ßig gewech­selt werden. Manche Herstel­ler werben neben der Filter­leis­tung mit zusätz­li­chen Maßnah­men gegen Viren, etwa Ozon oder UV-Licht. Das Umwelt­bun­des­amt rät von solchen Geräten «aus gesund­heit­li­chen ebenso wie aus Sicher­heits­grün­den» ab.

Zwar kann das Sars-CoV-2-Virus mit ultra­vio­let­tem Licht inakti­viert werden — das zeigt unter anderem eine Studie der Univer­si­täts­me­di­zin Essen. Mit UV-C-Lampen kann beispiels­wei­se medizi­ni­sche Ausrüs­tung dekon­ta­mi­niert werden. Doch das Bundes­amt für Strah­len­schutz warnt: «Da UV-Strah­lung Haut und Augen schädi­gen kann und nachge­wie­se­ner­ma­ßen krebs­er­re­gend ist, sollten UV-C-Desin­fek­ti­ons­ge­rä­te grund­sätz­lich nur so angewandt werden, dass keine Menschen der Strah­lung ausge­setzt sind.»

Manche Städte setzen dennoch auch auf diese Technik, etwa das hessi­sche Hanau. Die Stadt schloss im August eine «strate­gi­sche Partner­schaft» mit einer ortsan­säs­si­gen Firma, die UV-C-Strah­len zur Entkei­mung einsetzt. Die Geräte saugen Luft ein, entkei­men sie mittels der Strah­lung und geben sie wieder in den Raum ab. Der Anbie­ter betont, die Geräte seien so ausge­legt, dass weder Ozon freige­setzt werde noch Strah­lung austrete.

Unter­des­sen wird weiter nach alter­na­ti­ven Reini­gungs­tech­ni­ken gesucht. So arbei­ten zum Beispiel zwei Fraun­ho­fer-Insti­tu­te (IKTS und ITEM) an einem neuen System dafür, die Luft in geschlos­se­nen Räumen zu desin­fi­zie­ren. Bei der elektro­che­mi­schen Total­oxi­da­ti­on werden organi­sche Substan­zen wie Viren vollstän­dig zerstört. «Nach erfolg­rei­cher Entwick­lung eines Proto­typs», so die Insti­tu­te, soll bald möglichst «die Markt­ein­füh­rung voran­ge­trie­ben werden».