WIESBADEN (dpa) — Beim Urlaub denkt kaum noch wer an Corona. Doch wer mit dem Flugzeug verrei­sen will, muss mit hohen Preisen rechnen. Daran wird sich so schnell auch nichts ändern.

Für viele ist es die erste Fernrei­se nach der Corona-Pande­mie, doch Urlau­ber müssen in der laufen­den Ferien-Saison für Pauschal­rei­sen und erst recht für Flugti­ckets tiefer in die Tasche greifen denn je. Das Statis­ti­sche Bundes­amt hat für diese Dienst­leis­tun­gen im ersten Halbjahr 2023 deutli­che Preis­stei­ge­run­gen regis­triert — weit oberhalb der ohnehin schon kräfti­gen Teuerung von 7,5 Prozent. Angesichts hoher Voraus­bu­chun­gen und knapper Kapazi­tä­ten am deutschen Markt erwar­ten die Gesell­schaf­ten auch in den kommen­den Monaten gut ausge­las­te­te Jets und damit hohe Preise pro Sitz.

Bei inter­na­tio­na­len Flügen hat der durch­schnitt­li­che Preis­auf­schlag in der ersten Jahres­hälf­te im Schnitt 24,9 Prozent betra­gen, wie das Statis­ti­sche Bundes­amt am Diens­tag berich­te­te. Beson­ders kräftig wuchsen die Preise zu Zielen nach Asien und Austra­li­en, wo es aller­dings zu Jahres­be­ginn 2022 noch eine sehr schwa­che Nachfra­ge gab. Die gerings­ten Steige­run­gen gab es bei touris­tisch nicht so relevan­ten Flügen im Inland, nach Afrika und nach Südame­ri­ka. Die für die Touris­ten beson­ders inter­es­san­ten Europa­flü­ge wurden hinge­gen knapp 32 Prozent teurer.

Die Lufthan­sa rechnet mit 25 Prozent mehr Umsatz

Früher als erwar­tet kehrt die Luftver­kehrs­bran­che trotz gestie­ge­ner Kerosin­prei­se so in die Gewinn­zo­ne zurück, konsta­tier­te der Kredit­ver­si­che­rer Allianz Trade jüngst in einer Studie. Der gerade noch vom Staat geret­te­te Lufthan­sa-Konzern rechne­te im zweiten Quartal dieses Jahres mit 25 Prozent mehr Umsatz für jeden angebo­te­nen Sitz und in der Folge mit einem Rekord­som­mer. Denn sämtli­che Flugge­sell­schaf­ten verkau­fen ihre Tickets nach den Grund­prin­zi­pi­en Angebot und Nachfrage.

Die Preise seien weltweit gestie­gen, weil weiter­hin eine sehr hohe Nachfra­ge auf ein gerin­ge­res Angebot treffe, erklär­te ein Lufthan­sa-Sprecher in Frank­furt. Gleich­zei­tig seien auch die Kosten gestie­gen, wie zum Beispiel für Flugha­fen­ge­büh­ren, Ersatz­tei­le oder Gehälter.

Die Airlines haben komple­xe Syste­me aufge­baut, um jeden Flug mit höchst­mög­li­chem Erlös optimal auszu­las­ten. Dazu werden die Preise der Konkur­renz ebenso genau beobach­tet wie das Inter­es­se der Kunden. Ganz zu Beginn des Buchungs­pro­zes­ses sind die Preise noch am niedrigs­ten und steigen stetig, je voller gebucht der Flieger bereits ist und je näher der Start rückt. Inner­halb der Komfort-Klassen sind die Tickets in sogenann­te Buchungs­klas­sen einge­teilt, die jeweils für eine Preis­stu­fe stehen.

Knappes Perso­nal und hohe Nebenkosten

Trotz aller Klima­be­den­ken wollen auch in Deutsch­land wieder sehr viele Menschen mit dem Flugzeug in den Urlaub reisen, treffen aber an den heimi­schen Flughä­fen auf ein vermin­der­tes Angebot von rund 85 Prozent des Niveaus vor der Pande­mie, berich­tet der Branchen­ver­band BDL. Die Sitzplät­ze sind in der Folge knapp und entspre­chend teuer. Gründe sind fehlen­des Perso­nal zur Abfer­ti­gung, Liefer­schwie­rig­kei­ten bei neuen Flugzeu­gen sowie hohe Neben­kos­ten, die Billig­flie­ger wie Ryanair oder Easyjet auf andere Märkte in Europa auswei­chen lassen.

Die Iren weichen nach den Worten ihres Chefs Micha­el O’Lea­ry auch der starken Markt­stel­lung der Lufthan­sa im deutsch­spra­chi­gen Raum aus. Deren Ticket­prei­se hätten zur Folge, dass «die Deutschen auf Kurzstre­cken die höchs­ten Flugprei­se in Europa» zahlten, sagte der Ryanair-Chef dem «Manager-Magazin».

Nach dem Ende der Corona-Reise­be­schrän­kun­gen im Frühjahr 2022 sind auch Pauschal­rei­sen aktuell deutlich im Preis gestie­gen, wenn auch nicht so stark wie die Flugrei­sen. Bei Inlands­zie­len schlu­gen die Veran­stal­ter 14,5 Prozent auf, während im Ausland durch­schnitt­lich 10,0 Prozent verlangt wurden. Noch teurer sind belieb­te Zielre­gio­nen wie Griechen­land und die Balea­ren mit jeweils 13,5 Prozent Preissteigerung.

Das Preis­ver­gleichs­por­tal Check24 sieht bei Pauschal­rei­sen sogar nur einen durch­schnitt­li­chen Preis­an­stieg von 8 Prozent nahe beim allge­mei­nen Infla­ti­ons­ni­veau. «Die gestie­ge­nen Betriebs­kos­ten von Flugge­sell­schaf­ten und Hotels werden an die Reisen­den weiter­ge­ge­ben», meint der zustän­di­ge Geschäfts­füh­rer Martin Zier. Kurzfris­tig ließen sich günsti­ge Angebo­te finden.

Der Trend zu höher­wer­ti­gen Reisen hält an

Auf Last-Minute-Schnäpp­chen wie in frühe­ren Jahren sollten Sparfüch­se aber nicht setzen, meint der Zentral­eu­ro­pa­chef des Veran­stal­ters DER Touris­tik, Ingo Burmes­ter. Auch er verweist auf die knappen Plätze im Flieger: «Es gibt kurzfris­tig nicht mehr so viele Topan­ge­bo­te von Flugge­sell­schaf­ten, weil diese Kapazi­tä­ten verrin­gert haben.»

Hoffnung auf sinken­de Preise macht der Veran­stal­ter den Urlau­bern vorerst nicht. «Wir gehen von Preis­stei­ge­run­gen in Europa inner­halb des Infla­ti­ons­kor­ri­dors von etwa 5 Prozent für den Winter aus», sagte Burmes­ter. Dabei halte der Trend zu höher­wer­ti­gen Reisen an. «Ein kleiner Teil der Gäste bucht aktuell nicht, mögli­cher­wei­se weil sie es sich wegen der Infla­ti­on nicht leisten können.» Bei vielen anderen gehe der Trend dagegen zu höher­prei­si­gen Reisen mit höheren Hotel­ka­te­go­rien und hochwer­ti­gen All-Inclusive-Paketen.

Von der wieder anzie­hen­den Reise­lust der Menschen profi­tiert auch Branchen­pri­mus Tui mit steigen­den Buchungs- und Umsat­zah­len. Beim Umsatz liege man in Deutsch­land bereits wieder auf Vor-Corona-Niveau, sagte ein Tui-Sprecher in Hanno­ver. «Bei der Gäste­zahl gehen wir davon aus, dass wir die Schere in diesem Jahr schließen.»

Von Chris­ti­an Ebner und Friede­ri­ke Marx, dpa