BERLIN (dpa) — Millio­nen Menschen in Deutsch­land verdie­nen weniger als 12 Euro pro Stunde. Am Samstag wird die neue Lohnun­ter­gren­ze einge­zo­gen. Wer holt beson­ders deutlich auf?

Millio­nen Arbeit­neh­mer in Deutsch­land können sich auf eine Lohner­hö­hung freuen. Am Samstag steigt der Mindest­lohn auf 12 Euro. Wer am spürbars­ten profi­tiert, zeigen die wichtigs­ten Fragen und Antworten.

Um wieviel steigt der Mindestlohn?

Die Lohnun­ter­gren­ze steigt zum 1. Oktober von 10,45 Euro auf 12 Euro je Stunde. Das ist eine Erhöhung um knapp 15 Prozent. Seit Jahres­be­ginn beträgt die Steige­rung rund 22 Prozent.

Wie viele Menschen profi­tie­ren von der Erhöhung?

6,64 Millio­nen. Zumin­dest verdie­nen so viele Beschäf­tig­te laut einer Studie des Wirtschafts- und Sozial­wis­sen­schaft­li­chen Insti­tuts der gewerk­schafts­na­hen Hans-Böckler-Stiftung derzeit weniger als 12 Euro. Dabei profi­tie­ren rechne­risch 3,5 Millio­nen Frauen und 2,7 Millio­nen Männer.

Profi­tie­ren Beschäf­tig­te in Vollzeit, Teilzeit oder Minijobs?

Unter­teilt nach Arbeits­zeit ergibt sich folgen­des Bild: Es holen nun rechne­risch 1,4 Millio­nen Vollzeit­be­schäf­tig­te beim Lohn auf, 1,8 Millio­nen in Teilzeit und 3 Millio­nen Menschen mit Minijobs.

Hat die Mindest­lohn­er­hö­hung etwas mit der Krise zu tun?

Nein, die Erhöhung hatte die Koali­ti­on schon vor dem russi­schen Angriff auf die Ukrai­ne und der folgen­den Energie­kri­se geplant. Bei der Schluss­de­bat­te zur Erhöhung im Bundes­tag im Juni spiel­ten die Infla­ti­on und die Sorge um die Bezahl­bar­keit von Energie dennoch eine große Rolle.

Mehre­re Redne­rin­nen und Redner warnten damals davor, dass die Preis­explo­si­on viele Menschen existen­zi­ell bedro­he. In der Zwischen­zeit hat die Koali­ti­on aber auch weite­re Entlas­tun­gen auf den Weg gebracht.

In welchen Branchen wirkt die Erhöhung am stärksten?

In der Gastro­no­mie sind rechne­risch mehr als 60 Prozent aller Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nis­se betrof­fen. In der Land- und Forst­wirt­schaft sind es nach Angaben der Bundes­re­gie­rung 46 Prozent mit Löhnen unter 12 Euro. Im Grund­stücks- und Wohnungs­we­sen sind es 32 und im Wirtschafts­zweig Verkehr und Lagerei 29 Prozent.

Wie bewer­ten die Sozial­part­ner die Mindestlohnerhöhung?

Der Deutsche Gewerk­schafts­bund hat sich lange für die Erhöhung stark gemacht. Zuletzt werte­te DGB-Vorstands­mit­glied Stefan Körzell den Schritt als «einen Licht­blick in diesen schwie­ri­gen Zeiten».

Der Arbeit­ge­ber­ver­band BDA hatte den Gesetz­ent­wurf von Arbeits­mi­nis­ter Huber­tus Heil zur Erhöhung dagegen politisch und recht­lich als «ausge­spro­chen fragwür­dig» kriti­siert. Die BDA richte­te ihre Kritik nicht gegen die Lohnhö­he als solche — sondern dagegen, dass nun der Gesetz­ge­ber über die Lohnhö­he entschei­de und nicht Arbeit­ge­ber und Gewerkschaften.

Welche Rolle haben die Sozial­part­ner beim Mindestlohn?

Norma­ler­wei­se eine zentra­le. Denn sie sitzen in der Mindest­lohn­kom­mis­si­on. Dieses Gremi­um schlägt norma­ler­wei­se die turnus­ge­mä­ßen Erhöhungs­schrit­te für die 2015 — damals mit 8,50 Euro — einge­führ­te Lohnun­ter­gren­ze vor. Die gesetz­li­che Erhöhung auf 12 Euro folgt jenseits von diesem üblichen Mecha­nis­mus. Nach dem außer­plan­mä­ßi­gen Schritt soll — so das Verspre­chen der Koali­ti­on — wieder die Mindest­lohn­kom­mis­si­on zustän­dig sein.

Von Basil Wegener, dpa