SIGMARINGEN — Landrä­tin Stefa­nie Bürkle und Pfullen­dorfs Bürger­meis­ter Thomas Kugler stell­ten am 15. Febru­ar gemein­sam mit Dr. Arne Berndt von der Beratungs­fir­ma WMC die von WMC erarbei­te­te Zweit­mei­nung zum medizi­ni­schen Zukunfts­kon­zept der Presse vor. Der Kreis­tag und der Spital­fonds Pfullen­dorf hatten diese im Oktober beauftragt.

Die Gutach­ter von WMC bestä­tig­ten die wesent­li­chen Annah­men und Aussa­gen des im Septem­ber vorge­stell­ten medizi­ni­schen Zukunfts­kon­zep­tes der Geschäfts­füh­rung und Curacon. WMC empfiehlt, die statio­nä­re Versor­gung in Sigma­rin­gen zu bündeln und zeigt für Pfullen­dorf und Bad Saulgau Nachnut­zungs­op­tio­nen auf, wie die Gesund­heits­ver­sor­gung dort mit ambulan­ten und pflege­ri­schen Angebo­ten gestärkt werden kann. 

Die Kreis­ver­wal­tung schlägt dem Kreis­tag daher nun vor, die statio­nä­re Versor­gung in Sigma­rin­gen zu konzen­trie­ren und die Psych­ia­trie nach Pfullen­dorf zu verla­gern. Zudem sollen die ambulan­ten Struk­tu­ren über die Errich­tung eines MVZs in Pfullen­dorf und die Vergrö­ße­rung des bestehen­den MVZs plus solitä­rer Kurzzeit­pfle­ge in Bad Saulgau gestärkt werden. Über die beiden Stand­or­te hinaus haben sich Handlungs­not­wen­dig­kei­ten in der Verbes­se­rung der haus- und fachärzt­li­chen Versor­gung im gesam­ten Kreis­ge­biet gezeigt, die nun gemein­sam angegan­gen werden sollen. 

“Damit wir unseren Bürge­rin­nen und Bürgern weiter eine quali­ta­ti­ve hochwer­ti­ge medizi­ni­sche Versor­gung im Landkreis Sigma­rin­gen anbie­ten können, müssen wir unsere Struk­tu­ren jetzt offen­siv anpas­sen und verän­dern. Mit der Vielzahl an Zentren, die wir am Kranken­haus in Sigma­rin­gen haben, bieten wir allen Kreis­bür­gern ein wirklich gutes Angebot, das wir nun mit der Neuerrich­tung der Geria­trie und der Verla­ge­rung von Chirur­gie, Innerer Medizin und Gynäko­lo­gie aus den beiden Stand­or­ten Pfullen­dorf und Bad Saulgau nach Sigma­rin­gen noch stärken wollen. Paral­lel dazu wollen wir die haus- und fachärzt­li­che Versor­gung und auch die pflege­ri­sche Versor­gung gemein­sam mit Partnern verbes­sern”, erläu­tert Landrä­tin Stefa­nie Bürkle. 

Die folgen­den Ideen schlägt die Verwal­tung dem Kreis­tag vor näher zu prüfen und weiter zu entwickeln: 

Gründung eines MVZ in und Verla­ge­rung der Psych­ia­trie nach Pfullendorf

Die Psych­ia­tri­sche Versor­gung, die bislang in Sigma­rin­gen angesie­delt ist, soll künftig mit 90 Betten in Pfullen­dorf erfol­gen. Ein medizi­ni­sches Versor­gungs­zen­trum (MVZ) der Klini­ken soll die medizi­ni­sche Versor­gung stärken. Die Klini­ken sollen hierfür Arztsit­ze erwer­ben. Aller­dings ist eine solche Ansied­lung nur im Einver­neh­men mit den nieder­ge­las­se­nen Ärzten möglich.

KV-Notfall­pra­xis in Bad Saulgau bleibt erhal­ten, das bestehen­de MVZ soll u.a. im Bereich der Unfall­chir­ur­gie verstärkt werden, Diagnos­tik bleibt vor Ort

Gegen­über Pfullen­dorf hat Bad Saulgau den Vorteil, dass die Kassen­ärzt­li­che Verei­ni­gung (KV) am Wochen­en­de und an Feier­ta­gen von 8 bis 22 Uhr eine Notfall­pra­xis betreibt. Auch in der Zukunft soll diese KV-Praxis erhal­ten bleiben und auf die Diagnos­tik des MVZ der Klini­ken zurück­grei­fen können. Das MVZ, das Augen­heil­kun­de, Unfall­chir­ur­gie, die Behand­lung von BG-Fällen, Anästhe­sie und Gynäko­lo­gie anbie­tet, soll um zusätz­li­che Arztsit­ze erwei­tert werden. Auch hier müssten die nieder­ge­las­se­nen Ärzte aller­dings zustimmen.

Dringend benötig­te solitä­re Kurzzeit­pfle­ge­plät­ze sollen in Bad Saulgau geschaf­fen werden

Nach Progno­sen des Landes werden im Landkreis Sigma­rin­gen 60 bis 70 solitä­re Kurzzeit­pfle­ge­plät­ze benötigt – 18 gibt es bislang. Das Kranken­haus­ge­bäu­de bietet gute Voraus­set­zun­gen, um die dringend benötig­ten solitä­ren Kurzzeit­pfle­ge­plät­ze ggf. in Verbin­dung mit einer Alters­pfle­ge­ein­rich­tung zu schaf­fen und Pflege­be­dürf­ti­gen gerade nach einem Kranken­haus­auf­ent­halt die Möglich­keit zu geben, soweit wieder fit zu werden, um wieder in die häusli­che Umgebung zurück­keh­ren zu können.

Kreis würde Städte bei der Prüfung von Praxis­kli­ni­ken, Inten­siv­pfle­ge­ein­rich­tun­gen und der Einrich­tung eines ambulan­ten OP-Zentrums unterstützen

Sollten die Städte Bad Saulgau und / oder Pfullen­dorf die Schaf­fung eines ambulan­ten Opera­ti­ons­zen­trums, einer Praxis­kli­nik oder einer Inten­siv­pfle­ge­ein­rich­tung vertieft prüfen wollen, will die Kreis­ver­wal­tung hierbei gerne unter­stüt­zen. Den Städten Bad Saulgau und Pfullen­dorf waren diese Optio­nen beson­ders wichtig, WMC sieht die Reali­sie­rung ohne Betten als grund­sätz­lich möglich an.

Primär­ver­sor­gungs­zen­tren in Bad Saulgau und Pfullendorf

Für beide Stand­or­te soll die vom Land entwi­ckel­te Idee der Errich­tung von Primär­ver­sor­gungs­zen­tren aufge­grif­fen werden. Diese Primär­ver­sor­gungs­zen­tren wollen eine ganzheit­li­che wohnort­na­he ambulan­te medizi­ni­sche Versor­gung bieten. Förder­gel­der des Bundes und des Landes könnten bei der Trans­for­ma­ti­on der Stand­or­te helfen.

Gesam­te ambulan­te Versor­gung im Kreis soll gestärkt werden

Im Rahmen der kommu­na­len Gesund­heits­kon­fe­renz sollen Möglich­kei­ten genutzt werden, die haus- und fachärzt­li­che Versor­gung im gesam­ten Kreis zu verbes­sern. Förder­pro­gram­me von Bund und Land sollen hierfür genutzt werden. 

Kranken­haus Sigma­rin­gen kann Versor­gungs­be­darf für den ganzen Landkreis decken

WMC bestä­tigt, dass alle Patien­ten, die bislang in den drei Häusern behan­delt wurden, nach Fertig­stel­lung des Neubaus 2023 am Stand­ort Sigma­rin­gen behan­delt werden können. In Sigma­rin­gen stünden genügend Opera­ti­ons­mög­lich­kei­ten, Betten und weite­re Infra­struk­tur zur Verfü­gung, um alle Patien­ten, die statio­när behan­delt werden müssen, gut zu versorgen.

Notfall­ver­sor­gung weiter gewährleistet

Detail­liert hat WMC unter­sucht, wie sich die vorge­schla­ge­ne Struk­tur auf die Versor­gung in Notfäl­len auswirkt. Von den über 44.600 Patien­ten, die 2019 die Notauf­nah­men im Landkreis aufge­sucht haben, wurden anschlie­ßend ledig­lich 9.900 Patien­ten statio­när aufge­nom­men. 1.600 in Pfullen­dorf, 1.500 in Bad Saulgau. Gerade schwe­re Notfäl­le wie Herzin­fark­te oder Schlag­an­fäl­le konnten bislang schon nur in Sigma­rin­gen oder größe­ren Kranken­häu­sern in der Umgebung behan­delt werden. Die aller­meis­ten Notfall­pa­ti­en­ten wurden vom Rettungs­dienst dorthin gebracht. Der Rettungs­dienst kann rasche Hilfe auch künftig leisten. Leich­te Schnitt­wun­den oder Fraktu­ren können von den nieder­ge­las­se­nen Ärzten oder den MVZen auch weiter­hin ambulant in Bad Saulgau und Pfullen­dorf behan­delt werden. 

SRH und Kreis sollen Antei­le des Spital­fonds Pfullen­dorf übernehmen

Ende März möchte der Spital­fonds Pfullen­dorf seine Antei­le von 12,74% an der SRH Klini­ken Landkreis Sigma­rin­gen GmbH an die SRH und den Landkreis veräu­ßern. Die SRH soll künftig 58,45% und der Kreis 41,55% der Antei­le halten. Der Spital­fonds erhält hierfür 2,1 Millio­nen Euro. 

Finan­zie­rung der Kranken­haus­sa­nie­rung und ‑erwei­te­rung in Sigma­rin­gen wäre gesichert

Folgt der Kreis­tag dem Vorschlag der Verwal­tung, wäre die dauer­haf­te Finan­zie­rung der Baumaß­nah­men am Kranken­haus Sigma­rin­gen gesichert. SRH und der Landkreis sollen künftig für das Darle­hen von maximal 54,7 Millio­nen Euro, das die Klini­ken aufneh­men müssen, bürgen. 

Landrä­tin sieht gute Lösun­gen für den gesam­ten Landkreis

Landrä­tin Stefa­nie Bürkle ist überzeugt, dass das Konzept die medizi­ni­sche Versor­gungs­land­schaft zwar verän­dert, diese aber quali­täts­voll bleibt und zukunfts­fest wird: “Ich habe in den letzten Monaten über 40 Gesprä­che mit besorg­ten Bürge­rin­nen und Bürgern, Medizi­nern, Kirchen, dem VdK, dem Kranken­haus-Förder­ver­ein, dem Kreis­se­nio­ren­rat, Gemein­de­rä­ten und Bürger­meis­tern, Unter­neh­mern und Behör­den geführt. Wir müssen und können unsere Kranken­haus­ver­sor­gung so ausrich­ten, dass wir gutes Perso­nal gewin­nen können, moder­ne Behand­lungs­me­tho­den bieten und unsere zerti­fi­zier­ten medizi­ni­schen Schwer­punk­te, erhal­ten können. Gemein­sam mit Partnern wollen wir nun auch Struk­tu­ren schaf­fen, um mehr Haus- und Fachärz­te zu gewin­nen, die immer wichti­ger werden­de ambulan­te Versor­gung zu stärken und clever die Unter­stüt­zung, die uns Bund und Land hierfür in Aussicht stellen, nutzen.”

Bürger­dia­log am 23. Febru­ar in Hohen­ten­gen und online

Die Gesell­schaf­ter und die Geschäfts­füh­rung stellen am 23. Febru­ar die Zweit­mei­nung vor und suchen den Dialog. Einlass in die Göge-Halle in Hohen­ten­gen ist um 18.15 Uhr, die Veran­stal­tung beginnt um 19 Uhr. Sie ist auch als Stream unter www.kliniken-sigmaringen.de und www.landkreis-sigmaringen.de zu sehen.

Entschei­dun­gen der Gremi­en bis Mitte März

Der Verwal­tungs- und Sozial­aus­schuss des Kreis­tags berät am 22. Febru­ar erstmals. Am 14. März soll über das Konzept entschie­den werden.

Der Spital­fond Pfullen­dorf berät am 03. März erstmals und will am 17. März final entscheiden.

Die SRH Gesund­heit GmbH hat wird ebenfalls im März beraten. Damit die vorge­schla­ge­nen Verän­de­run­gen umgesetzt werden, müssen alle drei Gesell­schaf­ter zustimmen.