Die sogenannte Inzidenz verfünffachte sich in nur einer Woche und erreichte am Mittwoch einen vergleichbar astronomischen Wert von 1065,5 Fällen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen. Insgesamt wurden in diesem Zeitraum 62 Neuinfektionen mit der britischen Mutation des Virus in der 5800 Einwohner-Kommune registriert, wie der Landkreis mitteilte. Weitere Großausbrüche sind nach Angaben der Schrozberger Verwaltung nicht bekannt. Aber es seien weitere Infektionen bekannt, sagte Bürgermeisterin Jacqueline Förderer. «Es kommen immer noch neue positive Fälle rein.» Es gebe aber bislang keine schweren Krankheitsverläufe.
«Es verschärft sich von Tag zu Tag», sagte am Donnerstag auch Helmut Hüttner, der Hauptamtsleiter Schrozbergs. «Das zieht schon noch Kreise.» In den benachbarten Gemeinden und Städten sieht es zwar deutlich besser aus, allerdings liegt die Zahl der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen auch dort stark über dem Landesdurchschnitt.
Der Landkreis Schwäbisch Hall bleibt damit das Sorgenkind im Corona-Land Baden-Württemberg. Mit einer Inzidenz von 270,9 (Stand: Mittwoch, 16.00 Uhr) zählt er zu den Hotspot-Regionen in Deutschland. Um unter anderem auch das Risiko durch die Kindertagesstätten zu begrenzen, werden sie ab dem kommenden Montag und bis zum 2. April im ganzen Kreis geschlossen. Rund 400 der Infektionen und Folgefälle gingen auf die dortigen Ausbrüche zurück, sagte Landrat Gerhard Bauer. Die Kita-Schließungen seien für Familien eine hohe Belastung. «Trotzdem sind diese unerlässlich.»
Außerdem fährt seit Donnerstag ein Testbus durch den Kreis, in dem erstmals kostenlose Antigen-Schnelltests für Schüler angeboten werden. Zunächst sollte der Bus Crailsheim anfahren, am Freitag wird er in Schrozberg erwartet. Außerdem gibt es eine verstärkte Maskenpflicht in der Innenstadt unter anderem von Schwäbisch Hall und Crailsheim, Geschäfte und Lokale sind geschlossen, es sind zudem besondere Regeln beim Einkaufen in Lebensmittelgeschäften vorgeschrieben.
Auch in Schrozberg hatten sich zunächst reihenweise Erzieherinnen in einem Kindergarten der Kommune mit der britischen Mutation des Virus infiziert und krankgemeldet, danach legte die Inzidenz von Tag zu Tag zu. Helfen soll unter anderem ein provisorisches Testzentrum, in dem sich Einwohner Schrozbergs, aber auch Menschen aus den benachbarten Gemeinden im Kreis Schwäbisch Hall seit der vergangenen Woche untersuchen lassen können. «Die eine Hälfte meines Personals ist im Laden, die andere in der Stadthalle», erzählt Apothekerin Kammleiter. Sie hatte das kleine Zentrum mit viel Pragmatismus und Einsatz initiiert. Die Kosten für die Tests rechnet sie über die Kassenärztliche Vereinigung ab.
In acht Umkleidekabinen mit Sichtschutz werden seitdem Dutzende Menschen am Tag getestet. «Das war dringend nötig», sagte Kammleiter am Donnerstag. «Nach einem Jahr mit dem Virus sind alle müde zu hören, dass sie Abstand halten und eine Maske tragen sollen. Es wurde Zeit, dass wir hier etwas anbieten.» Allerdings kritisiert sie die bürokratischen Hürden und Fallstricke: «Es ist zeitraubend. Wir haben aber als Ärzte und Apotheker tagtäglich mit dem Thema zu tun, da könnte man uns auch mehr zutrauen.»
Wenig hilfreich sei daher auch das jüngste Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim zu den Quarantäneregeln für Kontaktpersonen von Kontaktpersonen gewesen, sagte Hauptamtsleiter Hüttner. Das Gericht hatte eine Regelung des Landes außer Vollzug gesetzt, nach der Kontaktpersonen von Menschen, die mit einem mit einer Virusvariation Infizierten in Berührung gekommen sind, sich ebenfalls absondern müssen. «Das ist kontraproduktiv. So verlieren wir den Überblick», sagte Hüttner der dpa.
Auch die Stadt Crailsheim, knapp 30 Kilometer von Schrozberg entfernt, bleibt weiter stark belastet: Dort wurde die Inzidenz am Donnerstag mit 517,4 angegeben (Stand: Donnerstag, 8.50 Uhr), allerdings ist Crailsheim auch deutlich größer als Schrozberg. In der Stadt hatten Ausbrüche in Kindergärten und einer Unterkunft für Flüchtlinge sowie in mehreren Betrieben für den deutlichen Anstieg gesorgt. Als Konsequenz haben unter anderem die Grundschulen und die Klassen 5 und 6 nicht wie landesweit auch seit Montag geöffnet, sondern unterrichten frühestens nach den Osterferien ab dem 12. April in Präsenz.