BERLIN (dpa) — Die SPD muss sich in ihrer Rolle als Kanzler­par­tei finden: Wie viel Sprach­rohr der Regie­rung und wie viel eigene Positio­nen sollen es sein? In die obers­te Partei­spit­ze rückt ein profi­lier­ter Name auf.

Die SPD hat am Samstag in Berlin ihren Bundes­par­tei­tag zur Neuauf­stel­lung ihrer Partei­füh­rung begon­nen. Die Partei­spit­ze soll neu gewählt werden. Als Vorsit­zen­de treten die bishe­ri­ge Partei­che­fin Saskia Esken und der bishe­ri­ge General­se­kre­tär Lars Kling­beil an.

Als neuer General­se­kre­tär ist der ehema­li­ge Juso-Chef und derzei­ti­ge SPD-Vize Kevin Kühnert vorgeschlagen.

Die rund 600 Delegier­ten kommen weitge­hend digital zu dem Konvent zusam­men. Deshalb müssen die Wahler­geb­nis­se im Anschluss per Brief­wahl bestä­tigt werden. Der Partei­tag ist wegen der anhal­ten­den Corona-Pande­mie von ursprüng­lich geplan­ten drei Tagen auf einen Tag verkürzt worden.

Walter-Borjans zieht sich zurück

Die Wechsel in der Partei­spit­ze wurden nötig, weil sich der bishe­ri­ge Vorsit­zen­de Norbert Walter-Borjans zurück­zieht. Den durch die Rocha­de frei werden­den Posten des SPD-Vize soll der nordrhein-westfä­li­sche SPD-Landes­vor­sit­zen­de Thomas Kutscha­ty übernehmen.

Neben den Perso­na­li­en wird es auch darum gehen, wie sich die neue Kanzler­par­tei inhalt­lich aufstellt. Die Partei­spit­ze hatte nach dem Wahler­folg ein «sozial­de­mo­kra­ti­sches Jahrzehnt» als Ziel ausge­ge­ben. Längst blickt die SPD daher auf die im kommen­den Jahr anste­hen­den vier Landtagswahlen.

Der schei­den­de Vorsit­zen­de Walter-Borjans forder­te seine Nachfol­ger zu einem selbst­be­wuss­ten Kurs gegen­über der Koali­ti­on von SPD, Grünen und FDP auf. «Die Aufga­be, die SPD nicht zum Sprach­rohr der Koalition
werden zu lassen, sondern sie weiter als Impuls­ge­ber in die
Koali­ti­on hinein zu profi­lie­ren, besteht unver­min­dert fort»,
sagte er der «Augsbur­ger Allgemeinen».

Kühnert: SPD will mehr

Auch Kühnert hat bereits klar gemacht, dass die SPD auch weiter­hin eigene Positio­nen deutlich machen werde. Man werde auch Ziele weiter­ver­fol­gen, die es nicht in den Koali­ti­ons­ver­trag schaff­ten. Dazu gehören etwa die Einfüh­rung einer Bürger­ver­si­che­rung oder eine finan­zi­el­le Umver­tei­lung durch höhere Steuern für Vermögende.

Kühnert bekräf­tig­te, dass die SPD mehr wolle als im Koali­ti­ons­ver­trag mit Grünen und FDP steht. «Ein Renten­sys­tem für alle Formen von Erwerbs­tä­tig­keit. Die Bürger­ver­si­che­rung im Gesund­heits­be­reich. Eine adäqua­te Besteue­rung von riesi­gen Vermö­gens­wer­ten. Das ist ja keine Folklo­re für Wahlkämp­fe», sagte Kühnert der «taz» (Wochen­en­de). Er bewer­be sich als General­se­kre­tär der SPD und nicht als Regie­rungs­spre­cher. Auf die Frage, ob er Kanzler Scholz auf die Nerven gehen werde, sagte der 32-Jähri­ge: Da schät­zen Sie Olaf Scholz falsch ein. Es würde mich wundern, wenn Inhal­te unseres Partei­pro­gramms Mitglie­dern meiner Partei auf die Nerven gehen.