BERLIN/MÜNCHEN (dpa) — Zu Beginn des kommenden Jahres braucht es nach Ansicht der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) mehr Corona-Impfstoff, um die Booster-Impfkampagne weiter vorantreiben zu können.
Bayerns Ressortchef Klaus Holetschek (CSU) verwies am Dienstag nach einer GMK-Schalte in München auf Aussagen von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. Der SPD-Politiker habe in der Runde berichtet, dass er nach seiner Impfstoff-Inventur der Meinung sei, dass es schon noch mehr Impfstoff bräuchte, um der Booster-Kampagne entsprechend Fahrt zu verleihen und das Boostern voranzutreiben, berichtete Holetschek.
Die Länder-Minister hätten den Bund am Dienstag bestärkt, alle Hebel in Bewegung zu setzen, um mehr Impfstoff zu beschaffen, gerade auch für das erste Quartal nächsten Jahres, sagte Holetschek. «Wir brauchen mehr Impfstoff, und wir brauchen auch Transparenz über die Mengen, die zur Verfügung stehen», betonte der CSU-Politiker. Er könne nur raten, jeden Impfstoff zu bestellen, der verfügbar sei.
Auch eine allgemeine Impfpflicht mache nur Sinn, wenn es genügend Impfstoff gebe, sagte Holetschek. Die GMK werde sich möglicherweise auch kurzfristig noch einmal zusammenschalten, «um die Frage der Impfstoffe und der Verfügbarkeit noch einmal zu besprechen».
Der «Spiegel» zitierte Lauterbach aus der GMK-Schalte sogar mit den Worten: «Wir haben einen erheblichen Impfstoffmangel im kommenden Jahr.» Das sei das Ergebnis der Inventur. Für das gesamte erste Quartal sei viel zu wenig Impfstoff gekauft worden — die Mengen reichten nicht, um die Booster-Impfkampagne zu fahren.
Test-«Entlastung» nach Drittimpfung
Für Geimpfte mit «Booster»-Auffrischimpfung sollen zusätzliche Testpflichten bei Corona-Zugangsregeln weitgehend wegfallen — vorerst bis zu einer Überprüfung der Maßnahme nach spätestens zwei Monaten. Darauf verständigten sich laut Holetschek die Gesundheitsminister von Bund und Ländern. Einige Länder gehen schon so vor. Außerdem soll beim Zutritt zu medizinischen und Pflege-Einrichtungen zum Schutz der dortigen besonders verwundbaren Menschen weiterhin auch von «Geboosterten» zusätzlich ein negatives Testergebnis verlangt werden.
Die Erleichterungen sollen spätestens nach zwei Monaten bewertet und gegebenenfalls entsprechend der Lagedynamik angepasst werden, sagte Holetschek. Konkret geht es um Corona-Regeln nach dem Modell 2G plus — also, wenn bei Zugang nur für Geimpfte und Genesene (2G) auch von ihnen noch ein Test verlangt wird. 2G gilt nach den jüngsten Bund-Länder-Beschlüssen unter anderem für Gaststätten, Freizeit- und Kultureinrichtungen — ergänzend können auch noch 2G-plus-Vorgaben dazu kommen. Holetschek erläuterte, dass eine Befreiung davon 15 Tage nach der Booster-Impfung greifen könne.
Warten auf Stellungnahme von Expertenrat
Grundsätzlich erwartet Bundesgesundheitsminister Lauterbach eine Stellungnahme des neuen Corona-Expertenrats zur neuen Virusvariante Omikron noch vor Weihnachten. «Das wird die Grundlage wichtiger Entscheidungen sein, die wir im Bezug auf Omikron zu treffen haben», sagte Lauterbach nach der ersten Beratung des Gremiums am Dienstag in Berlin. Das Gremium werde sich voraussichtlich schon am Freitag erneut zusammenfinden, um über das Thema Omikron zu beraten.
In dem von der neuen Regierung eingesetzten Expertenrat sind unter anderem Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Kinderärzte sowie Bildungsforscher versammelt. Die Virusvariante Omikron bereitet Politik und Wissenschaft Sorgen wegen ihrer besonders schnellen Ausbreitung.
Mit Blick auf mögliche weitere Einschränkungen an den Festtagen hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach der jüngsten Ministerpräsidentenkonferenz am Donnerstag gesagt, man wolle zunächst wissenschaftliche Expertise einholen und schauen, ob die Maßnahmen ausreichten. Notfalls würden kurzfristig auch weitere Entscheidungen auf die Tagesordnung kommen. An der Auftaktsitzung des Expertenrats nahmen seitens der Regierung laut Lauterbach er selbst, Scholz und Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt teil.
Lauterbach sagte, die Expertise des Gremiums sei sehr wichtig. «Der Expertenrat macht keine Politik, die Politik machen wir», machte der SPD-Politiker zugleich deutlich. Die Runde sei ausgewogen zusammengesetzt. Er erwarte, dass sie gemeinsame Voten abgeben könne.
Lauterbach verteidigte seinen Vorstoß, dass für Menschen mit Auffrischungsimpfung bei Zugangsregeln nach dem Modell 2G plus der vorgesehene zusätzliche Test entfallen kann. Dann müssten Geimpfte und Genesene mit Boosterimpfung sich vor dem Zutritt zu einer 2G-plus-Räumlichkeit nicht mehr vorher testen lassen.
«Der Verzicht auf die Testung von Geboosterten macht epidemiologisch Sinn», sagte Lauterbach. Mit Auffrischungsimpfung habe man nur noch ein geringes Risiko, sich zu infizieren, und ein noch geringeres Risiko, sich so zu infizieren, dass man für andere ansteckend sei. «Somit ist das ein hohes Sicherheitsniveau.» Für medizinische Einrichtungen sei das Restrisiko aber nicht zu tragen — also solle eine solche Befreiung von der Testpflicht nicht für Pflegeeinrichtungen oder Krankenhäuser gelten. Der Vorteil einer Befreiung sei, dass die Booster-Impfung dann noch attraktiver werde als ohnehin schon.