BERLIN (dpa) — Hundert­tau­sen­de lassen sich derzeit pro Tag gegen das Corona­vi­rus impfen. Beson­ders beliebt ist der Biontech-Impfstoff. Gibt es einen Mangel? Karl Lauter­bach will sich in Osteu­ro­pa um Nachschub kümmern.

Bei der Impfkam­pa­gne gegen das Corona­vi­rus ist nach Angaben von Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­ter Karl Lauter­bach (SPD) der Biontech-Impfstoff bereits derzeit knapp bemessen.

Inner­halb der nächs­ten drei Wochen könnten in Deutsch­land etwa 3,2 Millio­nen Dosen Biontech ausge­lie­fert werden, sagte Lauter­bach am gestern Abend im ZDF. «Das ist aber viel weniger als das, was die Ärztin­nen und Ärzte jede Woche abrufen.» Der neue Minis­ter hatte zuvor schon vor einem Mangel an Impfstoff im ersten Quartal 2022 gewarnt. Aus der Union sowie auch von Hausärz­ten kam deshalb Kritik. Am Nachmit­tag wollte Lauter­bach zusam­men mit dem Präsi­den­ten des Robert Koch-Insti­tuts (RKI), Lothar Wieler, unter anderem über die Impfstoff­ver­sor­gung Anfang 2022 informieren.

«Das sind schon Reserven»

«Wir können in der nächs­ten Woche 1,2 Millio­nen Dosen Biontech für ganz Deutsch­land auslie­fern, in der Woche darauf 800.000 Dosen und dann noch einmal 1,2 Millio­nen Dosen», sagte Lauter­bach in der Sendung «Markus Lanz — Das Jahr 2021». «Das sind schon Reser­ven. Wir schüt­ten hier alles aus. Denn die Kampa­gne muss ja laufen so gut, wie sie kann.» Für 2,2 Milli­ar­den Euro will die neue Bundes­re­gie­rung nun mehr als 90 Millio­nen Dosen Biontech-Impfstoff nachkaufen.

Nach einem Bericht der «Bild»-Zeitung ist Grund für den Mangel, dass Deutsch­land und die EU im Frühherbst eine Bestell­op­ti­on über mehre­re Millio­nen zusätz­li­che Dosen Biontech verstrei­chen ließen. Mögli­ches Liefer­da­tum wäre der Januar 2022 gewesen, so das Blatt. Weder der damali­ge Gesund­heits­mi­nis­ter Jens Spahn (CDU) noch EU-Kommis­si­ons­prä­si­den­tin Ursula von der Leyen hätten auf zusätz­li­chen Impfstoff gedrängt.

CDU erhebt Vorwürfe

Aus der CDU kam der Vorwurf, Lauter­bach rufe «Feuer», um dann Feuer­wehr zu spielen. Der SPD-Politi­ker beton­te, die Mittei­lung über Impfstoff­knapp­heit sei kein Vorwurf gegen Vorgän­ger Jens Spahn (CDU). Über das ganze Jahr hinweg sei auch genug Impfstoff vorhan­den gewesen — aber nicht für eine sehr schnel­le Booster­kam­pa­gne. «Ich versu­che jetzt, notfall­mä­ßig Impfstoff aus osteu­ro­päi­schen Ländern zurück­zu­kau­fen.» Das dorthin gelie­fer­te Serum könne zum Teil nicht verimpft werden.

Der Vorsit­zen­de des Deutschen Hausärz­te­ver­bands, Ulrich Weigeldt, kriti­sier­te Lauter­bachs Öffent­lich­keits­ar­beit. «Die einen bekom­men Angst, dass sie nicht mehr geboos­tert werden können», sagte Weigeldt der Funke-Medien­grup­pe. «Die anderen nehmen Abstand von der Impfung, weil sie das Gefühl haben, es bringt nichts, sich darum zu bemühen.» Das helfe nicht. Der Sozial­ver­band VdK forder­te, bei einem abseh­ba­ren Mangel an Impfstof­fen jetzt schon Risiko­grup­pen bei der Booster-Impfung vorzuziehen.

Caritas: Lange angeleg­te Armutsrisiken

Ärzte­prä­si­dent Klaus Reinhardt schlug vor, die Beschaf­fung und Vertei­lung von Impfstof­fen auf den neuen Krisen­stab im Kanzler­amt zu übertra­gen. «Entschei­dend ist nicht, was in den Bestell­bü­chern steht, sondern was am Ende bei den Ärztin­nen und Ärzten vor Ort ankommt», sagte Reinhardt dem Redak­ti­ons­netz­werk Deutsch­land (RND).

Aus Sicht der Caritas hat die Corona-Pande­mie lange angeleg­te Armuts­ri­si­ken sicht­bar gemacht. «Einmal arm, immer arm — das ist für immer mehr Menschen eine reale Bedro­hung», sagte Caritas-Präsi­den­tin Eva Maria Welskop-Deffaa der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Heute will der Paritä­ti­sche Wohlfahrts­ver­band einen Bericht zur Armuts­ent­wick­lung in der Pande­mie veröffentlichen.