BERLIN (dpa) — Deutsch­land setzt gegen Omikron auf den ersten, zweiten und dritten Piks. Die Corona-Impfung soll es der vorpre­schen­den Virus­va­ri­an­te schwer machen. Doch wie gut wirkt sie gegen Omikron noch?

Omikron breitet sich rasant in Deutsch­land aus — und mit der Virus­va­ri­an­te die Unsicher­heit. Die zuerst in Südafri­ka aufge­tre­te­ne Varian­te gilt als beson­ders anste­ckend. Gleich­zei­tig mehren sich Hinwei­se auf milde­re Krank­heits­ver­läu­fe. Exper­ten sind sich einig: Nur die Impfung kann Omikron seinen Schre­cken nehmen. Wie effek­tiv schützt die Grund­im­mu­ni­sie­rung gegen die Virus­va­ri­an­te, wie gut der Booster? Und wird ein Booster-Booster nötig? Wichti­ge Fragen im Überblick.

Wie gut wirkt die Impfung gegen Omikron?

Bei der Frage nach der Impfwir­kung müsse man zwischen dem Schutz vor einer Infek­ti­on und dem Schutz vor einer schwe­ren Erkran­kung unter­schei­den, sagt Immuno­lo­ge Carsten Watzl der Deutschen Presse-Agentur. «Der reine Schutz vor Anste­ckung mit Omikron wird mit den jetzi­gen Impfstof­fen immer subop­ti­mal sein», so der General­se­kre­tär der Deutschen Gesell­schaft für Immuno­lo­gie. Aber: «Die Impfstof­fe tun trotz­dem, was sie sollen: Sie schüt­zen vor schwe­ren Verläu­fen und das sehen wir aktuell bei Omikron.»

Eine gerade erst von der briti­schen Gesund­heits­be­hör­de UKHSA vorge­stell­te Analy­se weist darauf hin, dass Booster-Impfun­gen der beson­ders gefähr­de­ten Gruppe der Senio­ren auch bei Omikron einen hohen Schutz vor schwe­ren Verläu­fen bieten. Drei Monate nach der Dritt­imp­fung liegt der Schutz vor Einlie­fe­rung ins Kranken­haus für Menschen ab 65 Jahren demnach bei rund 90 Prozent. Der Schutz vor einer Corona-Infek­ti­on mit milden Sympto­men liegt hinge­gen nur noch bei rund 30 Prozent, wie die vorläu­fi­gen Daten zeigen.

Nach Grund­im­mu­ni­sie­rung lässt Schutz nach

Nach der Grund­im­mu­ni­sie­rung — also nach zwei Impfun­gen oder beim Vakzin von Johnson&Johnson nach einer Impfung — lasse der Schutz vor Anste­ckung bei Omikron recht schnell nach, sagt Sebas­ti­an Ulbert, Impfstoff­ex­per­te vom Fraun­ho­fer-Insti­tut für Zellthe­ra­pie und Immuno­lo­gie. Die Booster-Impfung verbes­sert diesen Schutz zumin­dest für die erste Zeit nach der Impfung wieder deutlich, weil wieder mehr Antikör­per gebil­det werden. Der Virolo­ge Chris­ti­an Drosten von der Berli­ner Chari­té verwies im Podcast «Corona­vi­rus-Update» bei NDR-Info auf dänische Studi­en­da­ten, die zeigten, dass die dritte Impfung das Risiko für eine Omikron-Anste­ckung stark senke und bei der aktuel­len Verbrei­tungs­kon­trol­le den Unter­schied mache.

Vor schwe­rer Erkran­kung schüt­ze hinge­gen wohl schon die Grund­im­mu­ni­sie­rung weiter­hin recht gut, sagt Ulbert. Watzl verweist auf einen Report der briti­schen Gesund­heits­be­hör­de UKHSA zur Effek­ti­vi­tät der Impfung gegen einen schwe­ren Verlauf mit Omikron, der dazu führe, das man ins Kranken­haus müsse. Demnach liegt der Schutz bis sechs Monate nach der zweiten Impfung bei etwa 72 Prozent, nach dem Booster sogar bei rund 88 Prozent.

Wie lange der Schutz jeweils anhal­te, lasse sich im Zuge der noch jungen Omikron­wel­le noch nicht seriös sagen, sagt Ulbert. Die Booster-Impfung weite die Schutz­wir­kung zumin­dest erheb­lich aus und rufe eine verstärk­te Immun­ant­wort hervor.

Warum schützt Impfung nicht so gut vor Omikron?

Dass die Impfstof­fe vor einer Omikron-Anste­ckung weniger zu schüt­zen schei­nen als vor anderen Virus­va­ri­an­ten wie Delta, legen immer mehr regis­trier­te Infek­tio­nen bei Menschen mit Grund­im­mu­ni­sie­rung oder gar Auffri­schungs­imp­fung nahe. «Die Impfstof­fe wurden auf eine bestimm­te Sequenz des Spike-Prote­ins entwi­ckelt, das sich auf der Virus­ober­flä­che befin­det. Mittler­wei­le gibt es jedoch Varian­ten, die haben das Spike-Prote­in an entschei­den­den Stellen verän­dert», erklärt Impfstoff­ex­per­te Ulbert. Dadurch werde diese Virus­va­ri­an­te vom Immun­sys­tem nicht mehr so gut erkannt. Hinzu komme, dass bei anste­cken­de­ren Varian­ten meist weniger Viren für eine Infek­ti­on ausreichten.

Welche Impfstof­fe schüt­zen am besten gegen Omikron?

Erste Studi­en legen nahe, dass nicht alle Impfstof­fe gleich stark gegen Omikron wirken und manche Vakzin-Kombi­na­tio­nen bei Grund­im­mu­ni­sie­rung und Auffri­schung effek­ti­ver sind. Ulbert rät aber von Pauschal­aus­sa­gen dazu ab, welches Vakzin am besten schüt­ze. Alle bishe­ri­gen Impfstof­fe zeigten, dass der Schutz vor Anste­ckung mit der Zeit nachlas­se – dass die zirku­lie­ren­den Antikör­per nach und nach weniger würden, sei normal. «Bei den wenigen Studi­en bisher zum Schutz vor Omikron wurden vor allem Anste­ckun­gen oder Infek­tio­nen mit leich­ten Sympto­men betrach­tet.» Um den Schutz vor schwe­ren Erkran­kun­gen beurtei­len zu können, müssten die Studi­en länger laufen.

Watzl gibt eine erste Einschät­zung: «Moder­na ist der etwas besse­re von den beiden mRNA-Impfstof­fen – einfach, weil er die höhere Dosis verwen­det.» Mit Moder­na Geimpf­te seien «einen Ticken» besser gegen Omikron geschützt als etwa mit Biontech Geimpfte.

Warum schwin­det der Booster-Schutz?

In der Diskus­si­on um die weite­re Impfstra­te­gie scheint klar: Auch nach der Auffri­schungs-Impfung wird der Schutz vor Infek­tio­nen mit der Zeit wieder nachlas­sen. «Die vielen Antikör­per, die man nach dem Booster hat, gehen mit der Zeit wieder verlo­ren. Das hat den Hinter­grund, dass das Immun­sys­tem auf die Impfung reagiert wie auf eine Infek­ti­on und erst einmal viele Antikör­per produ­ziert», erklärt Watzl. Irgend­wann würden diese aber nicht mehr gebraucht, so dass die Zahl sich deutlich reduzie­re. Damit steige dann auch wieder das Risiko, sich zu infizieren.

Wird der Booster-Booster nötig?

Immuno­lo­ge Watzl zufol­ge braucht es derzeit noch engma­schi­gen Impfschutz, weil es das wichtigs­te Ziel sei, die Virus­ver­brei­tung einzu­däm­men. Schließ­lich seien noch nicht alle ausrei­chend vor schwe­ren Verläu­fen geschützt, «weil wir noch diese Impflü­cke haben». Mit Blick in die Zukunft sei aber der Schutz vor schwe­ren Verläu­fen das primä­re Ziel – und der lasse viel langsa­mer nach. Bei Menschen aus Risiko­grup­pen könnten dann zwar regel­mä­ßi­ge Booster sinnvoll bleiben. Bei jünge­ren und gesun­den Menschen sei künftig aber vorstell­bar, dass keine regel­mä­ßi­ge Auffri­schungs­imp­fung mehr nötig sei, solan­ge sich das Virus nicht gravie­rend verändere.

Israe­li­sche Daten zur vierten Impfung hatten kürzlich gezeigt, dass sie zwar einen erneu­ten Anstieg der Antikör­per bringt. Der sei zwar «gut, aber nicht ausrei­chend», hatte Studi­en­lei­te­rin Gili Regev zu den vorläu­fi­gen Ergeb­nis­sen gesagt. Man sei kurz nach der vierten Impfung wieder auf demsel­ben Antikör­per-Stand wie kurz nach der dritten — und es könne nicht das Ziel sein, sich etwa alle vier Monate erneut gegen das Corona­vi­rus impfen zu lassen. Für gefähr­de­te Gruppen wie Senio­ren sei die vierte Dosis vorerst der richti­ge Weg — für die übrige Bevöl­ke­rung sei das fraglich.

Von Josefi­ne Kauke­mül­ler, dpa