BERLIN (dpa) — Pulver­schnee und Kälte sind sein Lebens­eli­xier, auf Sonne reagiert er höchst empfind­lich: Der Schnee­mann ist ein klassi­sches Winter­sym­bol. Woher er kommt — und warum er nicht immer so beliebt war wie heute.

Drei Kugeln aus Schnee, Kohlen oder Kiesel­stei­ne als Augen und Mund, eine Karot­te als Nase — und schon erstrahlt in winter­li­cher Pracht ein Schneemann.

Neben Weihnachts­mann und Christ­kind gehört der eiskal­te Sympa­thie­trä­ger für viele zur kalten Jahres­zeit. Wenn Schnee fällt, dann bauen Jung und Alt seit Genera­tio­nen mit Begeis­te­rung Schnee­män­ner. Auch Schnee­frau­en, Schnee­tie­re oder Fanta­sie­we­sen werden natür­lich gerne gebas­telt. Woher kommt die Faszi­na­ti­on für die frosti­ge, kugel­run­de Gestalt? Fakten und Kurio­ses zu einer Kultfi­gur des Winters:

Image­wech­sel — vom Gries­gram zum kugeli­gen Freund

Nicht immer war der Schnee­mann eine fröhli­che Gestalt. Tatsäch­lich durch­lief er in Hunder­ten von Jahren einen ziemli­chen Image­wech­sel, wie Franzis­ka Honer sagt. Sie leitet das Museum für Bilden­de Kunst im Landkreis Neu-Ulm, in dem es derzeit eine Sonder­aus­stel­lung rund um die Kultfi­gur gibt.

Eine der ältes­ten bekann­ten Abbil­dun­gen, ein Kupfer­stich von 1780, zeige noch einen äußerst finster wirken­den, menschen­ähn­li­chen Schnee­mann. «Lange Zeit haben die Menschen den Winter vor allem als grimmig und bedroh­lich erlebt. Entspre­chend wurde auch der Schnee­mann darge­stellt», erklärt Honer.

Die übellau­ni­gen Abbil­dun­gen zogen sich demnach etwa bis zum Ende des 19. Jahrhun­derts, als die Hochin­dus­tria­li­sie­rung begann und viele Erfin­dun­gen dem Winter einen Teil seines Schre­ckens nahmen. Fortan wurde die Jahres­zeit nicht mehr nur als streng und entbeh­rungs­reich erlebt, sondern auch als geprägt von Ruhe, Besinn­lich­keit und der Vorfreu­de aufs Weihnachts­fest. «So fing dann langsam auch der Schnee­mann an, sich zu wandeln zu der fröhli­chen, kugeli­gen Figur, die wir heute kennen», sagt die Expertin.

Der erste Schneemann

Auf der Suche nach den Wurzeln der belieb­ten Figur stieß der US-Cartoo­nist und Journa­list Bob Eckstein für sein 2007 erschie­ne­nes Buch «The Histo­ry of the Snowman» auf einen Schnee­mann in einem christ­li­chen Gebet­buch von 1380.

Mit einer frühen Überlie­fe­rung zu einer realen Figur aus Schnee wird der Bildhau­er und Maler Michel­an­ge­lo in Verbin­dung gebracht: Er soll in den 1490er Jahren eine wunder­schö­ne Schnee­fi­gur gestal­tet haben, über die in vielen Geschich­ten berich­tet wurde. Exper­tin Honer geht aber davon aus, dass der Mensch mit seinem Sinn für Kunst und Kultur schon wesent­lich früher angefan­gen haben dürfte, winter­li­che Figuren zu formen. «Der Schnee­mann ist natür­lich vergäng­lich, sicher wissen wir es also leider nicht.»

Das größte Exemplar

2020 hat ein wahrer Koloss sogar den Sprung ins Guinness-Buch der Rekor­de geschafft. Ein mehr als 38 Meter hoher Schnee­mann hat der öster­rei­chi­schen Steier­mark den Rekord beschert. Weil er sonst aber wohl zu insta­bil gewor­den wäre, bekam «Riesi», wie der eisige Gigant passen­der­wei­se genannt wurde, nicht den typischen kugel­run­den Bauch, sondern wurde nach obenhin immer schma­ler gebaut.

Schnee­män­ner mit Promi-Status

Ob in Weihnachts­lie­dern oder Kinder­fil­men, der weiße Gesel­le ist ein belieb­ter Protago­nist vieler winter­li­cher Geschich­ten. Ein bekann­ter Klassi­ker: der Weihnachts­song «Frosty the Snowman» von Walter Rollins und Steve Nelson, der um 1950 erstma­lig aufge­nom­men wurde — und dem zahlrei­che Neuauf­la­gen folgten.

Ein moder­ner, aber nicht weniger belieb­ter Vertre­ter des Schnee­mann­kul­tes ist Olaf, einer der Haupt­cha­rak­te­re im vielfach preis­ge­krön­ten Disney-Film «Die Eiskö­ni­gin» von 2013. Weniger freund­lich, sondern schau­rig-frostig hinge­gen erscheint Arktos, der Erzfeind des grünen Drachen Tabalu­ga aus der gleich­na­mi­gen Kindergeschichten-Serie.

Von Josefi­ne Kauke­mül­ler, dpa