Jeder fünfte Rentner muss einem Forscher zufol­ge an oder unter der Armuts­gren­ze leben, vor allem Frauen. Die Zahl der Betrof­fe­nen werde sich weiter erhöhen. Hinzu kommt nun noch die Corona-Pandemie.

Armut wird in der Bundes­re­pu­blik über das Haushalts­ein­kom­men und die daraus folgen­den Möglich­kei­ten an gesell­schaft­li­cher Teilha­be definiert. Die Armuts­ge­fähr­dungs­quo­te gibt den Anteil der Bevöl­ke­rung an, der mit weniger als 60 Prozent des mittle­ren Einkom­mens auskom­men muss. Bei einem Ein-Perso­nen-Haushalt lag diese Grenze 2019 bei 1074 Euro im Monat.

Tatsäch­lich lebten weitaus mehr ältere Menschen an oder unter der Armuts­gren­ze, als die Prozent­zah­len auf den ersten Blick vermu­ten ließen, sagt der Forscher Chris­toph Butter­weg­ge. Denn in der Grund­ge­samt­heit seien auch Pensio­nä­re sowie Menschen enthal­ten, die sehr gut von ihren Kapital­erträ­gen leben könnten. Betrach­te man nur die Rentner, sei aktuell bereits jeder fünfte betrof­fen — vor allem Frauen. Das Problem werde sich künftig verschär­fen. Ein Grund sei das abgesenk­te und nach dem Jahr 2025 weiter sinken­de Renten­ni­veau. Auch der breite Niedrig­lohn­sek­tor verur­sa­che immer mehr Altersarmut.

Es sei zudem davon auszu­ge­hen, dass die Pande­mie die Lage verschär­fe: «Die Alters­ar­mut wird durch die Rezes­si­on deutlich anstei­gen», stellt Butter­weg­ge fest. Betrof­fen von Kurzar­beit und Entlas­sun­gen seien vor allem Gering­ver­die­ner. Auch aktuell verschlim­me­re Corona bereits die Lage: «Mehr als eine Milli­on Klein­st­rent­ner haben Minijobs, um über die Runden zu kommen. Davon sind viele durch die Beschrän­kun­gen wegge­fal­len. Sie erhal­ten keine staat­li­che Leistung als Ersatz.»

Armut treffe ältere Menschen beson­ders hart, denn sie seien mit teils hohen Gesund­heits­kos­ten konfron­tiert. Zudem drohe ihnen Einsam­keit und sozia­le Isola­ti­on. Die neue Grund­ren­te sei an sich eine richti­ge Maßnah­me, doch mit durch­schnitt­lich 75 bis 80 Euro monat­lich für 1,3 Millio­nen Menschen viel zu gering bemes­sen, kriti­sier­te der Forscher.

Nach Angaben des Statis­ti­schen Bundes­amts bezogen Ende vergan­ge­nes Jahres 3,2 Prozent der Menschen im Renten­al­ter Grund­si­che­rung. Laut Butter­weg­ge ist hier von einer hohen Dunkel­zif­fer auszu­ge­hen. Zwei Drittel der Anspruchs­be­rech­tig­ten stell­ten aus Scham, falschem Stolz oder Unkennt­nis keinen Antrag.

Das höchs­te Armuts­ri­si­ko hatten die älteren Menschen vergan­ge­nes Jahr im Saarland mit einer Quote von 18,4 Prozent, gefolgt von Rhein­land-Pfalz mit 17,8 und Bayern mit 17,5 Prozent. Am niedrigs­ten war es laut dem Bundes­amt in Branden­burg mit 12,5 Prozent, Schles­wig-Holstein mit 13 Prozent sowie Thürin­gen und Sachsen mit jeweils 13,4 Prozent. Den höchs­ten Anstieg seit 2005 weist die Statis­tik für Berlin mit einem Plus von 7,4 Punkten auf 14,8 Prozent und Nordrhein-Westfa­len mit 7,1 Punkten auf 16,8 Prozent aus.

In Ost- und Westdeutsch­land war der Anstieg ähnlich hoch, es wurde aber ein unter­schied­li­cher Stand erreicht: 2019 war die Quote im Osten mit 13,8 Prozent gerin­ger als in Westdeutsch­land mit 16,2 Prozent. In Ostdeutsch­land falle der Anstieg aber stärker ins Gewicht, da die Bevöl­ke­rung stärker altere — teils durch Abwan­de­rung, teils durch gerin­ge Zuwan­de­rung, erklär­te das Bundesamt.