HAMBURG (dpa) — Flücht­lings­kri­se, Klima­kri­se, Corona, der russi­sche Angriffs­krieg in der Ukrai­ne, Infla­ti­on und steigen­de Energie­prei­se — die Deutschen sind im Krisen­mo­dus. Eine Studie belegt jetzt: das schlägt ihnen aufs Gemüt.

Den Deutschen gehen mit zuneh­men­der Zahl und Dauer der Krisen Zuver­sicht und Gelas­sen­heit abhan­den. Auf der anderen Seite wachsen die Zukunfts­ängs­te, wie eine Studie des Opaschow­ski Insti­tuts für Zukunfts­for­schung belegt. Das hatte im Novem­ber 2019 — also noch vor der Corona-Pande­mie — und in diesem Jahr wieder im März — kurz nach Start des russi­schen Angriffs­kriegs in der Ukrai­ne — jeweils 1000 Menschen zu ihren Zukunfts­er­war­tun­gen befragt. Das Ergeb­nis: Das Vertrau­en in die Stabi­li­tät und Sicher­heit von Wirtschaft und Gesell­schaft geht in der Bevöl­ke­rung zusehends verloren.

So stieg der Anteil derer, die eine wachsen­de Kluft zwischen Arm und Reich befürch­ten, von 60 Prozent 2019 auf 87 Prozent in diesem Jahr. Immer weniger bezahl­ba­rer Wohnraum zu finden, befürch­te­te vor drei Jahren nicht einmal die Hälfte (46 Prozent), nun sind es 83 Prozent. Und dass Kontakt­ar­mut für Ältere künftig ebenso belas­tend werden kann wir Geldar­mut, nehmen nun acht von zehn Befrag­ten an. 2019 waren es nur sechs von zehn. Eine aggres­si­ve­re Stimmungs­la­ge in der Gesell­schaft, die zu mehr Belei­di­gun­gen, Hass und Gewalt­be­reit­schaft führt, erwar­ten inzwi­schen mehr als Drei Viertel (79 Prozent). Vor drei Jahren war es nur gut die Hälfte (51 Prozent).

Die Sorge, dass sich die Schere zwischen Arm und Reich weiter öffnet, wurde mit über 90 Prozent insbe­son­de­re von Gering­ver­die­nern geteilt, die der Kontakt­ar­mut im Alter vor allem von Befrag­ten im ländli­chen Raum (93 Porzent). Mit kaum mehr bezahl­ba­rem Wohnraum sieht sich das Gros der Jünge­ren konfron­tiert — 90 Prozent der Befrag­ten zwischen 20 und 24 Jahren stimm­ten zu. Die Sorge vor einer Verro­hung des gesell­schaft­li­chen Mitein­an­ders eint vor allem die Genera­ti­on 65 plus: Während dort 81 Prozent die Ausbrei­tung von Hass, Gewalt­be­reit­schaft und Belei­di­gun­gen befürch­ten, sind es bei den unter 30-Jähri­gen nur 69 Prozent.

«Zukunfts­ängs­te breiten sich aus, weil es der Politik bisher an beruhi­gen­den Signa­len, die Zuver­sicht verbrei­ten, mangelt», sagte Zukunfts­for­scher Horst Opaschow­ski der Deutschen Presse-Agentur. «Es dominie­ren eher alarmis­ti­sche Meldun­gen, die kaum Zukunfts­hoff­nun­gen aufkom­men lassen.» Zukunfts­un­ge­wiss­heit sei deshalb das Gefühl der Stunde. «Quer durch alle Bevöl­ke­rungs­grup­pen eint die Deutschen nur ein Wunsch: Sie wollen keine Zukunfts­ängs­te haben», sagte er.