BERLIN (dpa) — In Herbst und Winter wird wieder mit steigen­den Corona-Infek­ti­ons­zah­len gerech­net. Vorsorg­lich hat das Bundes­ka­bi­nett daher stren­ge­re Regelun­gen gebil­ligt. Bundes­tag und Bundes­rat müssen noch zustimmen.

Die Bundes­re­gie­rung hat wieder schär­fe­re staat­li­che Eingriffs­mög­lich­kei­ten für eine erwar­te­te Corona-Welle im Herbst und Winter auf den Weg gebracht. Die vom Kabinett gebil­lig­ten Pläne sehen unter anderem eine bundes­wei­te FFP2-Masken­pflicht in Flugzeu­gen und Fernzü­gen vor. Kinder zwischen 6 und 14 Jahren sowie Perso­nal sollen auch medizi­ni­sche Masken tragen können.

In Klini­ken und Pflege­hei­men soll bundes­weit Masken­pflicht gelten; dort soll man vor dem Zutritt auch einen negati­ven Corona-Test nachwei­sen müssen.

Zwingen­de Ausnah­me von Masken­pflicht bei negati­vem Test

Die Länder sollen zudem vom 1. Oktober bis 7. April abgestuft nach Infek­ti­ons­la­ge weite­re Schutz­vor­ga­ben anord­nen können. Dazu zählen Masken­pflich­ten in Bussen und Bahnen des Nahver­kehrs sowie in weite­ren öffent­lich zugäng­li­chen Innen­räu­men. Eine zwingen­de Ausnah­me von einer Masken­pflicht soll es geben, wenn man beim Besuch von Kultur‑, Freizeit- oder Sport­ver­an­stal­tun­gen und in der Gastro­no­mie einen negati­ven Test vorzeigt. Zudem können Ausnah­men von der Masken­pflicht mit Nachwei­sen als vollstän­dig geimpft und genesen erlaubt werden.

Die geplan­ten Regeln gehen auf ein Konzept von Gesund­heits­mi­nis­ter Karl Lauter­bach (SPD) und Justiz­mi­nis­ter Marco Busch­mann (FDP) von Anfang August zurück. Lauter­bach sagte: «Mit diesem Instru­men­ta­ri­um können wir die abseh­ba­re Corona-Welle im Herbst bewäl­ti­gen.» Die Länder bekämen alle Möglich­kei­ten, angepasst zu reagie­ren. Es bleibe das Ziel der Corona-Politik, hohe Todes­zah­len, viele Arbeits­aus­fäl­le und schwe­re Langzeit­fol­gen zu vermei­den. Der vom Kabinett gebil­lig­te Entwurf geht nun in den Bundes­tag und könnte dort am 8. Septem­ber beschlos­sen werden. Zustim­men muss dann auch noch der Bundesrat.

Sonder­zah­lun­gen für Pflegeheime

Neu vorge­se­hen sind Sonder­zah­lun­gen von 1000 Euro pro Monat dafür, dass Pflege­hei­me künftig Beauf­trag­te benen­nen müssen, die sich um Impfun­gen, Hygie­ne und Arznei­the­ra­pien für Infizier­te etwa mit dem Medika­ment Paxlo­vid kümmern. Die Einrich­tun­gen sollen für den Aufwand 250 Euro pro Monat bekom­men — für Beschäf­tig­te, die die Aufga­ben allein oder im Team überneh­men, soll es insge­samt 750 Euro geben.

Die Corona-Bestim­mun­gen im Infek­ti­ons­schutz­ge­setz waren im Frühjahr stark zurück­ge­fah­ren worden. Allge­mei­ne Masken­pflich­ten beim Einkauf oder für Veran­stal­tun­gen und Zutritts­re­geln wie 2G und 3G fielen weg.

Busch­mann: «Virus ist nicht weg»

Lauter­bach und Busch­mann vertei­dig­ten die geplan­ten schär­fe­ren Regeln. «Wir müssen uns vorbe­rei­ten auf eine Lage, wie sie mutmaß­lich im Herbst/Winter eintre­ten kann», sagte Busch­mann am Mittwoch. Busch­mann sagte, es hande­le sich um «ein gutes, modera­tes und maßvol­les Konzept». Lauter­bach zufol­ge werde «ein breites Instru­men­ta­ri­um» zur Verfü­gung stehen.

Busch­mann sagte, viele hätten das Gefühl: «Kann dieser ganze Mist nicht einfach vorbei sein.» Doch er meinte: «Das Virus ist eben nicht weg.» Im Grunde ordne der Bund nur höhere Standards in Heimen an. «Alles andere, was wir vorse­hen, sind ja reine Rechts­grund­la­gen, also Optio­nen, die die Länder ziehen können, aber nicht müssen.» Die Länder könnten immer auch weniger machen.

«Ich rechne nicht mit einem Flicken­tep­pich», sagte Lauter­bach. Die Masken­pflicht in Innen­räu­men könne einge­führt werden. Die Länder könnten dieje­ni­gen, die frisch geimpft oder frisch genesen seien, aber davon befrei­en. Wenn die Pande­mie das notwen­dig mache, könnten die Länder eine zweite Stufe zünden. Dann könnten Masken­pflich­ten im Innen­raum ohne Ausnah­men sowie Gebote für Abstän­de oder Obergren­zen für die Anzahl der Menschen in Räumen greifen. «Ich hoffe nicht, dass es in der Gänze einge­setzt werden muss, aber es muss einge­setzt werden können», so Lauter­bach. Er stell­te klar, «dass es einen weite­ren Lockdown oder Schul­schlie­ßun­gen nicht geben wird». Das unter­strich auch Buschmann.

Gelocker­te Corona-Einrei­se­re­geln werden verlängert

Darüber hinaus sollen die gelocker­ten Corona-Regeln für Urlaubs­rück­keh­rer bei der Einrei­se nach Deutsch­land auch über das Monats­en­de hinaus bleiben. Das Bundes­ka­bi­nett beschloss, die dazu Ende August auslau­fen­de Verord­nung vorerst bis 30. Septem­ber zu verlän­gern. Die Vorga­ben waren angesichts der entspann­te­ren Pande­mie-Lage vor der Sommer­fe­ri­en­zeit gelockert worden. Seit Ende Mai müssen Einrei­sen­de ab zwölf Jahren keine 3G-Nachwei­se als Geimpf­te, Genese­ne oder Getes­te­te mehr dabei haben.

Lauter­bach sagte: «Sollten sich beson­ders gefähr­li­che Virus­va­ri­an­ten entwi­ckeln, müssen wir verhin­dern, dass sie sich zu schnell ausbrei­ten.» Die Verord­nung werde daher verlän­gert, um sich darauf vorbe­rei­ten zu können.

Grund­sätz­lich als «Notbrem­se» bestehen bleiben daher Regeln für Gebie­te, in denen neue Varian­ten kursie­ren. Einrei­sen­de von dort müssen sich in Deutsch­land in eine 14-tägige Quaran­tä­ne begeben, auch wenn sie geimpft oder genesen sind. Derzeit ist jedoch auf einer Liste des Robert Koch-Insti­tuts (RKI) kein Land aufge­führt, das von der Bundes­re­gie­rung als «Virus­va­ri­an­ten­ge­biet» einge­stuft worden ist.