LONDON (dpa) — Truss muss bei praktisch allen wichtigen Projekten ihrer Regierungszeit eine dramatische Kurskorrektur vornehmen. Jetzt gesteht sie Fehler ein — und ist laut einer Umfrage unbeliebter als Johnson es je war.
Die britische Premierministerin Liz Truss hat sich erstmals für die durch ihre Wirtschaftspolitik ausgelösten Turbulenzen entschuldigt. «Ich möchte Verantwortung übernehmen und mich entschuldigen für die Fehler, die gemacht wurden», sagte Truss in einem BBC-Interview.
Die von ihrer Regierung angekündigten enormen Steuersenkungen, deren Finanzierung unklar blieb, hatten das britische Pfund in den Keller rauschen und die Zinsen in die Höhe schießen lassen. Die Regierung sei «zu schnell zu weit» gegangen, räumte die 47-Jährige ein.
Truss sah sich gezwungen, ihren Verbündeten und Finanzminister Kwasi Kwarteng zu entlassen und durch den erfahrenen Pragmatiker Jeremy Hunt zu ersetzen. Dieser kündigte gestern eine 180-Grad-Wende in der Wirtschaftspolitik an — von Truss’ Kernversprechen bleibt fast nichts übrig. Diese betonte in dem Interview, damit sei wieder wirtschaftliche Stabilität hergestellt. Mit Blick auf ihre politische Zukunft gab sich die Regierungschefin optimistisch: «Ich werde die konservative Partei in die nächste Wahl führen», sagte Truss.
Beliebtheit auf Tiefpunkt
Tatsächlich steht die Politikerin in den eigenen Reihen wenige Wochen nach Amtsantritt bereits enorm unter Druck. Erste Parteikollegen fordern öffentlich ihren Rücktritt. Die Diskussion über mögliche Nachfolger oder Neuwahlen hat Fahrt aufgenommen.
Doch nicht nur in den eigenen Reihen erreicht die Premierministerin Tiefstwerte in Sachen Beliebtheit. Wie das Meinungsforschungsinstitut Yougov am Dienstag mitteilte, haben nur zehn Prozent der Briten eine positive Meinung von der konservativen Regierungschefin. 80 Prozent sehen die 47-Jährige, die erst seit sechs Wochen im Amt ist, kritisch. Zehn Prozent äußerten keine Meinung. Truss ist damit noch unbeliebter als es ihr skandalumwitterter Vorgänger Boris Johnson in seiner Amtszeit je war.