WASHINGTON (dpa) — Jahre­lang tritt Mike Pence als treuer Wegge­fähr­te von Donald Trump in Erschei­nung. Doch beim Angriff von Trump-Anhän­gern auf das Kapitol trennen sich ihre Wege. Jetzt könnten sie Konkur­ren­ten werden.

Der frühe­re US-Vizeprä­si­dent Mike Pence erwägt eine Kandi­da­tur für den Chefses­sel im Weißen Haus und zeigt sich auch bereit, gegen seinen einsti­gen Wegge­fähr­ten Donald Trump anzutreten.

Letzt­lich müsse das ameri­ka­ni­sche Volk darüber entschei­den, ob Trump noch einmal Präsi­dent sein könne, sagte Pence in einem am Montag (Ortszeit) ausge­strahl­ten Inter­view des TV-Senders ABC. Er denke aber, dass es in der Zukunft besse­re Alter­na­ti­ven geben werde.

Pence denkt mit Familie über Kandi­da­tur nach

Er selbst sei gemein­sam mit seiner Familie dabei, über eine Kandi­da­tur für die Republi­ka­ner nachzu­den­ken, sagte Pence. Und wenn das bedeu­ten sollte, gegen seinen einsti­gen Chef Trump anzutre­ten, sei er dazu bereit: «Dann wird es so sein.»

Von Trump wird in der Nacht zum Mittwoch die Bekannt­ga­be einer erneu­ten Präsi­dent­schafts­kan­di­da­tur erwar­tet. Pence gilt bei den Republi­ka­nern mit Blick auf die Wahl 2024 als mögli­cher Konkur­rent Trumps, genau­so wie der Gouver­neur von Flori­da, Ron DeSan­tis. Bei den Demokra­ten will Präsi­dent Joe Biden Anfang kommen­den Jahres entschei­den, ob er für eine zweite Amtszeit kandi­die­ren will. Er ging aus der Parla­ments­wahl vergan­ge­ne Woche gestärkt hervor, nachdem das in vielen Umfra­gen vorher­ge­sagt Debakel für die Demokra­ten ausge­blie­ben war.

Das ABC-Inter­view zeigte, wie Trumps Verhal­ten während des Angriffs seiner Anhän­ger auf das Kapitol in Washing­ton am 6. Januar 2021 zum Bruch des Vize mit dem Präsi­den­ten führte.

Trumps Anhän­ger hatten das Parla­ments­ge­bäu­de erstürmt, während dort unter Vorsitz von Pence der Sieg des Demokra­ten Joe Biden bei der Präsi­den­ten­wahl im Novem­ber 2020 offizi­ell besie­gelt werden sollte. Trump hatte die Menschen­men­ge zuvor bei einer Kundge­bung in der Nähe des Weißen Hauses mit einer Wieder­ho­lung seiner falschen Vorwür­fe zu angeb­li­chem Wahlbe­trug aufgeheizt.

Randa­lie­rer am Kapitol hatten Pence wütend gemacht

Trump hatte in den Tagen davor auch behaup­tet, dass Pence Wahler­geb­nis­se aus einzel­nen Bundes­staa­ten einfach ableh­nen könne — was Rechts­exper­ten und auch der Vizeprä­si­dent für unrecht­mä­ßig hielten. Während des Angriffs twitter­te Trump dann, Pence habe «nicht den Mut gehabt, das zu tun, was getan werden sollte». In der Menge waren Aufru­fe zu hören, Pence zu hängen. Pence wurde von Leibwäch­tern zu seiner Fahrzeug­ko­lon­ne gebracht, weiger­te sich aber, die Laderam­pe des Kapitols zu verlas­sen, wie er beton­te. Er habe den Angrei­fern nicht die Genug­tu­ung geben wollen, seine Fahrzeug­ko­lon­ne wegdü­sen zu sehen. Nach dem Ende der Attacke schloss der Kongress unter seinem Vorsitz die Bestä­ti­gung von Bidens Siegs ab.

Trumps damali­ge Äußerun­gen und Verhal­ten seien gefähr­lich gewesen, sagte Pence in einem am Montag ausge­strahl­ten Inter­view des TV-Senders ABC. «Es war klar, dass er beschlos­sen hat, Teil des Problem zu sein.»

Zu sehen, wie die Randa­lie­rer das Kapitol erstürm­ten, habe ihn wütend gemacht, sagte Pence. Er habe von der Laderam­pe aus mit der demokra­ti­schen Vorsit­zen­den des Reprä­sen­tan­ten­hau­ses, Nancy Pelosi, zusam­men­ge­ar­bei­tet, um bewaff­ne­te Einhei­ten zum Schutz des Kapitols zu organi­sie­ren. Pence verglich die Situa­ti­on mit der Reakti­on auf die Terror­an­schlä­ge vom 11. Septem­ber 2001: «In diesem Moment gab es keine Republi­ka­ner oder Demokra­ten, sondern nur Ameri­ka­ner.» Von Trump habe er an dem Tag nichts gehört und die beiden hätten erst fünf Tage später wieder mitein­an­der gesprochen.