Randa­le, Pöbelei­en und mitun­ter auch hefti­ge Gewalt­aus­brü­che: Seit April gilt vieler­orts die Masken­pflicht. Doch nicht jeder will sie im Alltag akzep­tie­ren. Laut Polizei­ge­werk­schaf­ten beginnt die Akzep­tanz der Corona-Regeln zu schwinden.

«Nach wie vor gibt es immer noch eine hohe Akzep­tanz für die Corona-Regeln, aber wir spüren auch, dass die Stimmung beginnt, aggres­si­ver zu werden — zum Beispiel wenn wir als Polizei die Maßnah­men durch­set­zen wollen», sagte der Vize-Chef der Gewerk­schaft der Polizei (GdP), Jörg Radek, der Deutschen Presse-Agentur. «Da kommt es dann zu Wider­stand. Das fängt an mit Belei­di­gun­gen, dann wird gepöbelt, gespuckt, angehus­tet. Das alles erleben unsere Kolle­gin­nen und Kolle­gen in dieser Pandemie.»

Die Einsät­ze gingen nicht nur von sogenann­ten Masken­ver­wei­ge­rern aus. Auch Bürger, die geschützt werden wollen, hätten zuletzt ihre Schutz­rech­te stärker und zum Teil auch aggres­si­ver einge­for­dert und zum Beispiel Masken­ver­wei­ge­rer auf ihr Fehlver­hal­ten hinge­wie­sen. «Daher kommt es nun insge­samt mehr zu solchen Einsät­zen», sagte Radek — mit Zahlen belegen ließe sich dieser Trend aber nicht.

Auch der Bundes­vor­sit­zen­de der Deutschen Polizei­ge­werk­schaft (DPolG), Rainer Wendt, weist darauf hin, dass es für solche Übergrif­fe keine Statis­ti­ken gebe. «Aber es gibt immer mehr Berich­te aus der Beleg­schaft der Polizei, dass die Akzep­tanz der Corona-Regeln insge­samt abgenom­men hat und zuneh­mend offen und aggres­siv gegen Einsatz­kräf­te vorge­gan­gen wird, die die Einhal­tung der Vorschrif­ten kontrol­lie­ren und durch­set­zen sollen», sagte Wendt.

Vor allem die Masken­pflicht und das Abstands­ge­bot sorgen laut den Polizei­ge­werk­schaf­ten immer wieder für Streit. Die Masken­pflicht wurde im April von den ersten Ländern im öffent­li­chen Nahver­kehr und im Einzel­han­del einge­führt. Zuletzt wurde sie zum Teil auch auf andere öffent­li­che Berei­che mit Menschen­an­samm­lun­gen ausgeweitet.

Wie aus Meldun­gen der Landes­po­li­zei­en hervor­geht, kam es zuletzt nahezu täglich zu Ausein­an­der­set­zun­gen wegen Corona-Regeln. In einem Super­markt im sächsi­schen Zwickau schlug ein Mann kürzlich mit einer Axt um sich, als er an die Masken­pflicht erinnert wurde. In Mülheim in NRW erfass­te eine 66-Jähri­ge nach einem Super­markt-Einkauf mit ihrem Auto einen 55-Jähri­gen und verletz­te ihn leicht. Dieser hatte die Frau zuvor zum Tragen eines Mund-Nasen-Schut­zes und zum Abstand­hal­ten aufge­for­dert. Im bayri­schen Kaufbeu­ren wurden fünf Polizis­ten bei einer Kontrol­le in einer Bar leicht verletzt. Und auch im Bahnver­kehr, wo die Masken­pflicht gilt, eskalier­ten Kontrollen.

DPolG-Chef Wendt sieht einen Grund dafür in unkla­ren Regelun­gen. Die Akzep­tanz politi­scher Entschei­dun­gen nehme rapide ab, weil es der Politik nicht gelin­ge, die Sinnhaf­tig­kei­ten getrof­fe­ner Entschei­dun­gen zu erläu­tern, sagte Wendt auch mit Blick auf die Beher­ber­gungs­ver­bo­te. Aus Sicht von Radek sind es hinge­gen weniger die wider­sprüch­li­chen Regelun­gen, die für Streit sorgen. «Viele Menschen fühlen sich von den Regeln einfach genervt. Wenn dann noch Alkohol dazukommt oder gruppen­dy­na­mi­sche Prozes­se damit verbun­den werden, kann das zu weite­ren Eskala­tio­nen beitra­gen», sagte der GdP-Vize.

Für die Polizei sei die Durch­set­zung der Corona-Regeln in doppel­ter Hinsicht eine zusätz­li­che Belas­tung. Zum einen erhöhe die Gefahr von Anste­ckun­gen das ohnehin schon vorhan­de­ne Berufs­ri­si­ko. Zum anderen steige auch die Arbeits­be­las­tung, wenn die Polizei bei der Durch­set­zung des Gesund­heits­schut­zes von den Ordnungs­äm­tern vermehrt um Amtshil­fe gebeten werde. «Die Kräfte, die dann für den Gesund­heits­schutz einge­setzt werden, die fehlen dann an einer anderen Stelle», sagte Radek. Auch Wendt sieht diese Belas­tung: «Aber im Moment gibt es keine Alter­na­ti­ven zu den polizei­li­chen Kontrol­len, wenn Deutsch­land auch weiter­hin gut durch die Krise kommen will.»