BERLIN (dpa/tmn) — Für gesetz­lich Versi­cher­te gibt es gute Nachrich­ten. Mit dem Monats­wech­sel zahlen die Kassen bei mehr Behand­lun­gen — profi­tie­ren können unter anderem Krebs­pa­ti­en­ten und werden­de Mütter.

Ab 1. Juli treten einige Änderun­gen in Kraft, die gesetz­lich Kranken­ver­si­cher­te freuen dürften. Mit dem neuen Monat werden viele Behand­lun­gen zur Kassen­leis­tung. Ein Überblick:

Syste­ma­ti­sche Behand­lung bei schwe­rer Parodontitis

Menschen mit schwe­rer Parodon­ti­tis profi­tie­ren ab dem 1. Juli von einem umfang­rei­che­ren Thera­pie­an­ge­bot. Der Leistungs­ka­ta­log der gesetz­li­chen Kranken­ver­si­che­rung wird ausge­wei­tet und das heißt: Betrof­fe­ne bekom­men nun eine syste­ma­ti­sche Behand­lung, die laut Kassen­zahn­ärzt­li­cher Bundes­ver­ei­ni­gung (KZBV) dem «aktuel­len Stand wissen­schaft­li­cher Erkennt­nis­se der Zahnme­di­zin» entspricht.

Eine struk­tu­rier­te Nachsor­ge und weite­re Behand­lungs­in­hal­te werden fortan von der Kasse übernom­men. Patien­ten kommen im Nachgang also häufi­ger in die Praxis, um den Behand­lungs­er­folg kontrol­lie­ren zu lassen, so die KZBV.

Auch die «sprechen­de Zahnme­di­zin» in der Parodon­ti­ti­s­the­ra­pie finde erstmals Eingang in die Versor­gung der gesetz­li­chen Kranken­ver­si­che­rung. Das heißt, die Patien­ten bekom­men von den Zahnärz­tin­nen und Zahnärz­ten mehr Tipps und Anlei­tung zur Mundhy­gie­ne und weite­ren Punkten und sollen damit aktiver in die Thera­pie einge­bun­den werden.

Leich­te­rer Zugang zu langfris­ti­ger Physio- und Ergotherapie

Auch der Zugang zu länge­ren Physio‑, Sprach- und Ergothe­ra­pie-Maßnah­men wird ab 1. Juli für viele Patien­tin­nen und Patien­ten leich­ter. Ein langfris­ti­ger Einsatz dieser Behand­lun­gen auf Kosten der Kassen ist bei mehr Krank­hei­ten möglich als zuvor. Darauf weist der Verbrau­cher­zen­tra­le Bundes­ver­band (vzbv) hin.

Neu dazuge­kom­men sind etwa das Guillain-Barré-Syndrom — das ist eine Erkran­kung des periphe­ren Nerven­sys­tems -, die Glaskno­chen­krank­heit sowie schwe­re Verbren­nun­gen und Verätzungen.

Konkret heißt das: Eine Verord­nung kann, wenn langfris­ti­ger Bedarf besteht, künftig auch bei diesen und vier weite­ren neu dazuge­kom­me­nen Diagno­sen wieder­holt für jeweils zwölf Wochen ausge­stellt werden. Das erklärt der Gemein­sa­me Bundes­aus­schuss (G‑BA) von Ärzten, Kranken­kas­sen und Klini­ken, der die Diagno­se­lis­te in der Heilmit­tel-Richt­li­nie entspre­chend angepasst hat.

Geändert hat sich auch die Höchst­men­ge an Ergothe­ra­pie-Einhei­ten pro Verord­nung bei bestimm­ten Diagno­sen, und zwar zum Vorteil der Betrof­fe­nen: von maximal 10 auf 20. Damit können nach Angaben des vzbv Patien­tin­nen und Patien­ten mit schwe­ren chroni­schen psychi­schen Erkran­kun­gen in der Regel mit einem Arztkon­takt pro Quartal auskom­men. Eine Unter­bre­chung der Thera­pie wird dadurch vermieden.

Rhesus­fak­tor-Unter­su­chung während Schwangerschaft

Schwan­ge­re mit Rhesus-negati­ver Blutgrup­pe können den Rhesus­fak­tor ihres Ungebo­re­nen künftig schon während der Schwan­ger­schaft auf Kassen­kos­ten durch einen Bluttest bestim­men lassen. Diese Frauen vermei­den damit womög­lich eine Behand­lung mit Anti-D-Immun­glo­bu­li­nen, zu der ihnen bisher immer vorsorg­lich geraten wird.

Denn notwen­dig ist die Gabe dieser Plasma­pro­duk­te laut G‑BA nur, wenn das Kind im Bauch rhesus-positiv ist. Weil dann die Gefahr bestehe, dass sich im mütter­li­chen Blut Abwehr­stof­fe gegen den Rhesus­fak­tor des Kindes bilde­ten und dadurch dessen Entwick­lung beein­träch­tig­ten. Mögli­che Folgen seien etwa Blutar­mut oder eine schwe­re Neuge­bo­ren­gelb­sucht, erklärt die Deutsche Gesell­schaft für Trans­fu­si­ons­me­di­zin und Immun­hä­ma­to­lo­gie (DGTI).

Ist das Kind hinge­gen rhesus-negativ, ist die Gabe der Immun­glo­bu­li­ne unnötig. Doch dafür braucht man aller­dings diese Infor­ma­ti­on. Bisher wurde der Rhesus­fak­tor laut G‑BA jedoch erst nach der Geburt durch eine Analy­se des Nabel­schnur­blu­tes bestimmt.

Bei dem Verfah­ren, dass nun ab 1. Juli Kassen­leis­tung ist, wird im Labor die DNA des Kindes im mütter­li­chen Blut analy­siert und so der Rhesus­fak­tor des Ungebo­re­nen ermittelt.

Konser­vie­rung von Sperma und Eizel­len bei Krebstherapie

Eine Krebs­the­ra­pie kann manch­mal zu einem Verlust der Frucht­bar­keit führen. Um sich später dennoch einen Kinder­wunsch erfül­len zu können, kann man Spermi­en und Eizel­len vorher einfrie­ren lassen. So erhält man sich die Möglich­keit der künst­li­chen Befruchtung.

Die sogenann­te Kryokon­ser­vie­rung steht nach Angaben des G‑BA allen gesetz­lich Versi­cher­ten vor einer «poten­zi­ell keimzell­schä­di­gen­den Thera­pie» zu, also nicht nur Krebs­pa­ti­en­tin­nen und Krebspatienten.

Die Kosten für die Entnah­me und das Einfrie­ren von Eizel­len bei Frauen liegen nach Angaben der Deutschen Stiftung für junge Erwach­se­ne mit Krebs zwischen 3 500 und 4 300 Euro. Für das Einfrie­ren von Spermi­en beim Mann sind es um die 500 Euro. Dazu kämen jährli­che Lagerungs­kos­ten von rund 300 Euro.

Frauen haben bis zum vollende­ten 40. Lebens­jahr Anspruch auf die Kosten­über­nah­me, Männer bis zum vollende­ten 50. Lebens­jahr. Wichtig zu wissen: Ein rückwir­ken­der Anspruch besteht nicht. Darauf macht der Krebs­in­for­ma­ti­ons­dienst aufmerk­sam. Immer­hin: Habe man schon mit der Kryokon­ser­vie­rung begon­nen, komme die Kranken­kas­se ab 1. Juli zumin­dest für die weite­ren Kosten auf.

Von Tom Nebe, dpa