US-Präsi­dent Trump wollte 12.000 Solda­ten aus Deutsch­land abzie­hen. Sein Nachfol­ger stopp­te die Pläne. Nun hat US-Vertei­di­gungs­mi­nis­ter Austin bei seinem Deutsch­land­be­such eine Überra­schung im Gepäck.

BERLIN (dpa) — Die USA stocken im Herbst ihre Truppen in Deutsch­land um 500 Solda­ten auf. US-Vertei­di­gungs­mi­nis­ter Lloyd Austin kündig­te am Diens­tag bei seinem Antritts­be­such in Berlin an, dass sie im Raum Wiesba­den statio­niert werden sollen.

«Diese Truppen werden die Abschre­ckung und Vertei­di­gung in Europa stärken», sagte er nach einem Gespräch mit seiner Amtskol­le­gin Annegret Kramp-Karrenbauer.

Mit der Entschei­dung nimmt die Diskus­si­on über die US-Truppen­prä­senz in Deutsch­land und Europa eine überra­schen­de Wendung. Der frühe­re US-Präsi­dent Donald Trump hatte im vergan­ge­nen Sommer kurz vor seiner Abwahl noch den Abzug von rund 12.000 der knapp 35.000 US-Solda­ten in Deutsch­land geplant. Damit wollte er den wirtschafts­stärks­ten Nato-Verbün­de­ten ausdrück­lich für aus seiner Sicht unzurei­chen­de Militär­aus­ga­ben bestra­fen. Die Ankün­di­gung hatte an den betrof­fe­nen US-Stand­or­ten in Bayern, Baden-Württem­berg und Rhein­land-Pfalz bei Solda­ten, aber auch in den umlie­gen­den Gemein­den für massi­ve Verun­si­che­rung gesorgt.

Trumps Nachfol­ger Joe Biden hatte den Truppen­ab­zug kurz nach seiner Verei­di­gung im Januar bereits gestoppt. Dass nun zusätz­li­che Truppen nach Deutsch­land geschickt werden, ist aber eine große Überra­schung. Austin schlug auch beim Thema Vertei­di­gungs­aus­ga­ben einen völlig anderen Ton als die Vorgän­ger­re­gie­rung an und bedank­te sich sogar für die Fortschrit­te, die Deutsch­land gemacht hat. Außer­dem lobte er die deutsche Betei­li­gung an inter­na­tio­na­len Militär­ein­sät­zen wie in Afghanistan.

Mit der Truppen-Aufsto­ckung soll laut Austin unter anderem die Cyber-Abwehr und elektro­ni­schen Kriegs­füh­rung gestärkt werden. Aber auch die Fähig­keit, kurzfris­tig Truppen zur Vertei­di­gung der europäi­schen Verbün­de­ten zu verle­gen, werde «erheb­lich verbes­sert». Die Solda­ten würden nach Deutsch­land geschickt, um Konflik­te zu verhin­dern, «und wenn nötig, um zu kämpfen und zu siegen», sagte Austin.

Kramp-Karren­bau­er sprach von einem sehr «starken Zeichen auch der Verbun­den­heit». Man werde alles dafür tun, dass die Solda­ten und ihre Famili­en vorüber­ge­hend eine gute zweite Heimat in Deutsch­land finden. Die deutsche Vertei­di­gungs­mi­nis­te­rin erwider­te Austins Truppen-Entschei­dung durch Entge­gen­kom­men an anderer Stelle.

Im Streit um die Gas-Pipeline Nord Stream 2 zeigte sich die CDU-Politi­ke­rin offen für einen vorüber­ge­hen­den Baustopp. Zur Frage, ob ein solches Morato­ri­um Sinn machen könnte, sagte sie: «Diese Frage kann man sich stellen.» Für den Fall, dass die Pipeline zwischen Russland und Deutsch­land durch die Ostsee fertig­ge­stellt werden sollte, sprach Kramp-Karren­bau­er sich dafür aus, sie vom Verhal­ten Russlands abhän­gig zu machen.

Nord Stream 2 zählt seit Jahren zu den Haupt­streit­punk­ten in den deutsch-ameri­ka­ni­schen Bezie­hun­gen. Daran hat auch der Regie­rungs­wech­sel in Washing­ton Anfang des Jahres nichts geändert. Die USA befürch­ten eine zu starke Abhän­gig­keit Europas von russi­schem Gas und wollen das Projekt mit Sanktio­nen stoppen. Befür­wor­ter der Pipeline halten den Ameri­ka­nern entge­gen, sie seien nur auf besse­re Absatz­chan­cen für ihr Flüssig­gas in Europa aus.

Die Bundes­re­gie­rung hat immer darauf verwie­sen, dass es sich um ein wirtschaft­li­ches Projekt handelt, und ein Eingrei­fen angelehnt. Nun gerät sie aber immer stärker unter Druck, auch osteu­ro­päi­sche Staaten wie Polen und die balti­schen Länder lehnen die Pipeline ab. Austin machte aber klar, dass er den Neustart in den deutsch-ameri­ka­ni­schen Bezie­hun­gen nach der Ära Trump nicht von dem Streit um Nord Stream beein­träch­ti­gen lassen will. «Wir werden nicht zulas­sen, dass dieses Problem den hervor­ra­gen­den Bezie­hun­gen, die wir mit Deutsch­land haben, im Wege steht», sagte er.

Mit Austin besucht erstmals ein Minis­ter der Regie­rung Bidens Deutsch­land. Nach seinen politi­schen Gesprä­chen in Berlin wollte er noch in Stutt­gart Stati­on machen. Dort sind die US-Komman­do­zen­tra­len für die Truppen in Europa und Afrika statio­niert, die Trump eigent­lich in andere europäi­sche Länder verle­gen wollte.

Von Micha­el Fischer, dpa