BERLIN (dpa) — Beim Klima­schutz muss eine Regie­rung aus SPD, Grünen und FDP liefern. Die Grünen haben das schließ­lich zur Bedin­gung für ihre Betei­li­gung gemacht. Und diese Bedin­gung sehen sie offen­bar erfüllt.

Die Grünen zeigen sich zufrie­den mit den Abspra­chen der künfti­gen Ampel-Koali­ti­on zur Klimapolitik.

Im Koali­ti­ons­ver­trag mit SPD und FDP solle deutlich werden, dass Klima­schutz sich als Querschnitts­the­ma durch alle Berei­che ziehen werde — von Verkehr über Indus­trie, Bauen und Wohnen hin zur Landwirt­schaft, hieß es gegen­über der Deutschen Presse-Agentur aus der Partei.

Nach Jahren des Still­stands werde eine «neue Dynamik» in Gang gebracht um Deutsch­land auf den 1,5‑Grad-Pfad zu bringen. «Das war für die Grünen unabding­bar.» Gemeint ist das im Pariser Klima­ab­kom­men veran­ker­te Ziel, die Erder­wär­mung möglichst auf 1,5 Grad im Vergleich zur vorin­dus­tri­el­len Zeit zu begrenzen.

Auf der Zielgeraden

Die Koali­ti­ons­ver­hand­lun­gen biegen derweil auf die Zielge­ra­de. Die Bundes­tags­ab­ge­ord­ne­ten Kevin Kühnert (SPD) und Stefan Gelbhaar (Grüne) sagten auf einer Verbands­ta­gung am Diens­tag, der Vertrag könne «voraus­sicht­lich morgen», also am Mittwoch, vorge­legt werden.

Nach Darstel­lung grüner Verhand­lungs­krei­se soll darin der massi­ve Ausbau erneu­er­ba­rer Energien aus Wind und Sonne festge­legt werden, um so einen schnel­le­ren Kohle­aus­stieg zu errei­chen — de facto für das Jahr 2030. Bisher soll die klima­schäd­li­che Kohle­ver­stro­mung in Deutsch­land bis spätes­tens 2038 beendet werden. Für den Struk­tur­wan­del in den Kohle­re­gio­nen wurden Milli­ar­den­hil­fen beschlossen.

Durch den Ausbau der erneu­er­ba­ren Energien soll deren Anteil am Strom­ver­brauch laut grünen Verhand­lungs­krei­sen auf 80 Prozent im Jahr 2030 klettern. Gelin­gen soll das mit schnel­le­ren Planungs- und Geneh­mi­gungs­ver­fah­ren und einer Solar­pflicht. Zwei Prozent der Landes­flä­che sollen für den Ausbau der Windener­gie an Land zur Verfü­gung stehen, die Kapazi­tä­ten für Windener­gie auf See auf mindes­tens 30 Gigawatt bis 2030 angeho­ben werden. 2030 sollen 50 Prozent der Wärme klima­neu­tral erzeugt werden.

Höher gesteck­tes Ziel

Bisher ist das Ziel der Politik, den Anteil des Ökostroms am Strom­ver­brauch auf 65 Prozent bis 2030 anzuhe­ben. Im vergan­ge­nen Jahr hatten die erneu­er­ba­ren Energien laut Branchen­an­ga­ben einen Anteil von rund 45 Prozent. Bei den Kapazi­tä­ten für Windener­gie auf See ist bisher bis 2030 eine Leistung von 20 Gigawatt geplant — das neue Ziel der Ampel wäre also eine deutli­che Erhöhung.

Beim Ausbau der Windkraft gibt es bisher viele Hemmnis­se. Dazu gehören zu wenig Fläche, lange Planungs­ver­fah­ren, viele Klagen sowie Konflik­te mit dem Arten- und Natur­schutz. Das Ziel von zwei Prozent der Landes­flä­che wird bisher bei weitem nicht erreicht. Wie aus einem im Oktober vorge­leg­ten Bericht eines Bund-Länder-Koope­ra­ti­ons­aus­schus­ses hervor­ging, lag zum Stich­tag 31. Dezem­ber 2020 bundes­weit eine rechts­wirk­sam ausge­wie­se­ne Fläche für die Windener­gie an Land von 0,70 bis 0,85 Prozent vor. Planungs­ver­fah­ren dauern laut einigen Länder­be­rich­ten aktuell mindes­tens fünf, teilwei­se aber auch zwölf Jahre.

Aus für Verbrenner

Darüber hinaus will eine künfti­ge Ampel-Regie­rung nach Angaben grüner Verhand­lungs­krei­se bis 2030 mindes­tens 15 Millio­nen vollelek­tri­sche Pkw auf deutsche Straßen bringen. In rund zehn Jahren solle es in Deutsch­land keine Zulas­sun­gen für fossi­le Verbren­nungs­mo­to­ren mehr geben. Wörtlich heißt es demnach in der entspre­chen­den Passa­ge: «Gemäß den Vorschlä­gen der Europäi­schen Kommis­si­on werden im Verkehrs­be­reich in Europa 2035 nur noch CO2-neutra­le Fahrzeu­ge zugelas­sen — entspre­chend früher wirkt sich dies in Deutsch­land aus.» Für Deutsch­land wirke sich dies Anfang der 2030er Jahre aus.

Politi­sche Zielvor­ga­ben für die Zahl von E‑Autos auf deutschen Straßen gibt es bisher nicht. Das Umwelt­bun­des­amt hält bis 2030 einen Bestand von rund 16 Millio­nen Elektro-Fahrzeu­gen für erfor­der­lich, um das Klima­schutz­ziel im Klima­schutz­ge­setz zu errei­chen, wie es in einem kürzlich vorge­leg­ten Konzept heißt. Dieses sieht zahlrei­che Vorschlä­ge vor, damit Klima­zie­le im Verkehr erreicht werden können.

«Der Verkehr steuert beim Klima­schutz in die falsche Richtung», hatte der Präsi­dent des Umwelt­bun­des­amts, Dirk Messner, der dpa gesagt. «Ohne massi­ve Anstren­gun­gen auch dort wird es insge­samt nichts mit dem Klima­schutz.» Verkehr sei einer der größten Verur­sa­cher von Treib­haus­ga­sen in Deutsch­land — und der Verkehrs­sek­tor der einzi­ge Bereich, der seine Treib­haus­gas-Emissio­nen gegen­über 1990 nicht gemin­dert habe.