BERLIN (dpa) — In der Union tobt ein Macht­kampf um die K‑Frage. Anders bei den Grünen: Baerbock und Habeck machen die Sache ohne öffent­li­che Debat­te unter sich aus. Partei-Grande Trittin äußert sich vorab diplomatisch.

Annale­na Baerbock oder Robert Habeck? Nach monate­lan­gen Speku­la­tio­nen werden die Grünen am Montag die Frage beant­wor­ten, wer die Partei als Kanzler­kan­di­dat oder Kanzler­kan­di­da­tin in die Bundes­tags­wahl führen soll.

Der Partei­vor­stand wird einen der beiden Vorsit­zen­den für den Spitzen­pos­ten nominie­ren. Vorher wollten sich Baerbock und Habeck unter­ein­an­der einigen. Die endgül­ti­ge Entschei­dung fällt dann auf dem Grünen-Partei­tag vom 11. bis 13. Juni. Die Zustim­mung gilt aber als sicher — egal wie die Nominie­rung ausfällt.

Die Grünen haben sich angesichts der seit 2018 hohen Umfra­ge­wer­te erstmals für eine Kanzler­kan­di­da­tur entschie­den. Derzeit sind sie mit mehr als 20 Prozent zweit­stärks­te Kraft hinter der CDU/CSU und vor der SPD.

Anders als bei CDU und CSU hat es bei den Grünen keine größe­ren öffent­li­che Diskus­sio­nen über die Kandi­da­ten­kür geben, was sehr ungewöhn­lich für die einst so streit­lus­ti­ge Partei ist. Auf Partei­li­nie äußer­te sich am Montag auch der ehema­li­ge Vorsit­zen­de der Grünen, Jürgen Trittin. Er hält sowohl Baerbock als auch Habeck für geeig­ne­te Kanzlerkandidaten.

«Wir haben den Luxus einer guten Auswahl und wir können mit beiden Ergeb­nis­sen gut leben», sagte der ehema­li­ge Umwelt­mi­nis­ter im ZDF-«Morgenmagazin». Zu Kritik an Baerbock, dass sie weder im Bund noch auf Landes­ebe­ne Regie­rungs­er­fah­rung habe, sagte Trittin: «Ich habe in meiner politi­schen Geschich­te eigene Erfah­run­gen gemacht, mit einer Regie­rungs­er­fah­rung, um dann festzu­stel­len, dass man im Amt des Bundes­mi­nis­ters gehörig dazuler­nen muss».

In Umfra­gen lag die 40-jähri­ge Baerbock bei den Sympa­thie­wer­ten bisher hinter dem 51-jähri­gen Habeck, hat in den vergan­ge­nen Monaten aber aufge­holt. Habeck hat als Agrar­mi­nis­ter und Vize-Minis­ter­prä­si­dent schon Regie­rungs­er­fah­rung in Schles­wig-Holstein gesam­melt. Das hat Baerbock nicht, gilt dafür als inhalt­lich stärker.

Sie wäre bei der 20. Bundes­tags­wahl seit 1949 erst die zweite Frau nach Angela Merkel, die sich für das höchs­te Regie­rungs­amt bewirbt. Die SPD zieht mit Finanz­mi­nis­ter und Vizekanz­ler Olaf Scholz in die Wahl am 26. Septem­ber, die Union muss sich noch zwischen den Vorsit­zen­den von CDU und CSU entschei­den, Armin Laschet und Markus Söder.

Baerbock und Habeck waren am Samstag von ihren Heimat­ver­bän­den für die Bundes­tags­wahl nominiert worden. Die Branden­bur­ger Grünen machten Baerbock mit 106 von 109 Delegier­ten­stim­men auf einem Landes­par­tei­tag zu ihrer Spitzen­kan­di­da­tin. Robert Habeck wurde von den Kreis­ver­bän­den Flens­burg und Schles­wig-Flens­burg im Norden Schles­wig-Holsteins mit 72 von 73 Stimmen als Direkt­kan­di­dat nominiert. Auf der Landes­lis­te tritt er auf Platz 2 an.

In seiner Rede machte Habeck den Macht­an­spruch der Grünen noch einmal deutlich. «Ich will die Grünen in die Regie­rung führen», sagte er. Deutsch­land sei zu lange nicht von den Grünen regiert worden. «Das war nicht gut.» Ähnlich kämpfe­risch gab sich Baerbock: «Wir fordern die Union heraus», sagte die 40-Jähri­ge. «In diesem Jahr ist alles möglich, in diesem Jahr ist alles drin.»

Die Grünen waren nur einmal auf Bundes­ebe­ne an der Macht: Zwischen 1998 und 2005 als Junior­part­ner in einer rot-grünen Koali­ti­on unter SPD-Kanzler Gerhard Schröder.

Grünen-Geschäfts­füh­rer Micha­el Kellner hat nun als Wahlziel ausge­ge­ben, dass die Grünen das Kanzler­amt erobern. «Wir wollen das Land in die Zukunft führen. Darum kämpfen wir für das histo­risch beste grüne Ergeb­nis aller Zeiten und die Führung der nächsten Bundes­re­gie­rung.» Ihr bisher bestes Ergeb­nis bei einer Bundes­tags­wahl erziel­ten die Grünen 2009 mit 10,7 Prozent, bei der letzten Wahl 2017 kamen sie nur auf 8,9 Prozent.