BÜHL (dpa/lsw) — Bühl nennt sich seit einer halben Ewigkeit «Zwetsch­ge­n­stadt». Doch um den Titel auch aufs Ortsein­gangs­schild schrei­ben zu dürfen, bedarf es eines offizi­el­len Antrags. Der Gemein­de­rat entschied sich im ersten Anlauf dagegen — und hatte offen­bar nicht mit den Bürgern gerechnet.

Der Gemein­de­rat von Bühl nimmt am heuti­gen Mittwoch einen neuen Anlauf zur Frage, ob die Kommu­ne im Landkreis Rastatt den offizi­el­len Titel «Zwetsch­ge­n­stadt» beantragt. Oberbür­ger­meis­ter Hubert Schnurr (partei­los) will in der Sitzung (ab 18.00 Uhr) eine entspre­chen­de Vorla­ge zur Abstim­mung geben. In einem ersten Durch­lauf Ende Juni hatten drei Stimmen gefehlt. Darauf­hin starte­ten Bürger eine Unter­schrif­ten­samm­lung für ein Bürger­be­geh­ren, die eine deutli­che Zustim­mung zeigte. Um die hohen Kosten für einen nun mögli­chen Bürger­ent­scheid zu sparen, könnte der Gemein­de­rat den Antrag beschlie­ßen. Beobach­ter gehen davon aus, dass das so passiert.

Ende Septem­ber hatten die Initia­to­ren des Bürger­be­geh­rens 3354 Unter­schrif­ten überge­ben. 2985 davon wurden laut der Vorla­ge bei einer Überprü­fung bestä­tigt — deutlich mehr als die 1683 Stimmen, die nötig gewesen wären. In der nun anste­hen­den Abstim­mung wären bei derzeit 25 Stadt­rä­tin­nen und Stadt­rä­ten 20 Ja-Stimmen notwen­dig. «Sofern diese Mehrheit zustan­de kommt, entfällt der Bürger­ent­scheid und die Verwal­tung wird die Geneh­mi­gung zur Führung dieser Zusatz­be­zeich­nung über das Regie­rungs­prä­si­di­um beim Innen­mi­nis­te­ri­um beantra­gen», heißt es in der Vorla­ge des Oberbürgermeisters.

Im anderen Fall müsste der Gemein­de­rat am 16. Novem­ber über die Zuläs­sig­keit des Bürger­be­geh­rens entschei­den. «Angesichts des klaren Ergeb­nis­ses der Unter­schrif­ten­prü­fung durch das Bürger­amt gibt es keinen Grund, die Zuläs­sig­keit des Bürger­be­geh­rens abzulehnen.»

Micha­el Vetter, Mitin­itia­tor des Bürger­be­geh­rens, war nach eigenen Worten überrascht von der positi­ven Resonanz und dem Zuspruch auch weit über die Stadt­gren­zen hinaus. Es habe nur verein­zelt Kommen­ta­re nach dem Motto gegeben, ob es keine anderen Proble­me gebe, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. «Wir haben schon einen Nerv getrof­fen.» Vetter sieht darin einen Erfolg der Bevöl­ke­rung. «Der Stadt­rat bekommt die Chance, eine Fehlein­schät­zung zu korrigieren.»

Bühl bezeich­net sich schon lange als Heimat der Zwetsch­ge. Um 1840 wurde die Bühler Frühzwetsch­ge laut Stadt entdeckt. Der Frucht zu Ehren wird seit 1927 das Zwetsch­ge­n­fest als Ernte­dank­fest gefei­ert. Eine Zwetsch­ge­n­kö­ni­gin reprä­sen­tiert die blaue Frucht in der Region.

Der baden-württem­ber­gi­sche Landtag hatte Ende 2020 die bis dato zurück­hal­ten­de Praxis bei Zusatz­be­zeich­nun­gen für Kommu­nen gelockert. Für die Gemein­den im Südwes­ten ist es seither viel leich­ter möglich, neben dem Gemein­de­na­men eine sonsti­ge Bezeich­nung zu führen. Vorher war das vor allem Kuror­ten, die den Zusatz «Bad» bekom­men konnten, und Univer­si­täts­städ­ten vorbehalten.

Seit diesem Jahr darf sich beispiels­wei­se Calw ganz offizi­ell als «Hermann-Hesse-Stadt» bezeich­nen. Markgrö­nin­gen (Landkreis Ludwigs­burg) trägt den Titel «Schäfer­lauf­stadt» und Furtwan­gen im Schwarz­wald (Schwarz­wald-Baar-Kreis) das Prädi­kat «Donau­quell­stadt».