MÜNCHEN (dpa) — Auf den nächs­ten Finanz­mi­nis­ter kommt nach der Bundes­tags­wahl Arbeit zu: Denn nach der gelten­den Praxis dürften viele Rentner in den nächs­ten Jahren zu hoch besteu­ert werden, warnt der Bundesfinanzhof.

Der Bundes­fi­nanz­hof sieht in den kommen­den Jahren eine überhöh­te Steuer­last auf viele Rentner in Deutsch­land zukom­men. Auf diese Gefahr weist der X. Senat in einem am Montag verkün­de­ten Urteil hin.

Nach Einschät­zung des höchs­ten deutschen Finanz­ge­richts dürfen weder der Grund­frei­be­trag noch Kranken- und Pflege­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge in die Berech­nung des steuer­frei­en Anteils der Rente mit einbe­zo­gen werden.

Unmit­tel­ba­re Auswir­kun­gen hat dies nicht, in der Zukunft könnten diese jedoch groß sein. Denn der Bundes­fi­nanz­hof legt dem Bundes­fi­nanz­mi­nis­te­ri­um damit eine Änderung der bishe­ri­gen Praxis bei der Renten­be­steue­rung nahe. Der Grund­frei­be­trag diene der Absiche­rung des Existenz­mi­ni­mums und dürfe nicht noch ein zweites Mal als steuer­frei­er Renten­be­zug heran­ge­zo­gen werden. «Unsere Antwort lautet nein,» sagte die Senats­vor­sit­zen­de Förster zu dieser Frage, die unter Steuer­recht­le­rin seit bald 20 Jahren disku­tiert wird.

Seit 2005 läuft eine schritt­wei­se Umstel­lung der Renten­be­steue­rung, die erst 2040 abgeschlos­sen sein soll. Vor 2005 wurden «vorge­la­gert» die Renten­bei­trä­ge der Arbeit­neh­mer besteu­ert, seither läuft die Umstel­lung auf eine «nachge­la­ger­te» Besteue­rung der ausge­zahl­ten Rente, analog zu den Beamten­pen­sio­nen. Daran hat der Bundes­fi­nanz­hof nichts Grund­sätz­li­ches auszu­set­zen: «Die Übergangs­re­ge­lung verstößt nicht gegen den Gleich­heits­grund­satz», sagte Förster dazu.

Strit­tig ist jedoch die konkre­te Ausge­stal­tung der 35-jähri­gen Übergangs­pha­se. In dieser Hinsicht hat der Bundes­fi­nanz­hof nun steuer­li­ches Neuland betre­ten. In dieser Zeit steigt schritt­wei­se die Besteue­rung der ausge­zahl­ten Rente, während die Steuer­last der Renten­bei­trä­ge während des Arbeits­le­bens sinkt. Diese werden ab 2025 vollstän­dig steuer­be­freit sein, die ausbe­zahl­ten Renten müssen ab 2040 voll versteu­ert werden.

Doch die Beiträ­ge werden zuvor nur 15 Jahre lang voll absetz­bar sein. Da ein Arbeits­le­ben norma­ler­wei­se sehr viel länger dauert als 15 Jahre, argumen­tie­ren Kriti­ker seit Jahren, dass sich allein aus dieser Tatsa­che eine verbo­te­ne doppel­te Besteue­rung von Renten und Beiträ­gen ergebe.

Das vom Bundes­ver­fas­sungs­ge­richt vorge­ge­be­ne Verbot der doppel­ten Besteue­rung bedeu­tet, dass jeder Rentner mindes­tens so viel Rente steuer­frei erhal­ten muss wie er zuvor an Beiträ­gen aus versteu­er­tem Einkom­men einge­zahlt hat. Und nach den Berech­nungs­pa­ra­me­tern des Bundes­fi­nanz­hofs wird das künftig für viele Rentner nicht mehr gewähr­leis­tet sein, wie die Senats­vor­sit­zen­de Förster erläuterte.

Im konkre­ten Einzel­fall schei­ter­te jedoch der Kläger, ein ehema­li­ger Steuer­be­ra­ter aus Baden-Württem­berg. Ihn persön­lich trifft nach Einschät­zung des BFH keine doppel­te Besteue­rung. Der Senat wollte am späten Montag­vor­mit­tag noch ein zweites Urteil in einem Renten­fall verkünden.