BERLIN (dpa) — Fürs Heizen und Autofah­ren mussten die Bürger zuletzt kräftig drauf­zah­len. Der Bundes­tag beschließt mehre­re Entlas­tun­gen — doch einiges davon wird erst mit der nächs­ten Steuer­erklä­rung spürbar.

Wegen der hohen Preise beim Heizen, Autofah­ren und im Super­markt hat die Bundes­re­gie­rung mehre­re Entlas­tungs­pa­ke­te auf den Weg gebracht — ein Teil davon ist am Donners­tag im Bundes­tag beschlos­sen worden.

Konkret geht es um milli­ar­den­schwe­re Maßnah­men, die dafür sorgen sollen, dass die Bürger weniger Steuern zahlen müssen. Beson­ders profi­tiert, wer einen langen Weg zur Arbeit hat.

Durch die Entlas­tun­gen solle die «gefühl­te Infla­ti­on» gedämpft werden, hatte Finanz­mi­nis­ter Chris­ti­an Lindner (FDP) bei der ersten Debat­te im Parla­ment bereits argumen­tiert. Jeder Bürger solle spüren, dass der Staat ihn entlas­te. Das sei wichtig, um eine gefähr­li­che Lohn-Preis-Spira­le zu verhin­dern, die die gesam­te Wirtschaft in eine Stagfla­ti­on führen könne, also einen Mix aus steigen­den Preisen, wirtschaft­li­cher Stagna­ti­on und Arbeitslosigkeit.

Der Opposi­ti­on geht das Paket angesichts der hohen Infla­ti­on aller­dings nicht weit genug. Die Union kriti­sier­te am Donners­tag, der Grund­frei­be­trag werde nicht hoch genug angeho­ben. Außer­dem komme das Geld bei den Bürgern viel zu spät an, nämlich erst nach der Steuer­erklä­rung für 2022 im kommen­den Jahr. Vor allem beim Thema kalte Progres­si­on müsse die Regie­rung aber schnel­ler handeln. So bezeich­net man eine Art schlei­chen­de Steuer­erhö­hung, wenn eine Gehalts­er­hö­hung komplett durch die Infla­ti­on aufge­fres­sen wird, aber dennoch zu einer höheren Besteue­rung führt.

Folgen­de Maßnah­men sind in dem Paket enthal­ten, das am Donners­tag­abend beschlos­sen wurde:

Grund­frei­be­trag steigt um 363 Euro

Der sogenann­te Grund­frei­be­trag bei der Einkom­men­steu­er wird von derzeit 9984 Euro auf 10.347 Euro angeho­ben. Dadurch müssen alle Steuer­pflich­ti­gen weniger Einkom­men­steu­er zahlen — und zwar rückwir­kend bereits zum 1. Januar dieses Jahres.

Der Grund­frei­be­trag ist die Grenze, ab der in Deutsch­land überhaupt erst Einkom­men­steu­er fällig wird. Hat man — nach allen Abzügen wie Werbungs­kos­ten — ein Einkom­men unter diesem Betrag, muss man keine Steuern zahlen. Kommt man darüber, zahlt man künftig für das Einkom­men ab dem 10.348. Euro Steuern.

Werbungs­kos­ten­pau­scha­le wird angehoben

Ebenfalls rückwir­kend zum 1. Januar steigt der Arbeit­neh­mer­pausch­be­trag. Das ist die sogenann­te Werbungs­kos­ten­pau­scha­le, die in der Steuer­erklä­rung automa­tisch bei allen Arbeit­neh­mern berück­sich­tigt wird, wenn sie nicht selbst höhere Werbungs­kos­ten angeben. Bisher konnte das zu versteu­ern­de Einkom­men dadurch um 1000 Euro gedrückt werden, künftig sind es 1200 Euro.

Fernpend­ler bekom­men höhere Pendlerpauschale

Wer weite­re Wege zur Arbeit hat, ist von den gestie­ge­nen Sprit­kos­ten beson­ders betrof­fen. Deshalb wird die eigent­lich erst in zwei Jahren anste­hen­de Erhöhung der Pauscha­le für Fernpend­ler auf dieses Jahr vorgezogen.

Fernpend­ler sind Bürger, die 21 oder mehr Kilome­ter zur Arbeit fahren müssen. Rückwir­kend zum 1. Januar können sie 38 Cent pro Kilome­ter anrech­nen, drei Cent mehr als bisher. Das soll aller­dings erstmal nur bis 2026 gelten.

Die Pendler­pau­scha­le ist in der Steuer­erklä­rung Teil der Werbungs­kos­ten. Fernpend­ler kommen aber in der Regel leicht über den Pauschal­be­trag, profi­tie­ren von der Erhöhung also direkt. Wer weniger weit pendeln müsse, werde über eine höhere Werbungs­kos­ten­pau­scha­le ebenfalls entlas­tet, betont die Koali­ti­on. Vor allem bei den Grünen ist die Pendler­pau­scha­le aller­dings umstrit­ten. Obwohl sie auch auf Bahn- oder Fahrrad­fahr­ten angerech­net werden kann, sehen sie darin eine Förde­rung des Autover­kehrs. Die Koali­ti­on verab­re­de­te daher, die Pauscha­le noch in dieser Legis­la­tur­pe­ri­ode neu zu ordnen und ökolo­gisch-sozia­le Belan­ge besser zu berücksichtigen.

Was das den Staat kostet

Finanz­mi­nis­ter Lindner wird wegen der steuer­li­chen Entlas­tun­gen allein im laufen­den Jahr Steuer­ein­nah­men von rund 4,46 Milli­ar­den Euro verlie­ren — Geld, das die Bürge­rin­nen und Bürger zusätz­lich im Porte­mon­naie haben. Bis zum Jahr 2026 summie­ren sich die Kosten auf rund 22,5 Milli­ar­den Euro.

Weite­re Entlas­tun­gen für Kinder und Erwach­se­ne mit wenig Geld

Neben den steuer­li­chen Maßnah­men beschloss der Bundes­tag auch Hilfen für Menschen mit wenig Geld, die beson­ders mit den hohen Kosten etwa beim Heizen und Fahren zu kämpfen haben. Von Armut betrof­fe­ne Kinder, Jugend­li­che und junge Erwach­se­ne bekom­men ab Juli einen Sofort­zu­schlag von monat­lich 20 Euro. Famili­en, deren Einkom­men nicht oder nur knapp ausreicht, können damit pro Kind statt 209 künftig 229 Euro im Monat vom Staat bekom­men, zusätz­lich zum Kindergeld.

Erwach­se­ne Leistungs­be­rech­tig­te, also etwa Bezie­her von Hartz IV oder Arbeits­lo­sen­geld II, erhal­ten eine Einmal­zah­lung von 200 Euro, um mit den gestie­ge­nen Lebens­hal­tungs­kos­ten klarzu­kom­men. Wer Arbeits­lo­sen­geld I erhält, bekommt einen Zuschuss von 100 Euro. Das Geld soll ebenfalls im Juli ausge­zahlt werden.

Von There­sa Münch, dpa