BERLIN (dpa) — Fried­rich Merz steht vor einem Berg von Aufga­ben, wenn er ab diesem Montag auch offizi­ell neuer CDU-Vorsit­zen­der ist. Ein erster Test werden die kommen­den Landtags­wah­len sein. Und was macht die CSU?

Die CDU gibt nach ihrem Online-Partei­tag vor gut einer Woche an diesem Montag (14.00 Uhr) das Ergeb­nis der Brief­wahl von Partei­chef Fried­rich Merz und der weite­ren CDU-Spitze bekannt.

Der 66 Jahre alte Merz war beim digita­len Treffen der 1001 Delegier­ten am 22. Januar mit 94,62 Prozent zum Vorsit­zen­den gewählt worden. Aus recht­li­chen Gründen musste das Ergeb­nis per Brief­wahl bestä­tigt werden. Mit Spannung wird erwar­tet, ob und wie stark das Resul­tat der schrift­li­chen Abstim­mung vom Online-Ergeb­nis abweicht.

Nachdem Unions­frak­ti­ons­chef Ralph Brink­haus seinen Verzicht auf eine erneu­te Kandi­da­tur zum Vorsit­zen­den der CDU/C­SU-Abgeord­ne­ten erklärt hat, will sich Merz am 15. Febru­ar auch an die Spitze der Bundes­tags­frak­ti­on wählen lassen. Seine Wahl gilt als sicher. Brink­haus war eigent­lich bis Ende April als Frakti­ons­chef gewählt.

Merz steht vor großen Baustellen

Mit dem Rückzug von Brink­haus bleibt der CDU vor den Landtags­wah­len im Saarland im März und in Schles­wig-Holstein sowie in Nordrhein-Westfa­len im Mai ein erneu­ter Macht­kampf erspart. Dort wollen die CDU-Minis­ter­prä­si­den­ten ihre Ämter vertei­di­gen. Ob das jedoch gelingt, ist angesichts aktuel­ler Umfra­gen unklar. Merz hat die Linie vorge­ge­ben, wichtig für die CDU sei, in allen drei Ländern stärks­te Kraft zu werden. Muss er wenige Wochen, nachdem er als Partei- und Frakti­ons­chef alle Macht in der CDU auf sich vereint hat, Nieder­la­gen erklä­ren, könnte das am Image als Erneue­rer kratzen.

CDU inhalt­lich ausgebrannt

Merz galt lange Zeit als einer der schärfs­ten Kriti­ker der Politik von Langzeit-Kanzle­rin Angela Merkel (CDU). Nun muss er liefern und zeigen, dass er es besser kann — wenn auch in der Opposi­ti­on nach dem mit 24,1 Prozent histo­risch schlech­tes­ten Unions­er­geb­nis bei einer Bundes­tags­wahl. In der CDU-Spitze gibt es eine Vielzahl neuer Gesich­ter. Merz hat unter anderem angekün­digt, seine Stell­ver­tre­ter mit Themen­schwer­punk­ten zu betrau­en, in denen diese dann konkre­te inhalt­li­che Positio­nie­run­gen erarbei­ten sollen. Dem frühe­ren Chef des Wirtschafts­flü­gels der Union, Carsten Linne­mann, hat der Vorsit­zen­de die Führung der Grund­satz- und Programm­kom­mis­si­on übertragen.

Merz’ Rolle als Opposi­ti­ons­füh­rer im Bundestag

Dass Merz auch zum Frakti­ons­vor­sitz gegrif­fen hat — wie es Merkel 2002 als damali­ge CDU-Chefin auch getan hatte — dürfte vor allem mit der Wirkung des Amtes in der Öffent­lich­keit zu tun haben. So hatte er in der vergan­ge­nen Woche in einer Debat­te über die Krise zwischen Moskau und Kiew als Haupt­red­ner der Union vor allem Kanzler Olaf Scholz (SPD) angegrif­fen. Die Verei­ni­gung von Partei- und Frakti­ons­füh­rung bietet Chancen und Risiken: Zwar hat Merz so die größt­mög­li­che Bühne für eine Opposi­ti­ons­par­tei. Leistet er sich aber Patzer oder ändern sich die miesen Umfra­ge­wer­te nicht, dürfte ein Murren nicht lange auf sich warten lassen.

Der Umgang mit der AfD

In den vergan­ge­nen Jahren hatten der CDU-Führung Gedan­ken­spie­le in ostdeut­schen Landes­ver­bän­den über eine Koope­ra­ti­on mit der AfD Proble­me berei­tet. Merz hat hier einen knall­har­ten Abgren­zungs­kurs angekün­digt, wie schon seine Vorgän­ger. Deutlich gewor­den ist diese Gangart bereits, als die CDU-Spitze vergan­ge­ne Woche dem Vorsit­zen­den der erzkon­ser­va­ti­ven Werte-Union, Max Otte, die Mitglie­der­rech­te entzog und ein Ausschluss­ver­fah­ren gegen den Ökono­men einlei­te­te. Grund ist, dass er auf dem AfD-Ticket für das Amt des Bundes­prä­si­den­ten kandidiert.

Otte kündig­te am Sonntag an, sich nach seiner Kandi­da­tur bei der Bundes­ver­samm­lung am 13. Febru­ar aus der aktiven Partei­po­li­tik zurück­zu­zie­hen. Den Vorsitz der Werte-Union, die keine offizi­el­le Partei­glie­de­rung ist und nach eigenen Angaben rund 4000 Mitglie­der hat, legte er mit sofor­ti­ger Wirkung nieder. Der 57-Jähri­ge kündig­te aber an, er wolle um seine CDU-Mitglied­schaft kämpfen.

Verhält­nis zu CSU-Chef Söder?

An diesem Mittwoch und Donners­tag kommt die CSU-Landes­grup­pe im Bundes­tag in Berlin zu ihrer tradi­tio­nel­len Neujahrs­klau­sur zusam­men. Merz wie auch Söder sind einge­la­den. Mit Spannung dürfte regis­triert werden, wie harmo­nisch die beiden starken Männer der Union mitein­an­der umgehen. Der Bayer hatte nach seiner Nieder­la­ge gegen den damali­gen CDU-Chef Armin Laschet im Ringen um die Kanzler­kan­di­da­tur wieder­holt gegen den Politi­ker aus Nordrhein-Westfa­len gesti­chelt. Im Grußwort auf dem CDU-Partei­tag sagte Söder dazu: «Es tut uns leid. Und es tut mir leid. Und es muss und wird anders werden.»

Diszi­pli­nie­rend könnten die anste­hen­den Landtags­wah­len wirken. Nicht nur die CDU steht vor wichti­gen Entschei­dun­gen. In Bayern wird 2023 ein neuer Landtag gewählt. Ein anhal­ten­der Schwes­tern­streit dürfte sowohl der CDU als auch der CSU schaden.

Von Jörg Blank, dpa