Nach fast einjäh­ri­ger Verzö­ge­rung wegen der Corona-Pande­mie entschei­det die CDU am Samstag, wer neuer Partei­chef wird. Es könnte auch eine Vorent­schei­dung über die Kanzler­kan­di­da­tur werden.

Die Spitzen­gre­mi­en der CDU berei­ten an diesem Donners­tag­abend bei digita­len Beratun­gen von Präsi­di­um und Vorstand nach knapp einjäh­ri­ger Hänge­par­tie die Wahl des neuen Partei­chefs am Samstag vor.

Zunächst (19.00 Uhr) kommt die engste Partei­füh­rung um die schei­den­de Vorsit­zen­de Annegret Kramp-Karren­bau­er in einer Schalt­kon­fe­renz zusam­men. Anschlie­ßend tagt ebenfalls digital der größe­re Vorstand (20.00 Uhr). Nach den Sitzun­gen will General­se­kre­tär Paul Ziemi­ak am Abend (ca. 21.30 Uhr) die Öffent­lich­keit informieren.

Offizi­ell beginnt der Online-Partei­tag mit 1001 Delegier­ten am frühen Freitag­abend (18.00 Uhr). Dann sind unter anderem Reden von Kramp-Karren­bau­er und Ziemi­ak sowie Grußwor­te von Kanzle­rin Angela Merkel (CDU), CSU-Chef Markus Söder und EU-Kommis­si­ons­prä­si­den­tin Ursula von der Leyen geplant.

Im Partei­tags­stu­dio auf dem Berli­ner Messe­ge­län­de werden wegen der Corona-Pande­mie nur der engste Führungs­zir­kel um Kramp-Karren­bau­er und Ziemi­ak, die drei Kandi­da­ten sowie Techni­ker anwesend sein. Natio­na­le und inter­na­tio­na­le Gäste sowie Journa­lis­ten sind wegen der Pande­mie nicht zugelas­sen. Der Partei­tag soll jedoch komplett im Inter­net und im Fernse­hen übertra­gen werden. «Was fehlt, ist Emotio­na­li­tät. Partei­ta­ge leben von der Inter­ak­ti­on und Kommu­ni­ka­ti­on zwischen Redner und Publi­kum. Das ist bei einem digita­len Partei­tag schwie­rig», sagte Vorsitz­kan­di­dat Norbert Röttgen dazu der Düssel­dor­fer «Rheini­schen Post» und dem Bonner «General-Anzei­ger» (Donners­tag).

Die Wahl des neuen Partei­chefs ist für Samstag­vor­mit­tag vorge­se­hen. Die CDU will als erste Partei in Deutsch­land ihren Vorsit­zen­den online wählen. Neben Außen­po­li­ti­ker Röttgen treten NRW-Minis­ter­prä­si­dent Armin Laschet und Ex-Unions­frak­ti­ons­chef Fried­rich Merz zur Wahl an. Es wird damit gerech­net, dass keiner der Kandi­da­ten schon im ersten Wahlgang die erfor­der­li­che absolu­te Mehrheit erhält und dass direkt im Anschluss ein zweiter Wahlgang nötig wird.

Laschet gab sich kurz vor dem Partei­tag optimis­tisch. «Die Delegier­ten werden wissen, mit wem die Union die Bundes­tags­wahl am besten gewin­nen kann», sagte er dem «Kölner Stadt-Anzei­ger» (Donners­tag). «Deswe­gen bin ich mit Blick auf den Samstag zuver­sicht­lich. Die Zustim­mung wächst spürbar.»

Um die «digita­le Vorauswahl» rechts­si­cher zu machen, schließt sich nach Samstag eine Brief­wahl an. Deren Ergeb­nis soll am 22. Januar festste­hen und verkün­det werden. Laschet, Merz und Röttgen haben aber versi­chert, dass sie das Ergeb­nis der Online-Abstim­mung akzep­tie­ren werden. Sie wollen bei einer Nieder­la­ge nicht mehr zur Brief­wahl antre­ten, was rein recht­lich möglich wäre. Daher ist damit zu rechnen, dass der neue CDU-Chef am Samstag festste­hen dürfte.

Nach der Wahl des neuen Vorsit­zen­den wird bis auf General­se­kre­tär Ziemi­ak auch die komplet­te CDU-Führungs­spit­ze online neu gewählt. Laschet hat für den Fall eines Sieges angekün­digt, dass er seinen Teampart­ner, Gesund­heits­mi­nis­ter Jens Spahn, als einen von fünf stell­ver­tre­ten­den Partei­vor­sit­zen­den vorschla­gen wird.

Am Samstag sind Grußwor­te des Präsi­den­ten der Europäi­schen Volks­par­tei (EVP), Donald Tusk, von Öster­reichs Kanzler Sebas­ti­an Kurz sowie der Opposi­ti­ons­füh­re­rin von Belarus (Weißruss­land), Swetla­na Tichanows­ka­ja, geplant. Der Partei­tag soll mit einer Rede des neuen Vorsit­zen­den enden.

Die Lösung der Perso­nal­fra­ge nach der Rückzugs­an­kün­di­gung Kramp-Karren­bau­ers im Febru­ar schleppt sich wegen der Corona-Krise seit dem Frühjahr 2020 hin. Ein ursprüng­lich für Ende April anvisier­ter Sonder­par­tei­tag sowie ein Partei­tag im Dezem­ber waren wegen der Pande­mie im Einver­neh­men mit den Nachfol­ge­kan­di­da­ten abgesagt worden.

Steht der neuen CDU-Vorsit­zen­de fest, dürfte in der Union die Diskus­si­on über den richti­gen Kanzler­kan­di­da­ten noch drängen­der werden. «Wir müssen mit dem Kandi­da­ten ins Rennen gehen, der die größte Chance hat», sagte die stell­ver­tre­ten­de CDU-Vorsit­zen­de Julia Klöck­ner der dpa. Sie rief ihre Partei und die CSU zu großer Geschlos­sen­heit bei der Entschei­dung über den Kanzler­kan­di­da­ten der Union auf. «Selbst­ver­ständ­lich hat ein CDU-Vorsit­zen­der den natür­li­chen Anspruch, auch Kanzler­kan­di­dat sein zu wollen.» Sie ergänz­te jedoch: «Es kann gute Gründe für eine andere Entschei­dung geben.»

Ähnli­che Töne schlug auch Röttgen an: «Werde ich zum Partei­vor­sit­zen­den gewählt, werden wir sehr zügig und vertrau­lich zusam­men­kom­men und zu gegebe­ner Zeit einen Vorschlag machen, welcher Kandi­dat für die Unions­par­tei­en die besten Chancen bei den Wähle­rin­nen und Wählern hat», sagte er der «Rheini­schen Post» und dem «General-Anzei­ger». Dabei gehe es nicht um Egos, sondern um die Verant­wor­tung der Partei­vor­sit­zen­den für den Wahlsieg der Union.

In den vergan­ge­nen Monaten lag bei Umfra­gen zu diesem Thema regel­mä­ßig der CSU-Chef und bayeri­sche Minis­ter­prä­si­dent Markus Söder vorne. Söder selbst hat aller­dings bisher öffent­lich keine Ambitio­nen auf das Kanzler­amt deutlich gemacht.

Die Partei­chefs von CDU und CSU wollen nach dem CDU-Partei­tag einen Fahrplan zur Kür des Kandi­da­ten festle­gen — ein Termin für solche Beratun­gen ist öffent­lich noch nicht bekannt. In den vergan­ge­nen Wochen hat sich angedeu­tet, dass sich die Union erst nach den wichti­gen Landtags­wah­len in Baden-Württem­berg und Rhein­land-Pfalz am 14. März auf einen Kanzler­kan­di­da­ten festle­gen will.