Laschet, Merz oder Röttgen — wer wird neuer CDU-Chef? Am Abend beginnt der Bundes­par­tei­tag. Die Vorsit­zen­den­wahl ist für den Samstag geplant. Es geht um eine Richtungs­ent­schei­dung für die Union. Und mögli­cher­wei­se auch für ganz Deutschland.

Nach knapp einjäh­ri­ger Hänge­par­tie will die CDU an diesem Wochen­en­de ihre offene Führungs­fra­ge klären und einen Nachfol­ger für die Vorsit­zen­de Annegret Kramp-Karren­bau­er finden.

Dafür treten auf einem coronabe­dingt rein digita­len Bundes­par­tei­tag — eine Premie­re in Deutsch­land — NRW-Minis­ter­prä­si­dent Armin Laschet, Ex-Unions­frak­ti­ons­chef Fried­rich Merz und der Außen­po­li­ti­ker Norbert Röttgen an. Der Ausgang der Wahl gilt als völlig offen, auch weil das Verhal­ten der allein zuhau­se teilneh­men­den und abstim­men­den 1001 Delegier­ten schwer vorher­zu­se­hen ist. Mit der Wahl des CDU-Chefs dürfte in der Union rasch die Diskus­si­on über den richti­gen Kanzler­kan­di­da­ten an Schwung gewinnen.

Der Partei­tag soll am Freitag um 18 Uhr starten. Vorge­se­hen sind Reden und Grußwor­te der schei­den­den Vorsit­zen­den Kramp-Karren­bau­er, von Kanzle­rin Angela Merkel (CDU), CSU-Chef Markus Söder und der EU-Kommis­si­ons­prä­si­den­tin Ursula von der Leyen (CDU). Die Wahl ist für den Samstag­vor­mit­tag geplant. Es wird damit gerech­net, dass keiner der drei Kandi­da­ten schon im ersten Wahlgang die nötige absolu­te Mehrheit erhält. Im darauf­fol­gen­den zweiten Wahlgang reicht die einfa­che Mehrheit der abgege­be­nen gülti­gen Stimmen.

Um die «digita­le Vorauswahl» rechts­si­cher zu machen, schließt sich eine Brief­wahl an. Deren Ergeb­nis soll am 22. Januar verkün­det werden. Laschet, Merz und Röttgen haben versi­chert, dass sie das Ergeb­nis der Online-Abstim­mung akzep­tie­ren werden. Sie wollen bei einer Nieder­la­ge nicht zur Brief­wahl antre­ten, was rein recht­lich möglich wäre. Damit dürfte der neue CDU-Chef am Samstag festste­hen. CDU-General­se­kre­tär Paul Ziemi­ak hat nach eigener Aussa­ge keine Hinwei­se darauf, dass beim Partei­tag kurzfris­tig noch jemand für das Vorsit­zen­de­namt kandi­die­ren wird.

Die Lösung der Perso­nal­fra­ge nach der Rückzugs­an­kün­di­gung Kramp-Karren­bau­ers im Febru­ar schleppt sich wegen der Corona-Pande­mie seit dem Frühjahr hin. Ein ursprüng­lich für Ende April anvisier­ter Sonder­par­tei­tag sowie ein Partei­tag im Dezem­ber waren wegen der Pande­mie im Einver­neh­men mit den Nachfol­ge­kan­di­da­ten abgesagt worden.

Vor dem Partei­tag riefen führen­de CDU-Politi­ker die Partei zu Geschlos­sen­heit nach der Vorsit­zen­den­wahl auf. «Nach dem Samstag kommt der Sonntag. Dann werden wir uns alle hinter dem neuge­wähl­ten Vorsit­zen­den versam­meln und ihn als neuge­wähl­ten Vorsit­zen­den, mögli­chen Kanzler­kan­di­da­ten und mögli­chen künfti­gen Kanzler der Bundes­re­pu­blik Deutsch­land aus vollen Kräften unter­stüt­zen — solida­risch und unein­ge­schränkt», sagte CDU-Bundes­vi­ze Thomas Strobl der Deutschen Presse-Agentur in Stutt­gart. «Der Wettbe­werb um den Partei­vor­sitz ist dann beendet.» Die CDU dürfe sich im Super­wahl­jahr «nicht länger als unbedingt nötig» mit sich selbst beschäftigen.

Der saarlän­di­sche Minis­ter­prä­si­dent Tobias Hans (CDU) sagte der «Rheini­schen Post»: «Es ist wichtig, dass wir als CDU nach der Wahl geschlos­sen sind und uns hinter dem neuen Partei­vor­sit­zen­den versam­meln — egal wer von den drei Bewer­bern am Ende das Rennen macht.» Alle drei Kandi­da­ten hätten in den vergan­ge­nen Wochen gezeigt, dass sie «im Ton, Stil und Inhalt fair mitein­an­der umgehen können». Der von vielen befürch­te­te ruinö­se Wettbe­werb sei ausge­blie­ben. «Das war gut so.»

Aller­dings müssen CDU und CSU noch die Kanzler­kan­di­da­ten­fra­ge klären. In den vergan­ge­nen Monaten lag bei Umfra­gen zu diesem Thema regel­mä­ßig der CSU-Chef und bayeri­sche Minis­ter­prä­si­dent Markus Söder vorne. Söder selbst hat aller­dings bisher öffent­lich keine Ambitio­nen auf das Kanzler­amt deutlich gemacht.

Auch am Freitag blieb Söder dazu vage. Auf die Frage, unter welchen Umstän­den der Kanzler­kan­di­dat der Union aus der CSU kommen könnte, sagte er den Zeitun­gen der Funke Medien­grup­pe: «Selbst in der CDU wird disku­tiert, dass es bislang keinen gebore­nen Kandi­da­ten gibt. Wer der Richti­ge ist, hängt auch vom inhalt­li­chen Profil ab, mit dem wir in die Bundes­tags­wahl gehen wollen.»

Zuletzt hatte sich angedeu­tet, dass die Union ihren Kanzler­kan­di­da­ten erst nach den wichti­gen Landtags­wah­len in Baden-Württem­berg und Rhein­land-Pfalz am 14. März küren wird. Unions­frak­ti­ons­chef Ralph Brink­haus (CDU) hatte dem «Münch­ner Merkur» zum Zeitplan gesagt: «In den ersten ein, zwei Wochen nach Ostern sollten wir uns festge­legt haben.»

Im Partei­tags­stu­dio auf dem Berli­ner Messe­ge­län­de werden am Freitag und Samstag wegen der Corona-Pande­mie nur der engste Führungs­zir­kel um Kramp-Karren­bau­er und Ziemi­ak, die drei Kandi­da­ten sowie Techni­ker anwesend sein. Gäste und Journa­lis­ten sind wegen der Pande­mie nicht zugelas­sen. Der Partei­tag soll jedoch komplett im Inter­net und im Fernse­hen übertra­gen werden.

Nach der Wahl des neuen Vorsit­zen­den wird bis auf General­se­kre­tär Ziemi­ak auch die komplet­te CDU-Führungs­spit­ze online neu gewählt. Laschet hat für den Fall eines Sieges angekün­digt, dass er seinen Teampart­ner, Gesund­heits­mi­nis­ter Jens Spahn, als einen von fünf stell­ver­tre­ten­den Partei­vor­sit­zen­den vorschla­gen wird. Merz will die Bewer­bun­gen von drei Kandi­da­tin­nen der Jungen Union für den Bundes­vor­stand unterstützen.

CSU-Chef Söder riet der Union, auf dem Weg zur Bundes­tags­wahl am 26. Septem­ber nicht mit Merkels Politik zu brechen. Für Merkel und ihre Politik gebe es eine große Zustim­mung in Deutsch­land. Aus einer reprä­sen­ta­ti­ven Umfra­ge des Meinungs­for­schungs­in­sti­tuts Forsa im Auftrag des Redak­ti­ons­netz­werk Deutsch­land ging hervor, dass sich 60 Prozent der Bürger unter dem neuen CDU-Chef einen Kurs der Mitte wünschen. 31 Prozent hinge­gen meinten, die CDU sollte wieder mehr ihre konser­va­ti­ven Werte betonen.

Der Großteil der Deutschen hält einer weite­ren Umfra­ge zufol­ge keinen der drei Kandi­da­ten für den CDU-Vorsitz für kanzler­taug­lich. Nach dem am Freitag veröf­fent­lich­ten ZDF-«Politbarometer» sehen weniger als ein Drittel aller Befrag­ten eine Eignung von Norbert Röttgen, Fried­rich Merz oder Armin Laschet für das Kanzler­amt. Den Außen­po­li­ti­ker Röttgen und den Ex-Unions­frak­ti­ons­chef Merz halten demnach nur 29 Prozent für geeig­net, der NRW-Minis­ter­prä­si­dent Laschet ist für 28 Prozent der Umfra­ge­teil­neh­mer kanzler­fä­hig. Selbst die Anhän­ger der Union haben laut der Umfra­ge ihre Zweifel, ob einer der drei Männer für das Amt die richti­ge Wahl ist.

Mehr als die Hälfte aller Befrag­ten (54 Prozent) hält den bayeri­schen Minis­ter­prä­si­den­ten Markus Söder (CSU) für geeig­net als Bundes­kanz­ler, darauf folgt Bundes­fi­nanz­mi­nis­ter und Vizekanz­ler Olaf Scholz (SPD) mit rund 45 Prozent Zustim­mung. Etwas besser als die Partei­kol­le­gen von der CDU schnei­det Gesund­heits­mi­nis­ter Jens Spahn ab — ihn halten 32 Prozent für kanzlertauglich.