Tausen­de dicht an dicht auf der Straße, unbeküm­mer­te Party im Urlaub oder am Wochen­en­de — manche nehmen die Infek­ti­ons­ge­fahr in der Pande­mie auf die leich­te Schul­ter. Was tun? Politi­ker fordern mehr Härte.

«Wer andere absicht­lich gefähr­det, muss damit rechnen, dass dies für ihn gravie­ren­de Folgen hat», sagte Altmai­er der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. «Wir dürfen den gerade begin­nen­den Aufschwung nicht dadurch gefähr­den, dass wir einen erneu­ten Anstieg der Infek­tio­nen hinnehmen.»

Söder verlang­te in der «Bild am Sonntag», die Bahn müsse dafür sorgen, dass Fahrgäs­te sich an die Masken­pflicht halten. «Wer dagegen verstößt, muss die Konse­quen­zen tragen. Ich bin hier für höhere Bußgel­der und habe Verkehrs­mi­nis­ter Andre­as Scheu­er gebeten, darüber mit der Bahn zu sprechen.»

Bahnchef Richard Lutz sagte hinge­gen jüngst den Zeitun­gen der Funke Medien­grup­pe, man setze auf Einsicht und Kommu­ni­ka­ti­on statt auf Bußgel­der. «Überzeu­gung und Appell an die Verant­wor­tung stehen vor der Bestra­fung.» Falls das nicht wirke, hole die Bundes­po­li­zei unein­sich­ti­ge Fahrgäs­te am nächs­ten Bahnhof aus dem Zug, was aber nur selten vorkom­me. Eine Bahn-Spreche­rin sagte der dpa am Sonntag ergän­zend: «Wir behal­ten uns vor, Reisen­de im Einzel­fall von der Beför­de­rung auszuschließen.»

Viele Menschen seien im Umgang mit dem Virus leider leicht­sin­ni­ger gewor­den, so Söder weiter. «Dazu gehören auch die extre­men Locke­rer und Verschwö­rungs­theo­re­ti­ker, die alle Maßnah­men schnells­tens aufhe­ben wollten.» Jeder, der das Corona­vi­rus unter­schät­ze, sei wider­legt worden. Die zweite Welle sei praktisch doch schon da: «Sie schleicht durch Deutsch­land.» Es gelte daher, noch aufmerk­sa­mer zu sein und rasch und konse­quent zu reagie­ren. «Wir müssen damit rechnen, dass Corona mit voller Wucht wieder auf uns zukommt.»

Trotz steigen­der Infek­ti­ons­zah­len demons­trier­ten am Samstag Tausen­de Menschen in Berlin gegen die staat­li­chen Maßnah­men zur Eindäm­mung der Pande­mie. Nach Schät­zun­gen der Polizei schlos­sen sich bis zu 17.000 Menschen einem Demons­tra­ti­ons­zug an, rund 20.000 betei­lig­ten sich anschlie­ßend an einer Kundge­bung. Die Demons­tran­ten forder­ten ein Ende aller Auflagen.

Da bereits während der Demons­tra­ti­on die Hygie­ne-Regeln nicht einge­hal­ten wurden, stell­te die Polizei Straf­an­zei­ge gegen den Leiter der Versamm­lung. Der erklär­te den Demons­tra­ti­ons­zug am Nachmit­tag für beendet. Weil auch auf der anschlie­ßen­den Kundge­bung viele Demons­tran­ten weder die Abstands­re­geln einhiel­ten noch Masken trugen, begann die Polizei am frühen Abend, die Versamm­lung aufzulösen.

Die ganz große Mehrheit der Bevöl­ke­rung verhal­te sich nach wie vor außer­or­dent­lich verant­wor­tungs­voll, lobte Altmai­er, der sich noch vor dem Wochen­en­de äußer­te. «Was wir im Augen­blick an Risiko­an­stieg erleben, geht im Wesent­li­chen zurück auf das achtlo­se und manch­mal auch unver­ant­wort­li­che Fehlver­hal­ten einer sehr kleinen Zahl von Menschen», sagte der Minis­ter. «Das müssen wir wirksa­mer als bisher unter­bin­den und in Fällen, bei denen es deshalb zu Infek­tio­nen und Ausbrü­chen kommt, wirksam ahnden: Das schließt Bußgel­der und Strafen mit ein, wenn es sich um Vorsatz oder grobe Fahrläs­sig­keit handelt.»

In den Ländern gibt es unter­schied­li­che Bußgeld­ka­ta­lo­ge für Verstö­ße gegen Corona-Regeln, etwa wenn der Mindest­ab­stand nicht einge­hal­ten, im öffent­li­chen Nahver­kehr kein Mund-Nasen-Schutz getra­gen wird oder «Corona-Partys» gefei­ert werden.

«Ich plädie­re sehr dafür, dass man in Bussen und Bahnen nur zustei­gen darf, wenn man eine Schutz­mas­ke vorzei­gen kann, bezie­hungs­wei­se beim Einstei­gen eine erwirbt, sofern man die eigene verges­sen hat», sagte Altmai­er. «Wer ohne Maske Bus oder Bahn fährt, gefähr­det nicht sich selbst, sondern andere. Wenn eine Party in einer engen Keller­knei­pe unter Verstoß gegen alle Abstands- und Hygie­ne­vor­schrif­ten zum Super-Sprea­ding-Event wird, ist das keine Lappa­lie und muss notfalls auch bestraft werden.» Unter einem Super-Sprea­ding-Event versteht man eine Veran­stal­tung, bei der sich beson­ders viele Menschen infizieren.

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patien­ten­schutz, Eugen Brysch, forder­te zunächst eine konse­quen­te Durch­set­zung bestehen­der Regeln. Kommu­na­le Ordnungs­äm­ter, Landes- und Bundes­po­li­zei schau­ten weg, damit die Lagen nicht eskalier­ten. «So entste­hen rechts­freie Räume und die Ausbrei­tung des Virus nimmt an Fahrt auf. Für die Hochri­si­ko­grup­pe ist das brand­ge­fähr­lich», warnte Brysch.

Bundes­bil­dungs­mi­nis­te­rin Anja Karlic­zek (CDU) plädier­te kurz vor dem Ferien­en­de in sechs Bundes­län­dern für eine Masken­pflicht in Schul­ge­bäu­den. Es sei zwar nachvoll­zieh­bar, «wenn Länder auf Abstands­re­geln in den Schulen verzich­ten wollen, weil die räumli­chen Bedin­gun­gen ansons­ten nur einge­schränkt Präsenz­un­ter­richt zulas­sen würden», sagte sie der «Welt am Sonntag». «Dennoch wird der Präsenz­un­ter­richt nur dann funktio­nie­ren können, wenn weite­re Regelun­gen zur Hygie­ne, zum Tragen von Schutz­mas­ken sowie zum Abstand­hal­ten auf dem Schul­hof und auf den Fluren strikt einge­hal­ten werden.»

Mehre­re Bundes­län­der wie Berlin, Bayern und Baden-Württem­berg haben bereits angekün­digt, im Kampf gegen das Corona­vi­rus eine Masken­pflicht in Schul­ge­bäu­den einzu­füh­ren. Sie soll aller­dings nicht im Unter­richt gelten.