BERLIN (dpa) — Die Corona-Lage ist zurzeit relativ entspannt. Dennoch richten Politi­ker und Ärzte bereits ihre Blicke auf eine mögli­che Welle im Herbst — und formu­lie­ren konkre­te Forderungen.

Angesichts einer mögli­chen neuen Corona-Welle im Herbst hat sich der Chef des Robert Koch-Insti­tuts, Lothar Wieler, für Vorkeh­run­gen ausgesprochen.

Er forder­te einen wirksa­men gesetz­li­chen Rahmen zur Bekämp­fung des Virus. «Die gesetz­li­chen Rahmen­be­din­gun­gen müssen natür­lich stimmen», sagte er im Bayeri­schen Rundfunk mit Blick auf das Infek­ti­ons­schutz­ge­setz. Die derzeit gelten­de Fassung des Geset­zes läuft bis zum 23. Septem­ber. Die rot-grün-gelbe Bundes­re­gie­rung ringt derzeit darum, wie die Corona-Schutz­vor­ga­ben für den Herbst ausse­hen sollen.

Steigen­de Zahlen im Herbst

Wieler sagte, wohl alle Wissen­schaft­le­rin­nen und Wissen­schaft­ler, «die sich wirklich ernst­haft und fundiert, also mit Fachwis­sen, mit dieser Pande­mie befas­sen, gehen davon aus, dass im Herbst die Zahlen wieder steigen werden.» Man werde wieder steigen­de Inziden­zen sehen. «Was wir aber nicht wissen, — und das ist die große Unbekann­te — ist, welche Krank­heit wird das Virus machen.»

Der Vorsit­zen­de des Weltärz­te­bun­des, Frank Ulrich Montgo­me­ry, sagte der «Neuen Osnabrü­cker Zeitung», eine Anpas­sung des Infek­ti­ons­schutz­ge­set­zes sei nötig, «damit Eindäm­mungs­maß­nah­men einge­führt werden können, wenn die Lage ernst wird, und zwar bundes­weit einheit­lich». Als Ultima Ratio, also letztes Mittel, müsse darin «auch die Möglich­keit zu einem Lockdown veran­kert werden».

Grünen-Politi­ker fordert Masken­pflicht als Option

Der Grünen-Gesund­heits­po­li­ti­ker Janosch Dahmen sprach sich mit Blick auf den Herbst für eine Masken­pflicht als Option aus. «Die Wirksam­keit medizi­ni­scher Masken im Infek­ti­ons­schutz ist bereits hinrei­chend wissen­schaft­lich belegt. Wir sollten dieses Instru­ment für die laufen­de und zukünf­ti­ge Pande­mien nicht aus der Hand geben und deshalb eine Masken­pflicht im Infek­ti­ons­schutz­ge­setz falls erfor­der­lich weiter ermög­li­chen», sagte er der «Rheini­schen Post».

Man müsse kein Prophet sein, um weite­re Wellen schwe­rer Atemwegs­er­kran­kun­gen im kommen­den Herbst oder Winter für möglich zu halten, sagte Dahmen. Er sei zuver­sicht­lich, dass der Sachver­stän­di­gen­aus­schuss in seinem Evalu­ie­rungs­be­richt zum Infek­ti­ons­schutz­ge­setz und der Pande­mie-Exper­ten­rat der Bundes­re­gie­rung diesbe­züg­lich und gegebe­nen­falls hinsicht­lich weite­rer Maßnah­men zu einem ähnli­chen Schluss kommen werden.

Der Präsi­dent des Indus­trie­ver­bands BDI, Siegfried Russwurm, plädier­te hinge­gen dafür, Norma­li­tät einkeh­ren zu lassen. «Menschen treffen sich jetzt wieder physisch, damit gewin­nen wir ein Stück Norma­li­tät zurück. Das brauchen wir dringend», sagte Russwurm dem Redak­ti­ons­netz­werk Deutsch­land (RND/Samstag) anläss­lich der Hanno­ver Messe. «Wir sind in einer neuen Norma­li­tät. Durch die Impfun­gen ist die Wahrschein­lich­keit eines schwe­ren Verlaufs für die meisten Menschen inzwi­schen sehr gering. Aber gewis­se Krank­heits­ri­si­ken gehören zu unserem Leben. Das war auch schon vor Corona so».