BERLIN (dpa) — Manche Notauf­nah­men sind bereits zeitwei­se geschlos­sen: Die Corona-Sommer­wel­le führt zu erheb­li­chen Perso­nal­aus­fäl­len, auch in den Klini­ken. Was, wenn die erwar­te­te Herbst­wel­le noch größer wird?

Der zuneh­men­de Ausfall von Klinik­per­so­nal durch die Corona-Sommer­wel­le lässt bei Kranken­häu­sern und Medizi­nern die Besorg­nis wachsen.

«Aus allen Bundes­län­dern errei­chen uns Meldun­gen, dass einzel­ne Statio­nen und Abtei­lun­gen auch wegen Perso­nal­man­gel abgemel­det werden müssen», sagte der Vorstands­chef der Deutschen Kranken­haus­ge­sell­schaft (DKG), Gerald Gaß, dem Redak­ti­ons­netz­werk Deutsch­land. Zeitwei­se würden auch Notauf­nah­men bei den Rettungs­leit­stel­len abgemel­det. «Diese Situa­ti­on besorgt uns erheb­lich mit Blick auf den bevor­ste­hen­den Herbst.»

Infek­ti­ons­zah­len steigen

Die Infek­ti­ons­zah­len sind in den vergan­ge­nen Wochen stark gestie­gen. Das Robert Koch-Insti­tut gibt die offizi­el­le Zahl der Neuin­fek­tio­nen je 100.000 Einwoh­ner binnen sieben Tagen mit rund 687 an. Exper­ten schät­zen die tatsäch­li­che Zahl etwa doppelt so hoch, weil viele Infizier­te keinen PCR-Test mehr machen und damit nicht erfasst werden.

Der wissen­schaft­li­cher Leiter des Inten­siv­bet­ten­re­gis­ters, Chris­ti­an Karagi­ann­idis, sagte der Düssel­dor­fer «Rheini­schen Post»: «Die Inten­siv­be­le­gung steigt zwar nur moderat, aller­dings ist die Belegung für einen Sommer relativ hoch, und die zur Verfü­gung stehen­den Betten werden auf Grund des Perso­nal­man­gels immer weniger.»

Daher sei jetzt die Zeit zu nutzen, um Kapazi­tä­ten optimal zu vertei­len. «Hierzu gehören regio­na­le Netzwer­ke zur bestmög­li­chen Patien­ten­ver­tei­lung nach Versor­gungs­stu­fe. Koope­ra­ti­on, aber auch Entlas­tung des Perso­nals wird in diesem Herbst und Winter das Gebot der Stunde», sagte Karagi­ann­idis, der auch im Exper­ten­rat der Bundes­re­gie­rung sitzt.

Forde­run­gen

Eine Forde­rung nach Verkür­zung der Quaran­tä­ne­zeit wies die Deutsche Stiftung Patien­ten­schutz zurück. Der FDP-Vizevor­sit­zen­de Wolfgang Kubicki hatte eine Freites­tung per Schnell­test schon nach drei Tagen vorge­schla­gen. Bisher sind es fünf, eine Freites­tung wird ledig­lich empfoh­len, verpflich­tend ist sie nur für Klinik- und Pflegepersonal.

Dies «befeu­ert die unkon­trol­lier­te Ausbrei­tung von Corona», kriti­sier­te Stiftungs­vor­stand Eugen Brysch in den Zeitun­gen der Funke-Medien­grup­pe. «Deshalb muss die Isola­ti­ons­zeit für Corona-Positi­ve auf zehn Tage verlän­gert werden. Diese darf nur verkürzt werden, wenn ein PCR-Test negativ ausfällt.»

Die Chefin der Bildungs­ge­werk­schaft GEW, Maike Finnern, forder­te Rechts­grund­la­gen für Masken- und Testpflich­ten, um Schul­schlie­ßun­gen im Herbst zu vermei­den. «Dazu gehört die Möglich­keit einer Masken­pflicht, wenn die Infek­ti­ons­zah­len weiter stark steigen. Dazu gehört aber auch die Möglich­keit, bei hohen 7‑Tage-Inziden­zen wieder regel­mä­ßi­ge Tests in den Bildungs­ein­rich­tun­gen einzu­füh­ren», sagte sie dem RND. Man müsse alles dafür tun, erneu­te Schul- und Kitaschlie­ßun­gen zu verhindern.

Der Vorsit­zen­de des Verbands Bildung und Erzie­hung (VBE), Udo Beckmann, erwar­tet bei hohem Infek­ti­ons­ge­sche­hen wieder Schlie­ßun­gen einzel­ner Lerngrup­pen oder Schulen, wie er dem RND sagte. «Auch vor diesem Hinter­grund ist sicher­zu­stel­len, dass alle Schulen digital so ausge­stat­tet sind, dass Schüle­rin­nen und Schüler auch bei notwen­di­gem Distanz­un­ter­richt digital erreich­bar sind. Auch nach zwei Jahren Pande­mie gibt es immer noch Schulen, die ohne Breit­band­ver­bin­dung oder WLAN sind.»