BERLIN (dpa) — Mehr als ein Jahr lang konnte sich jeder regel­mä­ßig kosten­los auf Corona testen lassen. Die sogenann­ten «Bürger­tests» kosten aber so viel Geld, dass sie nun deutlich einge­schränkt werden.

Für einen Corona-Schnell­test müssen die meisten Menschen jetzt selbst zahlen.

Kosten­lo­se «Bürger­tests» an Teststel­len oder in Apothe­ken gibt es ab heute nur noch für Risiko­grup­pen, für Menschen, die mit beson­ders gefähr­de­ten Gruppen zu tun haben und für dieje­ni­gen, die sich aus medizi­ni­schen Gründen nicht impfen lassen können. Das sieht eine neue Testver­ord­nung des Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­te­ri­ums vor.

Gesund­heits­mi­nis­ter Karl Lauter­bach (SPD) und Finanz­mi­nis­ter Chris­ti­an Lindner hatten sich in der vergan­ge­nen Woche darauf verstän­digt, die «Bürger­tests» deutlich einzu­schrän­ken. Es gibt sie — mit kurzer Unter­bre­chung im vergan­ge­nen Herbst — seit dem Frühjahr 2021. Lauter­bach zufol­ge lagen die Ausga­ben dafür zuletzt bei etwa einer Milli­ar­de Euro pro Monat. «Es kann nicht alles auf Dauer vom Bund gezahlt werden, weil unsere Möglich­kei­ten an Grenzen gekom­men sind», hatte Lindner die Neure­ge­lun­gen begründet.

Bestimm­te Gruppen quali­fi­zie­ren sich

Künftig haben etwa noch Frauen im ersten Schwan­ger­schafts­drit­tel Anspruch auf einen Gratis­test, Kinder bis fünf Jahre, Haushalts­an­ge­hö­ri­ge von Infizier­ten, pflegen­de Angehö­ri­ge, Menschen mit Behin­de­rung und deren Betreu­er oder Bewoh­ner und Besucher von Pflege­hei­men, Klini­ken oder Einrich­tun­gen für Menschen mit Behinderung.

Für Tests anläss­lich von Famili­en­fei­ern, Konzer­ten und anderen Innen­ver­an­stal­tun­gen werden drei Euro Zuzah­lung fällig. Das gilt auch bei roter Corona-Warnapp oder vor priva­ten Treffen mit Menschen ab 60 oder mit Vorer­kran­kung außer­halb von Klini­ken oder Pflege­ein­rich­tun­gen. Wer einen solchen Test will, muss dann auch unter­schrei­ben, dass er zu diesem Zweck gemacht wird.

Bei den Bürgern treffen die Neure­ge­lun­gen auf ein geteil­tes Echo. 47 Prozent der Deutschen finden den Preis von drei Euro angemes­sen, 43 Prozent hinge­gen nicht, wie eine Umfra­ge des Meinungs­for­schungs­in­sti­tuts YouGov ergab. 10 Prozent machten keine Angabe.

Die Corona-Zahlen sind zuletzt wieder gestie­gen. Das Robert Koch-Insti­tut (RKI) gab die bundes­wei­te Sieben-Tage-Inzidenz am Donners­tag mit 668,6 an. Am Vortag hatte der Wert der Neuin­fek­tio­nen pro 100.000 Einwoh­ner und Woche bei 646,3 gelegen (Vorwo­che: 532,9; Vormo­nat: 189,0). Aller­dings liefert die Inzidenz kein vollstän­di­ges Bild der Infek­ti­ons­la­ge. Exper­ten gehen von einer Unter­er­fas­sung der Zahlen aus, weil nur positi­ve PCR-Tests in der Statis­tik zählen und nicht alle einen PCR-Test machen.

Gutach­ten soll neue Erkennt­nis­se liefern

Wie es mit Tests und anderen Corona-Maßnah­men im Herbst weiter­ge­hen könnte, dürfte auch von einem mit Spannung erwar­te­ten Gutach­ten abhän­gen, das an diesem Freitag in Berlin vorge­legt werden soll. Ein Sachver­stän­di­gen­rat sollte die bishe­ri­gen Schutz­maß­nah­men begut­ach­ten und bewer­ten. Aus den Ergeb­nis­sen des Berichts wolle man anschlie­ßend «so schnell wie möglich» Konse­quen­zen für die Maßnah­men im kommen­den Herbst ziehen, hatte ein Sprecher des Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­te­ri­ums am Mittwoch gesagt.

Die noch gülti­gen Corona-Bestim­mun­gen im Infek­ti­ons­schutz­ge­setz — etwa Masken­pflich­ten in Bussen und Bahnen — laufen am 23. Septem­ber aus. Eckpunk­te für das weite­re Vorge­hen sollen nach den Worten des Minis­te­ri­ums­spre­chers noch vor der parla­men­ta­ri­schen Sommer­pau­se vorge­stellt werden. Die Verab­schie­dung des überar­bei­te­ten Geset­zes ist dann nach dem Ende der Sommer­pau­se im Septem­ber vorgesehen.

Vor allem der Koali­ti­ons­part­ner FDP hatte darauf gedrun­gen, vor Anpas­sun­gen des Infek­ti­ons­schuss­ge­set­zes dieses Gutach­ten abzuwar­ten. Politi­ker von SPD und Grünen hatten dagegen mehr Tempo gefordert.