KOPENHAGEN (dpa) — Der Grund für die Druck­pro­ble­me bei den ungenutz­ten deutsch-russi­schen Ostsee-Gaspipe­lines Nord Stream 1 und 2 scheint gefun­den: Dänische Behör­den melden gleich mehre­re Lecks. Wie es dazu kam, ist unklar.

Die dänischen Behör­den haben an den Gas-Pipelines Nord Stream 1 und 2 insge­samt drei Lecks entdeckt. Es sei die Rede von zwei Lecks an Nord Stream 1 nordöst­lich der Ostsee-Insel Bornholm sowie einem an Nord Stream 2 südöst­lich der Insel, teilte die dänische Energie­be­hör­de mit. Im Falle von Nord Stream 1 befin­de sich das eine Leck in dänischen und das andere in schwe­di­schen Gewäs­sern, bei dem von Nord Stream 2 in dänischen.

Wegen der Zwischen­fäl­le bat die Behör­de das staat­li­che Unter­neh­men Energi­net, im Hinblick auf die Sicher­heit ihrer Anlagen beson­ders aufmerk­sam zu sein. Brüche in Gaslei­tun­gen kämen höchst selten vor, weshalb man Gründe dafür sehe, das sogenann­te Bereit­schafts­ni­veau im Gas- und Strom­sek­tor auf die zweit­höchs­te Stufe «orange» anzuhe­ben, schrieb die Energie­be­hör­de. Energi­net ist in Dänemark für den Gesamt­be­trieb des Strom- und Gassys­tems verantwortlich.

Da keine der Pipelines in Betrieb gewesen sei, habe keiner der Vorfäl­le derzeit eine Bedeu­tung für die Gasver­sor­gung in Europa und Dänemark. Es sei zu früh, um etwas über die Ursachen zu sagen.

In der Nacht zum Montag war zunächst in einer der beiden Röhren der nicht genutz­ten Pipeline Nord Stream 2 ein starker Druck­ab­fall festge­stellt worden. Am Montag­abend melde­te der Betrei­ber dann auch einen Druck­ab­fall in beiden Röhren von Nord Stream 1. Durch diese Pipeline liefer­te Russland bis zum 31. August Erdgas nach Deutschland.

Keine Auswir­kun­gen auf Versor­gungs­si­cher­heit in Deutschland

Bundes­wirt­schafts­mi­nis­te­ri­um (BMWK) und Bundes­netz­agen­tur hatten zuvor mitge­teilt, man stehe mitein­an­der und mit den betrof­fe­nen Behör­den im Austausch, um den Sachver­halt aufzu­klä­ren. «Aktuell kennen wir die Ursachen für den Druck­ab­fall nicht», hieß es zu den Proble­men an Nord Stream 1.

Trotz des zweiten Vorfalls inner­halb kurzer Zeit sahen BMWK und Netzagen­tur am Montag­abend keine Auswir­kun­gen auf die Versor­gungs­si­cher­heit in Deutsch­land: «Es fließt seit dem russi­schen Stopp der Liefe­run­gen Anfang Septem­ber kein Gas mehr durch Nord Stream 1. Die Speicher­stän­de steigen dennoch weiter konti­nu­ier­lich an. Sie liegen aktuell bei rund 91 Prozent.»

Auch Umwelt­ge­fah­ren wegen der Lecks bei Bornholm drohen aus Sicht der Deutschen Umwelt­hil­fe (DUH) zumin­dest kurzfris­tig nicht. Der Organi­sa­ti­on zufol­ge entspre­che Erdgas dem Treib­haus­gas Methan, welches sich teilwei­se im Wasser löse und nicht giftig sei. Selbst im Falle einer Explo­si­on unter Wasser gäbe es nur lokale Effek­te, so ein Sprecher. Schäd­lich ist Methan vor allem für das Klima.

Nord Stream 2: Pipeline könnte leerlaufen

Nord-Stream-2-Sprecher Ulrich Lissek befürch­tet bereits, dass die mit 177 Millio­nen Kubik­me­ter Gas gefüll­te Pipeline in den kommen­den Tagen leerlau­fen könnte. Zum Vergleich: Das Volumen der gesam­ten jährli­chen Trink­was­ser­ent­nah­me aus dem Boden­see entspricht laut der Boden­see-Wasser­ver­sor­gung 130 Millio­nen Kubik­me­ter. Wäre der mit 48 Milli­ar­den Kubik­me­ter Wasser gefüll­te See ein Gassee, entsprä­che dies zudem ungefähr den 55 Milli­ar­den Kubik­me­ter Erdgas, das jährlich durch beide Röhren von Nord Stream 2 hätte fließen sollen.

Während die Nord-Stream-2-Pipeline nach ihrer Fertig­stel­lung aufgrund des russi­schen Angriffs­kriegs in der Ukrai­ne nie in Betrieb genom­men wurde, sondern nur einma­lig mit Gas befüllt wurde, floss durch die Nord-Stream-1-Pipeline bis Anfang Septem­ber Gas nach Deutsch­land. Nachdem der russi­sche Staats­kon­zern Gazprom seine Liefe­run­gen durch die Röhre bereits zuvor reduziert hatte, stopp­te er diese mit dem Verweis auf einen Ölaus­tritt in der Kompres­sor­sta­ti­on Porto­wa­ja komplett.