HAMBURG/KÖLN (dpa) — Kaum etwas scheint die Deutschen so zu einen wie die Liebe zum Kaffee — und zu Kuchen. Aber bitte mit Sahne? Gerne doch! Eine Umfra­ge zeigt nun Details der Torten­lust, und ob eher Käse- oder Obstku­chen mundet.

Deutsch­land, das ist für viele Bier und Bundes­li­ga, es kann aber auch Bienen­stich und Butter­creme­tor­te bedeu­ten. Für Millio­nen Menschen sind Kaffee und Kuchen — also der Verzehr von Apfel­ku­chen, Schwarz­wäl­der Kirsch oder Frank­fur­ter Kranz, Donau­wel­le, Eiersche­cke, Marmor­ku­chen und Mohnku­chen — etwas typisch Deutsches.

Oder sagen wir besser: ein Kultur­gut im deutsch­spra­chi­gen Raum, denn auch Engadi­ner Nusstor­te aus der Schweiz oder Mehlspei­sen aus Öster­reich wie Sacher­tor­te und Linzer Torte sind Klassi­ker. Manche denken sogar, «k. u. k.» bei der frühe­ren Öster­rei­chisch-Ungari­schen Monar­chie habe für Kaffee und Kuchen gestan­den (und nicht für kaiser­lich und königlich).

Doch Süßes kann auch eine bitte­re Seite haben, etwa beim Blick auf die Figur: In einer Umfra­ge des Meinungs­for­schungs­in­sti­tuts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur geben immer­hin 18 Prozent an, seit der oft extrem bewegungs­ar­men Corona-Krise mehr Süßes zu essen. Gleich viel essen demnach 47 Prozent, weniger 26 Prozent. Der Rest macht keine Angabe oder gibt an, gar nichts Süßes zu essen.

Kaffee­kon­sum auf Rekordniveau

Die Lust auf Kaffee nahm in der Pande­mie dagegen keines­wegs ab. Bei Heißge­trän­ken dominiert laut Umfra­ge der Kaffee weit vor Tee und Kakao. Wie der Deutsche Kaffee­ver­band berich­tet, ist der ohnehin hohe Kaffee­kon­sum auf einem Rekord­ni­veau. Pro Kopf und Tag konsu­mie­ren Kaffee­trin­ker in Deutsch­land demnach im Schnitt knapp vier Tassen. Vor fünf Jahren waren es erst 3,4 Tassen.

Für 2023 erwar­tet der Kaffee­ver­band, dass für die Zuberei­tung zu Hause erstmals mehr «ganze Bohnen» verkauft werden als gemah­le­ner Röstkaf­fee. Vollau­to­ma­ten liegen im Trend, wie Holger Preibisch, Haupt­ge­schäfts­füh­rer beim Kaffee­ver­band in Hamburg, sagt. «Inzwi­schen steht in jedem dritten Haushalt ein entspre­chen­des System.»

2022 sei trotz Infla­ti­on und preis­sen­si­blen Verhal­tens ein starkes Kaffee­jahr gewesen, sagt Preibisch. Beim Kaffee­trin­ken habe es «einen klaren Trend zum Außer-Haus-Markt» gegeben, nachdem die Corona-Beschrän­kun­gen in der Gastro­no­mie wegfie­len. «Die Leute wollen endlich wieder raus aus den eigenen vier Wänden, sie wollen endlich wieder draußen Kaffee trinken» — das Comeback der Kaffeepause.

Käseku­chen oder Sahnetorte?

Während die Kaffee­lie­be also sehr deutlich ist, schei­den sich in Deutsch­land beim Thema Kuchen die Geister schon eher. Sahne- oder Butter­creme­tor­te? Obst- oder Schoko­ku­chen? Die neue reprä­sen­ta­ti­ve Umfra­ge serviert den Geschmack der Republik auf dem Silbertablett.

Die meisten Erwach­se­nen in Deutsch­land mögen demnach Käseku­chen am liebs­ten, wenn sie sich entschei­den sollen. 19 Prozent nennen ihn auf die Frage «Wenn Sie in ein Café gehen, was sagt Ihnen persön­lich am meisten zu?». Dahin­ter folgen Obstku­chen (16 Prozent), Sahne­tor­te (13 Prozent) oder auch Kuchen mit Schoko­la­de (9 Prozent), Waffeln (6 Prozent), Crêpes (5) oder schwe­re Butter­creme­tor­te (5).

Der Udo-Jürgens-Schla­ger «Aber bitte mit Sahne» aus den 70ern ist hierzu­lan­de ein Evergreen: «Sie treffen sich täglich um viertel nach drei (…) am Stamm­tisch im Eck in der Kondi­to­rei», heißt es in dem sarkas­ti­schen Hit, in dem besun­gen wird, wie der Tod nach und nach die alten Freun­din­nen Mathil­de, Ottilie, Marie und Lilia­ne absahnt.

Was wird aus der Kaffeehauskultur?

Torten­tem­pel voller Damen mit Hut sind ein Klischee — aber auch eine hübsche Erinne­rung. Die Kaffee­häu­ser alter Art, in denen Kellne­rin­nen mit Spitzen­schür­ze Kaffee servie­ren («Draußen nur Kännchen!»), sind in den letzten Jahren vieler­orts geschlos­sen worden. Doch nicht nur in Städten wie Baden-Baden, Köln oder Wiesba­den gibt es noch tradi­ti­ons­rei­che Cafés wie das «König», «Wahlen» oder «Maldaner».

Vom Kondi­to­ren­bund heißt es jedoch: «Durch die extrem gestie­ge­nen Rohstoff- und Energie­prei­se ist die Ertrags­si­tua­ti­on aufs Äußers­te gespannt.» Es bleibe schwie­rig, den Perso­nal­be­darf insbe­son­de­re im Cafébe­reich mit Fachkräf­ten abzude­cken. Fast 1,9 Milli­ar­den Euro setzte das Kondi­to­ren­hand­werk 2022 um — ähnlich viel wie vor Corona.

Eine Tortur, die Torten­lieb­ha­bern heute immer mal wieder angetan wird, ist das liegen­de Torten­stück. Bald heiße es «Schei­be Torte» statt «Stück Torte», wird das dünne­re Stück bei selbem Preis in Zeiten der Preis­stei­ge­run­gen beklagt. Unter­gang des Kuchen­lan­des — gekipp­te Stücke sind wahren Fans als Torten­tod­sün­de ein Graus.

Doch Kaffee und Kuchen wird nicht nur außer Haus verzehrt, sondern auch daheim. Millio­nen backen gern selbst. Ebenfalls Millio­nen greifen zu Tiefkühl­ku­chen. Das wohl bekann­tes­te Herstel­ler­un­ter­neh­men aus dem westfä­li­schen Mettin­gen hat es dank jahre­lan­ger Werbung geschafft, dass viele Leute den Marken­na­men zu einer Melodie aus der Oper «La Giocon­da» von Amilca­re Ponchiel­li mitsummen.

«Die Torte, an die fast alle denken, wenn sie den Namen Coppen­rath & Wiese hören, ist die Schwarz­wäl­der-Kirsch-Torte», sagt Dorothee Reier­ing-Bögge­mann, Bereichs­lei­tung Marke­ting. Seit 1976 sei sie das Aushän­ge­schild. «Bei den Verkaufs­zah­len liegt aller­dings eine andere Torte an der Spitze: die «Meister­tor­te Mandel-Bienen­stich».» Da niemand an der Kaffee­ta­fel ausge­schlos­sen werden solle, gebe es unter anderem diese Torte auch vegan, da viele immer mehr darauf achte­ten, den Anteil tieri­scher Produk­te in ihrer Ernäh­rung zu reduzieren.

Tiefkühl­ge­bäck-Markt­füh­rer Coppen­rath & Wiese, der seit acht Jahren zur Oetker-Gruppe gehört, produ­ziert nach eigenen Angaben unter anderem täglich bis zu 1,1 Millio­nen Blech­ku­chen­stü­cke, 350 000 Cheeseca­kes, 300 000 Sahne­tor­ten und mehr als 100 000 Backkuchen.

Von Gregor Tholl, dpa