STOCKHOLM (dpa) — Mit einer langen und glitzern­den Show rundet Elton John in Stock­holm seine über 300 Konzer­te währen­de Abschieds­tour­nee ab. Hat der briti­sche Popstar damit fertig?

Elton John sang, als wäre er Mitte 20 und nicht schon 76. Noch einmal «Rocket Man», noch einmal «Candle in the Wind», später dann «I’m Still Standing» gefolgt von «Croco­di­le Rock», bei dem Zehntau­sen­de fröhli­che Schwe­din­nen und Schwe­den in die Melodie mit einstimm­ten: Mit einer schil­lern­den und fast zweiein­halb­stün­di­gen Show hat der briti­sche Popstar in Stock­holm seine über 300 Konzer­te währen­de Abschieds­tour «Farewell Yellow Brick Road» beendet. Fast fünf Jahre nach dem Auftakt der mehrmals unter­bro­che­nen Tournee liefer­te der Musiker am Samstag­abend einen großen Auftritt ab, der sein letztes Tourkon­zert jemals gewesen sein dürfte.

«Guten Abend, Stock­holm! Nun … this is it», rief der 76-Jähri­ge den rund 23.000 Zuschau­ern in der Stock­hol­mer Tele2 Arena entge­gen, nachdem er den Abend mit den Songs «Bennie and the Jets» und «Philadel­phia Freedom» einge­lei­tet hatte. Stilecht in Anzügen mit reich­lich Glitzer­ele­men­ten, ebenso funkeln­den Brillen und flinken Fingern am Klavier brach­te er das Publi­kum schnell auf Tempe­ra­tur. Er nahm seine Fans mit auf eine Reise durch seine über ein halbes Jahrhun­dert währen­de Karrie­re, reihte «Tiny Dancer» an den «Border Song» und ließ sich von einer sechs­köp­fi­gen Band begleiten.

Unter­bre­chun­gen wegen Corona

Elton John hatte die Abschieds­tour­nee bereits im Septem­ber 2018 einge­läu­tet. Sie war unter anderem wegen der Corona-Pande­mie und einer Hüftver­let­zung nach einem Sturz des Musikers im Jahr 2021 mehrmals unter­bro­chen worden. Insge­samt spiel­te er über 300 Konzer­te in den USA, Europa und Austra­li­en, darun­ter knapp 20 in Deutschland.

Diese Mammut-Tour brach Rekor­de — sowohl was die Länge betrifft als auch hinsicht­lich der Einnah­men. Nach Angaben der BBC brach­te der Ticket­ver­kauf umgerech­net knapp 816 Millio­nen Euro ein. Danach wolle er kürzer treten, um mehr Zeit mit seinem Mann David Furnish und den beiden Söhnen verbrin­gen zu können, hatte er angekündigt.

Dass er weiter­hin ein großer Showman ist, das bewies Elton John in Stock­holm einmal mehr. Sein fortge­schrit­te­nes Alter merkte man ihm auf der Bühne kaum an. Nach dem Song «Levon» musste er kurz durch­schnau­fen und sich lächelnd auf den Flügel stützen, dann legte er aber direkt und mit gewohnt fester Stimme «Candle in the Wind» nach — seine ursprüng­li­che Marilyn-Monroe-Versi­on, nicht die späte­re, die er für die verstor­be­ne Prinzes­sin Diana geschrie­ben und bei deren Beerdi­gung in der Westmins­ter Abbey 1997 gesun­gen hatte.

Seine Stimme hat dabei auch nach mehr als 30 Studio­al­ben und über 4000 Auftrit­ten in mehr als 80 Ländern nicht an Pfeffer verlo­ren. Voller Energie riss der zweifa­che Oscar- und mehrfa­che Grammy-Gewin­ner das Abschieds­pu­bli­kum über die gesam­ten zweiein­halb Stunden mit und immer wieder von den Stühlen. Mehrmals ließ er sich vom Publi­kum gut gelaunt mit kräfti­gem und lang anhal­ten­dem Applaus überschüt­ten. Elton John hatte Spaß — und sein Publi­kum erst recht.

Vor der Zugabe schick­te ihm dann überra­schend ein anderer in Schwe­den weilen­der briti­scher Star Grüße nach Stock­holm: «Wir lieben dich so sehr! Frohen Ruhestand!», sagte der Coldplay-Front­mann Chris Martin, als er live von einem paral­le­len Auftritt in Göteborg zugeschal­tet wurde.

Elton John war gerührt. «Ich hatte die wunder­volls­te Karrie­re», bilan­zier­te er schließ­lich, ehe er sich mehrmals bei seinen Fans für die Unter­stüt­zung bedank­te. «Ihr seid in meinem Kopf und meinem Herzen und meiner Seele und ich danke euch so sehr.» Er bestä­tig­te, nie wieder auf Tour gehen zu werden, deute­te aber an, dass er eine «einma­li­ge Sache» in ferner Zukunft nicht ausschlie­ße. Was genau in musika­li­scher Zukunft kommt, ließ er jedoch offen — und sang statt­des­sen zum Abschluss seine 50 Jahre alte Balla­de «Goodbye Yellow Brick Road».

Speku­la­tio­nen über ein mögli­ches Comeback

Bereits am Freitag­abend hatte der Brite sein vorletz­tes Konzert in Stock­holm gegeben. Die Musik­re­zen­sen­tin der Tages­zei­tung «Dagens Nyheter», Sara Martins­son, schrieb im Anschluss mit Blick auf das Ende seiner Abschieds­tour­nee: «Möge es sich Elton John mit dem Ruhestand anders überle­gen und noch viele Jahre weitermachen.»

Ganz ähnlich sahen das auch die Fans am Abschluss­abend — aller­dings gab es unter­schied­li­che Meinun­gen dazu, ob es der Super­star eines Tages nicht doch noch einmal wissen wollen könnte. «Das dürfte wirklich das aller­letz­te Konzert sein. Ich glaube nicht, dass er in seinem Alter noch einmal zurück­kom­men wird», sagte eine langjäh­ri­ge Elton-John-Anhän­ge­rin vor der Arena. Ein junger Mann aus Finnland hielt ein Comeback dagegen durch­aus für möglich — und hätte sogar einen Vorschlag für den passen­den Ort dafür. «Ich kann mir gut vorstel­len, dass er noch einmal in Wembley auftritt. Ein großer Abschied in London, das wäre doch was!»

Das Stock­hol­mer Stadi­on verab­schie­de­te sich jeden­falls mit großem Dank von der Pople­gen­de. «Farewell Elton, farewell!», stand auf großen Anzei­ge­ta­feln an der Arena. «Danke für all deine wunder­vol­le Musik. Wir werden dich vermissen!»

Von Steffen Trumpf, dpa