Der letzte Tag ist gekom­men. 47 Jahre nach dem Eintritt in die EU bricht Großbri­tan­ni­en nun auch wirtschaft­lich mit der Staaten­ge­mein­schaft. Premier­mi­nis­ter Johnson frohlockt. In Brüssel ist die Stimmung nachdenklicher.

Es ist soweit: Großbri­tan­ni­en schließt um Mitter­nacht den Brexit endgül­tig ab. Dann endet nach einer elfmo­na­ti­gen Übergangs­pha­se seit dem EU-Austritt auch die Mitglied­schaft im EU-Binnen­markt und der Zollunion.

Zu Neujahr wird die wirtschaft­li­che Trennung von der Europäi­schen Union vollzogen.

«Das Schick­sal dieses großar­ti­gen Landes liegt jetzt fest in unseren Händen», sagte Premier­mi­nis­ter Boris Johnson. «Am 31. Dezem­ber um 23.00 Uhr (Ortszeit) beginnt ein neuer Anfang in der Geschich­te unseres Landes und eine neue Bezie­hung mit der EU als deren engster Verbün­de­ter. Endlich ist dieser Moment gekom­men, und jetzt ist die Zeit, ihn zu nutzen», sagte Johnson.

Zuvor hatte das briti­sche Parla­ment das von Johnson vorge­leg­te Ratifi­zie­rungs­ge­setz an einem Tag durch­ge­winkt. Mit der Zustim­mung von Staats­ober­haupt Königin Eliza­beth II, dem «Royal Assent», trat das Gesetz kurz darauf in Kraft. Premier Johnson wird die histo­ri­sche Stunde mit seiner Familie in seinem Amtssitz in der Londo­ner Downing Street verbringen.

Großbri­tan­ni­en war nach 47 Jahren Mitglied­schaft bereits Ende Januar 2020 aus der EU ausge­tre­ten. Das in letzter Minute mit der EU ausge­han­del­te Handels- und Partner­schafts­ab­kom­men soll nun einen harten Bruch vermei­den. Wichtigs­ter Punkt ist, dass im Waren­han­del auch künftig keine Zölle und Mengen­be­schrän­kun­gen gelten. Zudem regelt der knapp 1250 Seiten starke Vertrag viele weite­re Themen, darun­ter Fisch­fang und Zusam­men­ar­beit bei Energie, Trans­port, Justiz, Polizei.

Dennoch gibt es große Änderun­gen. So werden an den Grenzen künftig Kontrol­len nötig, weil Standards überprüft werden müssen, unter anderem bei Agrar­pro­duk­ten. Für Bürger ist die Möglich­keit des einfa­chen Umzugs vorbei. Auch die Visafrei­heit bei Reisen ist künftig zeitlich begrenzt.

Als guten Kompro­miss angesichts der schwie­ri­gen Umstän­de und langen Verhand­lun­gen wertet der Brexit-Beauf­trag­te des Europäi­schen Parla­ments, David McAllis­ter, den Handels­pakt. Der Deal sei «umfas­send, fair und ausge­wo­gen», sagte der CDU-Europa­ab­ge­ord­ne­te und Vorsit­zen­de des Auswär­ti­gen Ausschus­ses im EU-Parla­ment der «Passau­er Neuen Presse» (Donners­tag). «Unsere künfti­ge Partner­schaft mit dem Verei­nig­ten König­reich steht damit auf einer soliden und recht­lich abgesi­cher­ten Grund­la­ge, mit der Perspek­ti­ve, unsere Bezie­hun­gen weiter zu vertiefen.»

Der CSU-Europa­po­li­ti­ker Manfred Weber betrach­tet den Brexit als «Lehrstück für das Schei­tern der Populis­ten». Das Jahr 2016 sei mit dem Brexit-Referen­dum und der Wahl von US-Präsi­dent Donald Trump «der Höhepunkt des Twitter-Populis­mus» gewesen, sagte Weber der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel. «Die Menschen spüren im Jahr 2020 und ’21, dass diese Art von Politik nicht zu guten Ergeb­nis­sen führt.»

Dennoch seien EU-Staaten auch künftig nicht immun gegen Spaltungs­ten­den­zen, sagte Weber, der Frakti­ons­chef der Europäi­schen Volks­par­tei im Europa­par­la­ment ist. «Ich glaube auch, dass der Schock des Brexits jetzt tief sitzt und dass viele auch gelernt haben, wie wir mit Europa umgehen müssen, wie wir mitein­an­der umgehen müssen.»