NÜRNBERG (dpa) — In Nürnberg hat der 38. Deutsche Evange­li­sche Kirchen­tag begon­nen. So fröhlich die Atmosphä­re bei der Eröff­nung auch war — in den kommen­den Tagen werden ernst­haf­te Themen diskutiert.

Mit einem Gottes­dienst hat in Nürnberg der 38. Deutsche Evange­li­sche Kirchen­tag begon­nen. Bundes­prä­si­dent Frank-Walter Stein­mei­er rief in seiner Rede zum Zusam­men­halt auf, um der Klima­kri­se zu begeg­nen. Es sei die Frage, wie es gelin­ge, schnell zu handeln und möglichst viele Menschen mitzu­neh­men, sagte er am Mittwoch nach dem Eröff­nungs­got­tes­dienst. Das gelin­ge nur gemeinsam.

«Ich verste­he die Ungeduld, ja die Verzweif­lung vieler junger Menschen beim Klima­schutz, denn ihre Zukunft steht auf dem Spiel. Aber wir müssen Wege finden, die alle gemein­sam gehen können. Und wir müssen dafür sorgen, dass auch die Schwä­che­ren etwas zu gewin­nen haben.»

Der eine müsse des anderen Last mittra­gen. Solida­ri­tät habe Deutsch­land immer stark gemacht. Dazu seien Chris­tin­nen und Chris­ten wichtig: «Den Gesprächs­ort Kirche brauchen wir jetzt und auch in Zukunft sehr dringend.»

Bedford-Strohm: Ziele radikal verändern

Zuvor hatte der bayeri­sche Landes­bi­schof Heinrich Bedford-Strohm in seiner Predigt erklärt, die Gesell­schaft müsse ihre Ziele radikal verän­dern: «Wir werden unser Glück nicht mehr am Wachs­tum des materi­el­len Wohlstands festma­chen, sondern am Wachs­tum des Bezie­hungs­wohl­stands. Wir werden unsere Freiheit nicht mehr danach beurtei­len, wie hoch der Tacho­me­ter gehen darf, sondern dass wir uns schöp­fungs­kon­form fortbewegen.»

Rund 20.000 Menschen waren nach Schät­zun­gen der Kirchen­tags-Organi­sa­to­ren zu dem Gottes­dienst gekom­men. Ein weite­rer Eröff­nungs­got­tes­dienst wurde auf dem Kornmarkt gefei­ert, dazu versam­mel­ten sich 10.000 Menschen.

«Ja, wir wollen unser Leben neu ausrich­ten, ab jetzt. Wir wollen nicht gegen­ein­an­der leben auf der Welt, sondern mitein­an­der. Und wir wollen hoffen», sagte Bedford-Strohm weiter. Der Klima­wan­del zwinge jetzt zum Umden­ken — und zum Kämpfen. «Kämpft mit für unsere Kinder. Sie sollen klares Wasser trinken, sie sollen sich an Schmet­ter­lin­gen freuen.» Mit dem Gottes­dienst begann das mehrtä­gi­ge Glaubens­tref­fen offizi­ell. «Der Kirchen­tag ist eröff­net», sagte Kirchen­tags­prä­si­dent Thomas de Maiziè­re unter dem Applaus der Gottesdienstbesucher.

Auch Krieg in der Ukrai­ne Thema

Stein­mei­er sprach auch den russi­schen Angriffs­krieg auf die Ukrai­ne an und vertei­dig­te die Liefe­rung von Waffen an die Ukrai­ne: «Neben all den anderen Anstren­gun­gen — es ist auch Zeit für Waffen.» Es müsse ein gerech­ter Friede sein. «Wenn die Ukrai­ne ihre Vertei­di­gung einstellt, ist das das Ende der Ukrai­ne», bekräf­tig­te er. Jedoch räumte er ein, dass der Krieg viele Chris­tin­nen und Chris­ten in ein tiefes Dilem­ma stürze: «Wie ist es mit dem christ­li­chen Friedens­ge­bot verein­bar, wenn wir Waffen in ein Kriegs­ge­biet liefern?»

Auf der Presse­kon­fe­renz zum Start des Kirchen­tags hatte der bayeri­sche Minis­ter­prä­si­dent Markus Söder (CSU) eine Ablösung der Staats­leis­tun­gen für die Kirchen in Deutsch­land abgelehnt. «Ich bin gegen diese Pläne», sagte er. Er sei dagegen, die Kirche aus dem öffent­li­chen Leben zu verbannen.

Das Geld ist eine staat­li­che Gegen­leis­tung für die Enteig­nung deutscher Kirchen und Klöster Anfang des 19. Jahrhun­derts im Rahmen der Säkula­ri­sie­rung. Außer Hamburg und Bremen zahlen deshalb alle Bundes­län­der eine jährli­che Summe an die katho­li­sche und die evange­li­sche Kirche. Zuletzt waren es insge­samt rund 550 Millio­nen Euro pro Jahr.

Im Vorfeld hatte es Kritik daran gegeben, dass der Kirchen­tag, für den nach Angaben der Veran­stal­ter bis zum Beginn rund 60 000 Tickets verkauft worden waren, auch aus öffent­li­chem Geld finan­ziert wird.

Nach Angaben von Kirchen­tags-Geschäfts­füh­rer Stephan Menzel verfügt der Kirchen­tag über einen Haushalt von 20,5 Millio­nen Euro für zwei Jahre. Darin enthal­ten sind neben 5,6 Millio­nen Euro von der bayeri­schen Landes­kir­che auch 5,5 Millio­nen Euro vom Freistaat Bayern und 3 Millio­nen Euro von der Stadt Nürnberg. Dazu können noch bis zu eine Milli­on Euro an Sachleis­tun­gen kommen.

Rund 2000 Veran­stal­tun­gen sind im Rahmen des Kirchen­tags geplant — vor allem in Nürnberg, aber auch in der Nachbar­stadt Fürth. «Jetzt ist die Zeit», lautet die Losung des großen Glaubens­tref­fens, sie stammt aus dem Evange­li­um nach Markus.