BERLIN (dpa) — In Berlin ist ein Fahrzeug in eine größe­re Menschen­men­ge gefah­ren. Eine Frau stirbt. Mehre­re Menschen schwe­ben in Lebens­ge­fahr. Der Fahrer ist festge­nom­men. Einem Bericht zufol­ge handel­te er mit Vorsatz.

Auf der belieb­ten Einkaufs­mei­le nahe der Berli­ner Gedächt­nis­kir­che ist ein Auto in eine Menschen­grup­pe gefah­ren. Die Feuer­wehr spricht mittler­wei­le von sechs Menschen mit lebens­be­droh­li­chen Verletzungen.

Hinzu kämen drei Schwer­ver­letz­te sowie mehre­re Leicht­ver­letz­te, sagte ein Feuer­wehr­spre­cher vor Ort. Eine Gesamt­zahl nannte er nicht. Die getöte­te Frau war eine Lehre­rin aus Hessen, die mit einer Schul­klas­se zu Besuch in der Haupt­stadt war. Das sagte Berlins Innen­se­na­to­rin Iris Spran­ger (SPD). Bei dem Vorfall waren auch Schüler der 10. Klasse dabei. Ob Schüler verletzt wurden, war zunächst noch unklar.

Der Fahrer wurde vorläu­fig festge­nom­men. Er sei zunächst von Passan­ten festge­hal­ten worden, sagte Polizei­spre­cher Thilo Cablitz vor Ort.

Der Mann — laut Polizei ein 29 Jahre alter, in Berlin leben­der Deutsch-Armeni­er — soll um 10.26 Uhr in die Perso­nen­grup­pe gefah­ren sein. Die Polizei prüft, ob es sich um einen Unfall, einen medizi­ni­schen Notfall oder um eine vorsätz­li­che Tat handele.

Auto des Täters wird untersucht

Am Nachmit­tag ist das Europa­cen­ter zum Teil geräumt worden. Grund sei die genaue­re Unter­su­chung des Autos des Täters, das gegen­über des großen Einkaufs­zen­trums auf der anderen Seite der Tauent­zi­en­stra­ße steht. Es gehe um eine reine Vorsichts­maß­nah­me, falls sich in dem Wagen etwas Gefähr­li­ches befin­den sollte, so die Polizei.

Nach Infor­ma­tio­nen der «Bild»-Zeitung wurde in dem Auto ein Beken­ner­schrei­ben gefun­den. Das Motiv des Fahrers sei noch nicht ganz klar, aber es soll nicht politisch gewesen sein. Die Zeitung zitier­te einen Ermitt­ler: «Auf keinen Fall ein Unfall – ein Amokläu­fer, ein eiskal­ter Killer.» Eine Polizei­spre­che­rin bestä­tig­te das zunächst nicht.

Erinne­run­gen an das Breitscheid-Attentat

Der Mann fuhr seinen Renault-Klein­wa­gen an der Straßen­ecke Ku’damm und Ranke­stra­ße auf den Bürger­steig des Ku’damms und in eine Menschen­grup­pe. Dann fuhr er auf die Kreuzung und knapp 200 Meter weiter auf der Tauent­zi­en­stra­ße Richtung Osten. Kurz vor der Ecke Marbur­ger Straße lenkte er den Wagen erneut von der Straße auf den Bürger­steig, touchier­te ein anderes Auto, überquer­te die Marbur­ger Straße und lande­te im Schau­fens­ter eines Parfümerie-Geschäfts.

Nahe der Kreuzung Kurfürs­ten­damm, Ranke­stra­ße und Tauent­zi­en­stra­ße lag nach dem Vorfall eine abgedeck­te Leiche. Eine Spreche­rin der Parfü­me­rie-Kette Douglas bestä­tig­te den Unfall. Es habe im Geschäft keine Verletz­ten gegeben.

Der Unfall­ort befin­det sich unweit der Gedächt­nis­kir­che am Breit­scheid­platz in Berlin-Charlot­ten­burg. Dort war im Dezem­ber 2016 ein 

130 Rettungs­kräf­te im Einsatz

Berlins Regie­ren­de Bürger­meis­te­rin Franzis­ka Giffey (SPD) sagte den Betrof­fe­nen Unter­stüt­zung zu. «Wir werden alles dafür tun, den Betrof­fe­nen zu helfen.» Ebenso werde alles dafür getan, den Hergang aufzu­klä­ren. «Wir wissen, dass wir eine Tote und zehn Schwer­ver­letz­te haben.»

Sie wollte sich am Nachmit­tag auch ein Bild von der Lage vor Ort machen. «Jetzt ist es erstmal wichtig, dass die Verletz­ten versorgt werden.» Zudem brauch­ten die Angehö­ri­gen, die unter Schock stünden, Hilfe und Beistand.

Am Mittwoch­vor­mit­tag war die Polizei nach eigenen Angaben mit circa 130 Kräften im Einsatz, mit einem Hubschrau­ber verschaff­ten sich die Beamten einen Überblick aus der Luft. Das Areal war großflä­chig abgesperrt. Es waren mehre­re Kranken­wa­gen und Polizei­au­tos vor Ort. Die Polizei rief die Menschen dazu auf, keine Bilder vom tödli­chen Vorfall an der Einkaufs­stra­ße im Inter­net zu posten.

Zwei Stunden nach dem tödli­chen Vorfall machte sich Polizei­prä­si­den­tin Barba­ra Slowik vor Ort einen Eindruck von dem Gesche­hen. Slowik sprach mit Polizis­ten und ließ sich den Ablauf schildern.

Bundes­re­gie­rung drückt Mitge­fühl aus

Die Bundes­re­gie­rung hat ihr Mitge­fühl ausge­drückt. Die Regie­rung sei «sehr betrof­fen und erschüt­tert», sagte die stell­ver­tre­ten­de Regie­rungs­spre­che­rin Chris­tia­ne Hoffmann. Die Gedan­ken und das Mitge­fühl seien bei den Verletz­ten und ihren Angehörigen.

Auch ein Sprecher von Bundes­in­nen­mi­nis­te­rin Nancy Faeser (SPD) drück­te den Betrof­fe­nen Mitge­fühl aus. «Vor allen Dingen gilt unsere Hoffnung, dass die Schwer­ver­letz­ten und Verletz­ten wieder genesen», sagte er. Ermitt­lun­gen und Aufklä­rung liefen unter Hochdruck, es sei aber zu früh, über Hinter­grün­de zu sprechen.

Anzie­hungs­punkt für Touristen

In Berlin weckt der Vorfall auch Erinne­run­gen an den Tod von vier Menschen im Bezirk Mitte im Jahr 2019: Ein Mann war damals mit seinem schwe­ren Wagen von der Invali­den­stra­ße abgekom­men. Der SUV überschlug sich und tötete auf dem Gehweg einen Dreijäh­ri­gen und seine Großmutter sowie zwei Männer.

Im Febru­ar 2022 war der Fahrer zu einer Bewäh­rungs­stra­fe von zwei Jahren verur­teilt worden. Er war trotz einer Epilep­sie-Erkran­kung und einer Gehirn­ope­ra­ti­on einen Monat vor dem Unfall Auto gefahren.

Die Gegend, in der sich der tödli­che Vorfall ereig­ne­te, ist wegen der vielen Geschäf­te, Cafés und Sehens­wür­dig­kei­ten oft sehr belebt. Sie ist ein Anzie­hungs­punkt für Touris­ten aus dem In- und Ausland. In der Nähe befin­den sich zum Beispiel der Zoolo­gi­sche Garten, der Bahnhof Zoo und das Kaufhaus des Westens (KaDeWe).

Von Marion van der Kraats, Gisela Gross und Andre­as Raben­stein, dpa