FRANKFURT (ODER)/WARSCHAU (dpa) — Tausen­de tote Fische treiben in der Oder. Queck­sil­ber und Schwer­me­tal­le als Ursache schließt die polni­sche Regie­rung aus. Nun wird weiter gerät­selt. Es gibt aber einen Verdacht.

Bundes­um­welt­mi­nis­te­rin Steffi Lemke hat bei der Aufklä­rung des Fisch­ster­bens in der Oder anfäng­li­che Proble­me bei der Zusam­men­ar­beit mit dem Nachbar­land Polen zugege­ben. Sie habe nun eine besse­re Koordi­nie­rung verein­bart, sagte die Grünen-Politi­ke­rin bei einem Besuch in Frank­furt (Oder) nahe der Grenze.

Die polni­sche Regie­rung schließt erhöh­te Queck­sil­ber­wer­te als Grund für den Tod Tausen­der Fische aus. Auch auf Schwer­me­tal­le sei das Fisch­ster­ben nicht zurück­zu­füh­ren. Dies hätten weite­re Analy­sen der Kadaver durch das staat­li­che Veteri­när­in­sti­tut ergeben, schrieb Umwelt­mi­nis­te­rin Anna Moskwa am Samstag­abend auf Twitter. Die Ursachen sind weiter unbekannt. Speku­liert wird, dass Chemie-Abfäl­le in den Fluss gekippt wurden. Polens Polizei setzte für Hinwei­se auf Täter 210.000 Euro Beloh­nung aus.

300 Helfer auf 80 Kilometern

Im Oder-Grenz­ge­biet began­nen Hunder­te Helfer damit, tote Tiere einzu­sam­meln. In der Klein­stadt Lebus nahe Frank­furt breite­te sich durch die Verwe­sung unange­neh­mer Geruch aus, wie ein dpa-Repor­ter feststell­te. Zu sehen war auch, wie Vögel tote Fische wegbrach­ten. Einsatz­kräf­te trugen Gummi­stie­fel und Handschu­he, um sich vor direk­tem Kontakt mit dem Wasser und den Fischen zu schüt­zen. «Ich rechne mit mehre­ren Tonnen Fisch, die wir rausho­len», sagte Thomas Rubin für die Kreis­ver­wal­tung. Auf rund 80 Kilome­tern Länge seien etwa 300 Helfer vor allem am Ufer unterwegs.

Lemke sprach mit Einsatz­kräf­ten von Feuer­wehr und Techni­schem Hilfs­werk. Sie kriti­sier­te, dass aus Polen Infor­ma­tio­nen gefehlt hätten. «Die Frage der deutsch-polni­schen Zusam­men­ar­beit hat an dieser Stelle ganz offen­sicht­lich nicht funktio­niert», sagte die Minis­te­rin. «Sonst hätten wir früher Infor­ma­tio­nen erhal­ten, zumin­dest das Land Branden­burg oder auch die Anrainerkommunen.»

Mit der polni­schen Umwelt­mi­nis­te­rin Anna Moskwa habe sie am Freitag in einem ersten Gespräch verein­bart, dass es eine gemein­sa­me Bewer­tung durch Exper­ten sowie einen Austausch der Analy­se­er­geb­nis­se geben solle. Lemke dankte Helfern und Anglern, die schnell auf die toten Fische aufmerk­sam gemacht hätten.

Nach Angaben von Branden­burgs Umwelt­mi­nis­ter Axel Vogel (Grüne) weist die Oder «sehr stark erhöh­te Salzfrach­ten» auf. Das sind im Wasser gelös­te Salze. Dem Landes­mi­nis­te­ri­um zufol­ge könnte dies in Zusam­men­hang mit dem Fisch­ster­ben stehen. «Nach jetzi­gen Erkennt­nis­sen wird es jedoch nicht ein einzi­ger Faktor sein, der das Fisch­ster­ben in der Oder verur­sacht hat.»

Chemie­ab­fäl­le im Fluss

Polens Regie­rung vermu­tet, dass eine riesi­ge Menge an chemi­schen Abfäl­len in den Fluss gekippt wurde. Nach Labor­un­ter­su­chun­gen von toten Fische schloss sie nun erhöh­te Queck­sil­ber­wer­te aus. «Das staat­li­che Veteri­när­in­sti­tut hat sieben Arten getes­tet. Es hat Queck­sil­ber als Ursache für das Fisch­ster­ben ausge­schlos­sen», schrieb Umwelt­mi­nis­te­rin Moskwa auf Twitter. Man warte nun auf die Ergeb­nis­se von Unter­su­chun­gen auf andere Schadstoffe.

Polni­sche Behör­den hatten nach Regie­rungs­an­ga­ben bereits Ende Juli Hinwei­se, dass in dem Fluss massen­wei­se veren­de­te Fische treiben. Nun stehen Regie­rung und Behör­den in der Kritik, gezögert zu haben. Am Freitag­abend entließ Regie­rungs­chef Mateusz Morawi­ecki deshalb die Leiter der Wasser­be­hör­de und der Umwelt­be­hör­de. Er selbst habe erst am Mittwoch von dem massi­ven Fisch­ster­ben erfah­ren. «Ich wurde auf jeden Fall zu spät informiert.»