LONDON (dpa) — Bisher nutzen vor allem Großkon­zer­ne wie Apple und Google Steuer­oa­sen, um ihre Gewin­ne möglichst gering zu versteu­ern. Dem schie­ben die G7 nun einen Riegel vor.

Große Digital­kon­zer­ne wie Apple oder Google sollen nach dem Willen der führen­den Indus­trie­na­tio­nen künftig weltweit mindes­tens 15 Prozent Steuern zahlen.

Nach jahre­lan­gen Verhand­lun­gen einig­ten sich die Finanz­mi­nis­ter der G7-Staaten in London auf eine globa­le Steuer­re­form. Neben der Mindest­steu­er von 15 Prozent soll auch dafür gesorgt werden, dass Großkon­zer­ne künftig dort Steuern zahlen, wo sie ihre Umsät­ze machen, wie aus einer gemein­sa­men Erklä­rung der G7 hervorgeht.

Bundes­fi­nanz­mi­nis­ter Olaf Scholz (SPD) sprach von einer «Steuer­re­vo­lu­ti­on». Der Durch­bruch gilt als wichti­ge Grund­la­ge für eine weite­re Einigung der G20-Staaten.

Scholz: «Schlech­te Nachricht für Steueroasen»

Ziel ist es, die multi­na­tio­na­len Konzer­ne stärker zur Kasse zu bitten. Bisher werden Unter­neh­men­steu­ern nur am Firmen­sitz fällig, aber nicht in den Ländern, wo die Konzer­ne aktiv sind, was bei den Digital­un­ter­neh­men oft in fast der ganzen Welt der Fall ist. Das führte dazu, dass viele Unter­neh­men ihren Firmen­sitz in Länder mit niedri­ge­ren Unter­neh­men­steu­ern verlagerten.

«Die sieben wichtigs­ten Indus­trie­na­tio­nen haben sich heute hinter das Konzept einer Mindest­be­steue­rung für Unter­neh­men gestellt», sagte Scholz. «Das ist eine sehr gute Nachricht für die Steuer­ge­rech­tig­keit und die Solida­ri­tät, und eine schlech­te Nachricht für Steuer­oa­sen in aller Welt.» Konzer­ne könnten sich nun nicht mehr ihrer Steuer­pflicht entziehen.

Nach den Plänen der G7 sollen Konzer­ne mit einer Gewinn­mar­ge von mehr als zehn Prozent künftig auch dort steuer­pflich­tig werden, wo sie ihre Umsät­ze machen. Die über diese Marge hinaus­ge­hen­den Gewin­ne sollen zu 20 Prozent in den jewei­li­gen Ländern versteu­ert werden.

Der Gastge­ber und briti­sche Finanz­mi­nis­ter Rishi Sunak bezeich­ne­te die Einigung wie Scholz als «histo­risch» und erklär­te, die Reform mache das Steuer­sys­tem «fit für das globa­le digita­le Zeital­ter». Sein franzö­si­scher Amtskol­le­ge Bruno Le Maire sprach auf Twitter von einer ambitio­nier­ten Einigung, auf die man nach vierjäh­ri­gem Einsatz für das Thema stolz sein könne. Zugleich sagte er, der Kampf werde weiter­ge­hen. «Das ist ein Anfangs­punkt und in den kommen­den Monaten werden wir uns dafür einset­zen, dass die Mindest­steu­er so hoch wie möglich ist.»

Neben Großbri­tan­ni­en, Frank­reich und Deutsch­land sind auch die USA, Itali­en, Japan und Kanada Mitglie­der der G7, wie sich die Gruppe sieben führen­der demokra­ti­scher Wirtschafts­mäch­te nennt. Möglich gewor­den ist die Einigung auf der Ebene der G7 auch auf Drängen der neuen US-Regie­rung, die zuvor sogar eine Mindest­steu­er von 21 Prozent vorge­schla­gen hatte, später dann 15 Prozent.

Irland sträubt sich

In den vergan­ge­nen Jahren hatte es bereits mehrfach — auch auf EU-Ebene — Anläu­fe für eine solche inter­na­tio­na­le Digital­steu­er gegeben, die aller­dings nie zum Durch­bruch kamen.

Im nächs­ten Schritt gilt es nun, die G20 — eine umfas­sen­de­re Gruppe führen­der Wirtschafts­na­tio­nen — ins Boot zu holen. Gelegen­heit dazu gibt es schon im kommen­den Monat bei einem Treffen in Itali­en. Auch bei der Organi­sa­ti­on für wirtschaft­li­che Zusam­men­ar­beit und Entwick­lung (OECD) wollen die Staaten für ihre Pläne werben.

Noch sträu­ben sich Länder mit niedri­ge­ren Unter­neh­men­steu­ern wie Irland gegen eine Mindest­steu­er. In dem EU-Staat werden nur 12,5 Prozent Unter­neh­men­steu­er fällig, deshalb haben mehre­re Großkon­zer­ne dort einen Firmen­sitz. Sollte die Mindest­steu­er wie geplant kommen, müsste Irland die Steuern erhöhen — oder es würden Strafen vonsei­ten der anderen Volks­wirt­schaf­ten drohen.

G7-Staaten verspre­chen sich Mehreinnahmen

Von der Besteue­rung der Inter­net­gi­gan­ten verspre­chen sich die G7-Staaten auch deutli­che Mehrein­nah­men. «Stabi­le Steuer­ein­nah­men sind wichtig, damit Staaten ihre Aufga­ben erfül­len können», sagte Scholz. «Das wird nach der Corona-Pande­mie noch dringlicher.»

Die meisten Staaten haben zur Bewäl­ti­gung der Corona-Krise Schul­den in Rekord­hö­he aufge­nom­men, um Unter­neh­men und Arbeit­neh­mer finan­zi­ell zu unterstützen.

Der finanz­po­li­ti­sche Sprecher der FDP-Frakti­on im Bundes­tag, Flori­an Toncar, begrüß­te die Einigung und forder­te eine schnel­le Umset­zung auf globa­ler Ebene. «Wichtig ist, dass dabei nun auf Störfeu­er wie eine natio­na­le oder europäi­sche Digital­steu­er verzich­tet wird», sagte Toncar der dpa. «Die Umset­zung einer globa­len Mindest­steu­er darf nicht an solchen Allein­gän­gen scheitern.»