STOCKHOLM (dpa) — Wer in Berlin das Sagen hat, ist Greta Thunberg egal — entschei­dend ist, was am Ende für das Klima heraus­kommt. Trotz Unwäg­bar­kei­ten kündigt sie an: Fridays for Future wird auch 2022 nicht nachlassen.

Klima- und Umwelt­ak­ti­vis­tin Greta Thunberg will die politi­schen Entschei­dungs­trä­ger und auch die neue Bundes­re­gie­rung in Berlin im kommen­den Jahr weiter zu deutlich mehr Klima­schutz drängen.

Der Druck müsse von allen Seiten erzeugt werden und das Bewusst­sein für die Dring­lich­keit der Klima­kri­se endlich erhöht werden, sagte die junge Schwe­din in einem Inter­view der Deutschen Presse-Agentur in Stockholm.

Nach der Weltkli­ma­kon­fe­renz in Glasgow sei es zunächst überaus ruhig um das Thema Klima­schutz gewor­den, monier­te Thunberg. «Es fühlt sich an, als ob jeder, der über das Klima berich­tet, erschöpft ist und eine Pause einge­legt hat.» Vielleicht wollten die Leute im Moment nichts über das Klima hören, vielleicht liege es aber auch daran, dass die Medien nicht darüber berich­te­ten. «Ich hoffe, dass wir bald wieder darüber sprechen werden», sagte die 18-Jährige.

Thunberg: Ganzheit­lich denken

Angesichts des Ziels der deutschen Ampel­ko­ali­ti­on, den bislang für 2038 festge­schrie­be­nen Kohle­aus­stieg vorzu­zie­hen, warnte Thunberg vor einem zu starken Fokus auf das Festschrei­ben von Zeitpunk­ten in der Zukunft. «Wir können nicht nur über Daten sprechen, an diesem Datum werden wir aus fossi­len Brenn­stof­fen ausstei­gen, an jenem Datum aus der Kohle und so weiter. Wir müssen in CO2 sprechen, wir müssen in CO2-Budgets sprechen», sagte sie. «Wenn wir so weiter­ma­chen wie jetzt, dann haben wir unser CO2-Budget schon vor den angekün­dig­ten Zeitpunk­ten aufge­braucht. Es geht darum, ganzheit­lich zu denken.»

Die neue Bundes­re­gie­rung von Kanzler Olaf Scholz (SPD) hat in ihrem Koali­ti­ons­ver­trag festge­schrie­ben, den bislang für 2038 verein­bar­ten Ausstieg aus der Kohle­ver­bren­nung «idealer­wei­se auf 2030» vorzu­zie­hen. Gelin­gen soll das durch den Ausbau erneu­er­ba­rer Energien und den Bau von neuen Gaskraft­wer­ken. Anfang 2019 hatte sich die von der damali­gen Bundes­re­gie­rung einge­setz­te Kohle­kom­mis­si­on auf einen Kompro­miss zum deutschen Kohle­aus­stieg im Jahr 2038 geeinigt. «Deutsch­land will bis 2038 Kohle verbren­nen. Das ist absolut absurd», hatte Thunberg dazu in einem dpa-Inter­view gesagt.

Hoffnung auf die neue Regierung

Dass sich die Scholz-Regie­rung stärke­ren Klima­schutz auf die Fahnen geschrie­ben hat, sorgt bei der Gymna­si­as­tin in Stock­holm nicht für sofor­ti­ge Jubel­sprün­ge. «Nun ja, wir haben auch eine neue Regie­rung in Schwe­den bekom­men. Das bedeu­tet nicht zwangs­läu­fig, dass gehan­delt wird», sagte sie unter Verweis auf den Regie­rungs­wech­sel in ihrem Land vor gut einem Monat. «Wir sind immer noch hoffnungs­voll und werden weiter Druck machen, egal was passiert, wer auch immer in der Regie­rung ist.»

Konkre­te Pläne für die Aktio­nen der von ihr initi­ier­ten Klima­be­we­gung Fridays for Future im neuen Jahr gibt es unter anderem aufgrund der Unwäg­bar­kei­ten der Corona-Pande­mie noch nicht — und das sei eine der Stärken der Bewegung, sagte Thunberg. «Wir sind sehr spontan. Wir passen uns an alles an, was auch immer passiert.» Während die Corona-Zahlen gerade wieder anstie­gen, wisse man noch nicht, ob man sich in großen Zahlen wie vor der Pande­mie versam­meln könne.

Thunberg hatte sich im August 2018 zunächst einsam vor den Reichs­tag in Stock­holm gesetzt, um die schwe­di­schen Politik zu mehr Klima­schutz aufzu­ru­fen. Unter anderem dank ihrer klaren Worte und der Verbrei­tung durch die sozia­len Netzwer­ke entstand daraus eine weltum­span­nen­de Klima­be­we­gung, die seither großen Druck auf Entschei­dungs­trä­ger ausübt. Bis zum Corona-Beginn waren immer wieder Hundert­tau­sen­de überwie­gend junge Menschen in Dutzen­den Ländern für das Klima auf die Straße gegan­gen, darun­ter beson­ders viele in Deutsch­land. Durch die Pande­mie sind solche Großpro­tes­te kaum mehr möglich gewesen.