Die Entschei­dung rückt näher: Die dritte Sondie­rungs­run­de dürfte schon die letzte sein. Die grünen Wahlsie­ger machen Tempo, SPD und Libera­le massiv Stimmung für eine Ampel. Steht die CDU am Ende mit leeren Händen da?

Stutt­gart (dpa/lsw) — Die Grünen wollen voraus­sicht­lich noch vor Ostern entschei­den, mit wem sie Koali­ti­ons­ver­hand­lun­gen aufneh­men. Das sei «ziemlich sicher», sagte Minis­ter­prä­si­dent Winfried Kretsch­mann am Samstag nach dem Sondie­rungs­ge­spräch mit SPD und FDP über ein Ampel-Bündnis. Es könne kommen­de Woche aber noch zu weite­ren Gesprä­chen kommen. Sozial­de­mo­kra­ten und Libera­le gaben sich nach dem dreistün­di­gen Treffen optimis­tisch, dass eine gemein­sa­me Koali­ti­on mit der Ökopar­tei klappt.

Am Nachmit­tag trafen sich die Grünen erneut mit der CDU, um die Chancen für eine Neuauf­la­ge ihrer bestehen­den Koali­ti­on auszu­lo­ten. Bei der Landtags­wahl vor zwei Wochen hatten die Grünen die Union klar besiegt. Das CDU-Verhand­lungs­team um Landes­chef und Innen­mi­nis­ter Thomas Strobl blieb bei seiner Strate­gie, die Gesprä­che nicht zu kommen­tie­ren. Kretsch­mann hatte CDU, SPD und FDP zwar gebeten, über den Inhalt der Treffen zu schwei­gen. Aller­dings geben Grüne, SPD und FDP zumin­dest andeu­tungs­wei­se Auskunft über ihre Sicht auf die Dinge.

Es gebe bei vielen Themen «Überein­stim­mun­gen», sagte SPD-Landes­chef Andre­as Stoch nach dem Treffen im Haus der Archi­tek­ten in Stutt­gart. Es zeich­ne sich ab, dass die drei Partei­en ihre Marken­ker­ne zu einem großen Ganzen zusam­men­brin­gen könnten. Man habe inten­siv über eine gemein­sa­me Idee einer solchen Koali­ti­on beraten, die ein «Aufbruch­si­gnal» senden müsse. «Wir haben das Gefühl, dass das Ganze auf die Zielge­ra­de mündet», sagte Stoch.

Die FDP-Spitze stieß in das gleiche Horn. Landes­chef Micha­el Theurer sagte, die Atmosphä­re in dem ersten Dreier-Gespräch sei sehr positiv gewesen. Frakti­ons­chef Hans-Ulrich Rülke, der früher oft Grüne und SPD kriti­siert hatte, sagte, es sei nun klar, dass eine solche Koali­ti­on «nicht an atmosphä­ri­schen Störun­gen noch schei­tern könnte». Beide erklär­ten, sie könnten Anfang der Woche Landes­vor­stand und Frakti­on einen Vorschlag machen, wenn die Grünen sich entschie­den. Theurer sagte: «Leicht wird es nicht, aber wir würden es wagen.» Inhalt­lich gebe es nichts, was gegen ein Bündnis sprechen würde: «Es wurden überall Brücken gefun­den», sagte Rülke.

Vor den Gesprä­chen hatte Grünen-Landes­chef Oliver Hilden­brand gesagt, er setze auf eine Entschei­dung vor Ostern: «Mein Ziel wäre, dass wir heute Abend mit gutem Gefühl sagen können: Wir haben genug gehört und im Laufe der nächs­ten Woche können wir uns entscheiden.»

Die SPD zeigte sich einver­stan­den damit, dass die Grünen schon kommen­de Woche ihre Entschei­dung treffen wollen. «Wir sind jetzt bereit», sagte Stoch. Die SPD will, dass bei allen Plänen für mehr Klima­schutz das Sozia­le nicht auf der Strecke bleibt. Rita Schwar­zelühr-Sutter, Parla­men­ta­ri­sche Staats­se­kre­tä­rin im Bundes­um­welt­mi­nis­te­ri­um, sagte, es müsse bei allen Klima­schutz­plä­nen auch sozial zugehen. «Wir legen großen Wert darauf, dass wir Arbeits­plät­ze erhalten.»

Der CDU-Sozial­flü­gel warnte die Grünen davor, die Libera­len an einer Regie­rung zu betei­li­gen. «Die FDP in Baden-Württem­berg hat sich in den letzten Jahren immer wieder als AfD light positio­niert: Gegen Flücht­lin­ge, gegen den Klima­schutz und den Lockdown», sagte Chris­ti­an Bäumler, Landes­chef der Christ­lich-Demokra­ti­schen Arbeit­neh­mer­schaft, der Deutschen Presse-Agentur in Stutt­gart. «In der Landes­re­gie­rung hätte die FDP praktisch ein Vetorecht gegen alle Corona-Maßnah­men.» Das wäre «fatal». Die Libera­len fordern seit länge­rem eine Aufhe­bung des monate­lan­gen Lockdowns und eine flächen­de­cken­de Öffnung des Handels.

Bäumler, der auch Mitglied des CDU-Landes­vor­stands ist, sagte auch mit Blick auf die an den Ampel-Gesprä­chen betei­lig­te SPD: «Für Arbeit­neh­mer und Arbeit­neh­me­rin­nen würde eine Regie­rungs­be­tei­li­gung der FDP darüber hinaus fünf Jahre Still­stand bedeuten.»

Fast genau ein halbes Jahr vor der Bundes­tags­wahl geht es nach Kretsch­manns Worten nicht nur um inhalt­li­che Fragen, sondern auch um strate­gi­sche Erwägun­gen. Nachdem die Union wegen der Masken­af­fä­re und der Kritik am Corona-Manage­ment in Umfra­gen stark verlo­ren hat, hätte nach Umfra­gen eine grün-geführ­te Ampel auch auf Bundes­ebe­ne eine Mehrheit. Theurer sagte aller­dings, eine Ampel auf Landes­ebe­ne müsse keine «Blaupau­se» für eine solche Koali­ti­on auf Bundes­ebe­ne sein.