STUTTGART (dpa/lsw) — Nicht wenige Menschen im Südwes­ten nehmen Kügel­chen, wenn es ihnen schlecht geht. Doch kaum etwas ist auch so umstrit­ten wie die Homöo­pa­thie. Nun schal­tet sich die Chefin der grünen Regie­rungs­par­tei ein.

Die Grünen-Landes­vor­sit­zen­de Lena Schwel­ling hält den Dauer­streit über die Homöo­pa­thie für völlig übertrie­ben und will den Menschen die Wahlfrei­heit erhal­ten. Sie sei wie Gesund­heits­mi­nis­ter Manne Lucha (Grüne) der Meinung, dass Natur­heil­kun­de und Homöo­pa­thie für viele Menschen im Land ein wichti­ges Thema sei. «Es gibt in diesem Land eine Arzt- und Thera­pie-Wahlfrei­heit. Und wenn die Menschen sich dafür entschei­den wollen, dann finde ich, muss man ihnen das auch zugeste­hen.» Auch die Weiter­bil­dung für Homöo­pa­thie für Ärzte solle bleiben.

Die 30-jähri­ge Schwel­ling sprach sich dagegen aus, Homöo­pa­thie aus dem Leistungs­ka­ta­log der gesetz­li­chen Kranken­kas­sen zu strei­chen, wie es etwa die FDP fordert. Sie könne nicht verste­hen, dass dabei mit den Kosten argumen­tiert werde. «Wir reden über etwa 0,003 Prozent der Gesamt­kos­ten der gesetz­li­chen Kranken­kas­sen, die in homöo­pa­thi­sche Medika­men­te und Behand­lun­gen fließen.»

Das sei doch nicht der Rede wert. «Würde man das als ein homöo­pa­thi­sches Medika­ment sehen, wäre das auch an der Nachweis­gren­ze, so wenig Geld ist das. Das ist so verdünnt und so wenig in diesem Gesamt­haus­halt, dass es nicht lohnt darüber zu strei­ten.» Schwel­ling sagte weiter: «Deswe­gen wundert mich auch sehr, was für einen Kreuz­zug manche gegen das Thema Homöo­pa­thie fahren.»

Seit kurzem schwelt im Südwes­ten ein Streit um die Weiter­bil­dung für Homöo­pa­thie. Die Vertre­ter­ver­samm­lung der Landes­ärz­te­kam­mer Baden-Württem­berg hatte im Juli entschie­den, die Zusatz­be­zeich­nung Homöo­pa­thie aus der Weiter­bil­dungs­ord­nung strei­chen zu wollen. Luchas Minis­te­ri­um hat die Rechts­auf­sicht über die Ärzte­kam­mer und muss die Änderungs­sat­zung prüfen. Der Minis­ter hat aber schon erklärt, dass er die Strei­chung für falsch hält.

Schwel­ling sagte dazu, es sei ein «norma­ler Vorgang», dass das Minis­te­ri­um prüfe, was die Ärzte­kam­mer vorge­schla­gen hat. Es sei doch völlig klar: «Die Weiter­bil­dung in Homöo­pa­thie ist eine Zusatz­aus­bil­dung und ersetzt nicht das Medizin­stu­di­um. Selbst­ver­ständ­lich verschrei­ben homöo­pa­thi­sche Ärzte auch Antibio­ti­ka, wenn es angezeigt ist.» Die Partei­che­fin ergänz­te: «Ein wichti­ger Punkt, warum die Homöo­pa­thie im Kanon bleiben sollte, ist, dass man dann die etablier­ten Kontroll­me­cha­nis­men beispiels­wei­se bei der Weiter­bil­dung hat.»

Gegner der Homöo­pa­thie argumen­tie­ren immer wieder, es gebe keinen wissen­schaft­li­chen Nachweis für die Wirksam­keit etwa von Globu­li, also homöo­pa­thi­schen Kügel­chen. So erklär­te vor kurzem die unabhän­gi­ge Patien­ten­be­ra­tung Deutsch­land, homöo­pa­thi­sche Mittel koste­ten das Gesund­heits­sys­tem Geld und könnten dazu führen, dass Menschen auf wirkungs­vol­le Behand­lun­gen verzich­ten oder Vertrau­en in die wissen­schaft­lich basier­te Medizin verlie­ren. Lucha hatte dagegen erklärt, er glaube an die Wirksam­keit der Homöopathie.