BERLIN (dpa) — Ungereimt­hei­ten im Lebens­lauf, ein Kratzer im Image nach dem anderen — für Annale­na Baerbock lief es zuletzt nicht gut. Die Delegier­ten beim Grünen-Partei­tag halten dagegen: Sie verschaf­fen ihrem Führungs­duo ein Viertel­jahr vor der Bundes­tags­wahl Rückenwind.

Der Grünen-Partei­tag hat Annale­na Baerbock mit überwäl­ti­gen­der Mehrheit als erste grüne Kanzler­kan­di­da­tin bestätigt.

Zugleich bekräf­tig­ten 678 von 688 Online-Delegier­ten am Samstag die Rolle der beiden Partei­chefs Baerbock und Robert Habeck als Wahlkampf-Spitzen­duo — das entspricht 98,55 Prozent der abgege­be­nen Stimmen. Über beide Punkte entschie­den die Delegier­ten in einer einzi­gen Abstimmung.

Zum Vergleich: Bei ihrer Wahl als Partei­vor­sit­zen­de 2019 hatte Baerbock 97,1 Prozent der Stimmen erhal­ten, Habeck 90,4 Prozent.

Die Entschei­dung, die Perso­na­li­en Kanzler­kan­di­da­tur und Spitzen­duo beim Partei­tag in der gleichen Abstim­mung abzuhan­deln, fiel schon vor Wochen. Der Partei­vor­stand reich­te seinen Antrag dazu am 19. April ein, dem Tag als er Baerbock als Kanzler­kan­di­da­tin nominier­te. «Für die Bundes­tags­wahl treten wir mit einem Spitzen­duo bestehend aus Annale­na Baerbock und Robert Habeck an und mit Annale­na Baerbock als Kanzler­kan­di­da­tin», heißt es dort. Änderungs­an­trä­ge dazu gab es nicht.

Nach Baerbocks Nominie­rung genos­sen die Grünen zunächst ein Umfra­ge­hoch. In der Sonntags­fra­ge kamen sie auf bis zu 28 Prozent und lagen teilwei­se sogar vor der Union, die zu diesem Zeitpunkt mit der Masken­af­fä­re und dem Führungs­streit zwischen CDU-Chef Armin Laschet und dem CSU-Vorsit­zen­den Markus Söder zu kämpfen hatte. Auch Baerbocks persön­li­che Werte brachen seitdem aber ein: In einer aktuel­len Umfra­ge lag sie in der Frage einer Direkt­wahl des Bundes­kanz­lers hinter CDU-Kanzler­kan­di­dat Armin Laschet und SPD-Bewer­ber Olaf Scholz. Die große Zustim­mung in der Abstim­mung am Samstag ist deshalb auch ein Signal der Geschlossenheit.

Seit dreiein­halb Wochen jedoch belas­ten eigene Fehler die Grünen. Zuerst wurde bekannt, dass Kanzler­kan­di­da­tin Annale­na Baerbock Sonder­zah­lun­gen an den Bundes­tag nachmel­de­te. Dann gab es Kritik, weil sie und ihre Partei mehrmals irrefüh­ren­de Angaben im Lebens­lauf von Baerbock korri­gie­ren mussten. Habeck wieder­um sorgte mit Forde­run­gen nach der Liefe­rung von «Defen­siv­waf­fen» an die Ukrai­ne für Verwir­rung. Auch die Landtags­wahl in Sachsen-Anhalt, wo die Grünen sich nur leicht auf 5,9 Prozent verbes­sern konnten, liefer­te keinen neuen Schwung.

In Umfra­gen stürz­ten die Grünen zuletzt ab, während die Union als Spitzen­rei­ter den Abstand vergrö­ßern konnte. Die Forschungs­grup­pe Wahlen sieht die CDU/CSU im Donners­tag veröf­fent­lich­ten ZDF-Polit­ba­ro­me­ter bei 28 Prozent und die Grünen bei 22 Prozent. Der ebenfalls am Donners­tag veröf­fent­lich­te ARD-Deutsch­land­trend platziert die Union ebenfalls bei 28 Prozent und die Grünen bei 20 Prozent.