Die Präsi­den­tin der Deutschen Gesell­schaft für Epide­mio­lo­gie, Eva Grill, dringt auf ein rasches Eindäm­men der Corona-Pande­mie. «Im Moment kann die Aussa­ge nur sein, dass die Infek­ti­ons­zah­len so schnell wie möglich gesenkt werden müssen, und das gelingt nur im Zusam­men­spiel von allen verfüg­ba­ren Maßnah­men», teilte sie der Deutschen Presse-Agentur mit. Dazu zähle Homeof­fice als «essen­zi­el­ler Bestand­teil der kontakt­ver­min­dern­den Maßnah­men». «Das ist wirklich wichtig, dass Kontak­te auf allen Ebenen vermie­den werden, und auch Arbeit­ge­ber sollten das aktiv fördern, dass Menschen nicht an die Arbeits­stel­le pendeln müssen», so Grill am Dienstag.

Wie das aktuel­le Infek­ti­ons­ge­sche­hen ist, lasse sich wegen weniger Tests und einiger geschlos­se­ner Labore über Weihnach­ten und Neujahr schwer sagen, erläu­ter­te die Präsi­den­tin der Gesell­schaft mit Sitz in Ulm, die auch Profes­so­rin für Epide­mio­lo­gie an der Ludwig-Maximi­li­ans-Univer­si­tät München ist. «Wir werden also im Lauf dieser und nächs­ter Woche erst sehen, welche Entwick­lun­gen sich über die Feier­ta­ge ergeben haben.» Daher könne man im Moment Effek­te von Homeof­fice oder fehlen­dem Homeof­fice auch nicht robust beurteilen.

Die Infek­ti­ons­zah­len seien vermut­lich im Rückgang. Das lasse sich davon ablei­ten, dass seit einigen Tagen weniger Inten­siv­bet­ten belegt seien. «Man muss aber auch beden­ken, dass die Belegungs­zah­len auch dann zurück­ge­hen würden, wenn sich über Weihnach­ten überwie­gend jünge­re Menschen angesteckt hätten», führte die Epide­mio­lo­gin aus.

«Ich fürch­te, dass eine gewis­se Anzahl von Fällen auch auf falsch negati­ve Ergeb­nis­se von Schnell­tests zurück­zu­füh­ren sind, aber die Zahlen sind noch nicht gut inter­pre­tier­bar», erklär­te Grill. Dass die sich schnel­ler ausbrei­ten­de Virus­mu­ta­ti­on in Deutsch­land angekom­men sei, mache es «noch dringen­der, die Zahlen schnell und deutlich zu senken, um die Verbrei­tung der neuen Varian­ten zu verhindern».

Mit Blick auf die bishe­ri­gen Einschrän­kun­gen im Herbst und Winter äußer­te die Wissen­schaft­le­rin Kritik: «Aus meiner Sicht waren die Maßnah­men im Novem­ber zu halbher­zig, um Erfolg haben zu können.» Zu diesem Zeitpunkt hätten die Behör­den Kontak­te nicht mehr vollstän­dig nachvoll­zie­hen können. «Man muss also auch von einer hohen Dunkel­zif­fer ausge­hen», so Grill. «Das wahre Anstei­gen der Fallzah­len Anfang Dezem­ber hat man also vielleicht gar nicht gesehen.» Mitte Dezem­ber seien auch noch viele Menschen sehr viel unter­wegs gewesen. «Also war von Effek­ten des Lockdowns sicher bis zum Schlie­ßen des Einzel­han­dels nicht so viel zu sehen», meinte die Professorin.